Gebäude 6, Wohneinheit 1 [Flt Lt Jaik Hoffman]

Als Jason zurück kehrte, waren seine Hände weich und warm. Ja gerade zu behütend. Beschämt senkte Jaik seinen Blick. Er empfand solche Situationen mit vertauschten Rollen als sehr viel angenehmer. Wenn er der Fels war an dem Jason sich festhielt und in dessen Schutz er zur Ruhe kam. Es war angenehmer gebraucht zu werden, als jemanden zu brauchen.
"Ich wahre keinen... ", wollte Jaik impulsartig erwidern. Es war in den letzten Jahren zum Reflex geworden die eigene Verletzbarkeit zu leugnen.
Er kümmerte sich nur um Probleme die gelöst werden konnten, nicht solche die eigentlich schon aus der Welt geschafft waren wie dieses.
Er war schließlich Jaik Hoffman. Ohne Grund setzte man ihn nicht an die Spitze eines Manövers, das Nerven aus Drahtseilen erforderte. Er war der letzte der sich Korrosionen erlauben konnte. Diese Selbstsicherheit hatte er sich hart gearbeitet. Es war ausgeschlossen sie zu gefährden indem das wieder ausgrub', was einst versucht hatte sie zu zerstören.
Insbesondere wollte er diese Rolle nicht vor Jason einnehmen. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass sein Partner Recht hatte. Er verbarg damit einen Teil seiner Emotionen vor ihm. So ein Mist! Zum ersten Mal verfluchte er das intelligente Glühwürmchen für seine Auffassungsgabe. Emotionen waren doch eigentlich Jasons Ding! Jaik war für die Ordnung dieser zuständig.
Er blickte auf, als Jason vom Heiraten sprach, sein Schmollen war dabei nicht zu übersehen.
Ja, natürlich wollte er ihn heiraten. Das hatte er in den letzten Tagen mehrfach erwähnt. Er wollte endlich wieder Ordnung in seine Lebensplanung bringen!
Dass zu so einem Leben auch schlechte Tage gehörten war ihm natürlich bewusst. Auch an diesen wollte er Jason beistehen. Das hieß aber leider auch, das er ihm nicht absprechen konnte dasselbe zu wollen.
Jaik kapitulierte mit einem zerknirschten Seufzen. "Also gut. Ich versuch's. " Nun hatte Jason ihn durchschaut und anlügen wollte er ihn auch nicht. Jaiks Hand griff nach Jasons an seiner Wange. Sanft streichelte er sie während er überlegte was überhaupt der Kern seiner Verstimmtheit war. Könnten sie doch einfach weiter kuscheln und frühstücken, anstatt über diesen Qustsch zu reden. Ein emotionaler Ausbruch reichte ihm definitiv für einen Morgen. Jetzt wollte er aber auch ehrlich sein.
"Meine Priorität ist das du glücklich bist. Solange du dich wegen mir nicht zu einem Leben zwingst das du nicht willst, tue ich alles im Rahmen meiner Möglichkeiten damit das hier funktioniert." Er wollte nicht der nächsten gelieb... geschätzten Person dabei zusehen wie sie wegen ihm verbitterte.
Jaik packte Jason am Handgelenk, damit er nicht wieder abhauen konnte. Konträr zu der trotzigen Härte in seinem Blick klang seine Stimme flehentlich. "Aber jetzt ist ein guter Moment, clear? Ich möchte die Zeit bevor du in die Uni musst genießen! "

Jaik setzte sofort zum Protest an, schluckte seine Erwiderung dann aber doch herunter und senkte wenig begeistert den Blick. Jason ließ ihm erst einmal Raum, vor allem weil er selbst wusste, wie Jaik sich im Moment wahrscheinlich fühlte. Bei sowas half es überhaupt nicht von außen bedrängt zu werden. Hilfe anzunehmen konnte nicht erzwungen werden, das musste von jedem selbst aus kommen. Wichtig war es im Moment vor allem, dass Jaik bewusst wurde, dass Jason immer für ihn da war, wenn er ihn brauchte und dass sie zusammen halten würden.
Ein wenig überrascht war Jason dann doch, als Jaik auf seinen Hinweis mit der Ehe plötzlich schmollend den Blick hob. Offenbar hatte das Argument gezogen, allerdings nicht gerade Freude verbreitet. Etwas verlegen lächelte Jason für einen kurzen Moment in sich hinein, dann riss er sich wieder zusammen. Jaik hatte derweil seine Hände an die von Jason gehoben und strich sanft darüber. Jasons verlegenes Lächeln wurde sanft, während Jaik versuchte klar zu stellen, wie er die Sache einschätzte. Zumindest hatte er jetzt verstanden, dass er Jason zu nichts verdammte, geschweige denn zwang. Seinen Wunsch ihn glücklich zu machen, verstand Jason nur zu gut, nichts anderes wünschte er sich für Jaik. Das bedeutete aber auch manchmal zurück zu stecken. Dass das aber vollkommen in Ordnung war, das war vielleicht genau der springende Punkt bei der ganzen Sache.
Jaik war ehrgeizig, auch in ihrer Beziehung. Jason wollte ihm dafür einen dankenden Kuss aufdrücken, doch ehe er dazu kam, griff Jaik plötzlich nach seinem Handgelenk und bat ihn regelrecht diesen letzten Moment zu nutzen, bevor Jason wieder los musste. Erst schaute Jason etwas überrascht drein, doch dann konnte er nicht anders, als einfach laut loszulachen.
"Als ob ich heute auch nur einen Fuß aus deiner Wohnung setzen würde.", lachte er und holte nun den Kuss nach, den er Jaik schon die ganze Zeit geben wollte, "Es gibt noch unzählige Uni-Tage, aber einen freien Tag ganz mit dir allein verbringen, das ist eine seltene Gelegenheit. Die lasse ich doch nicht für ein zwei blöde Vorlesungen verstreichen."

Jason lachte und Jaik spitzte erwartungsvoll die langen Ohren. Hieß dass, das nun alles wieder in Ordnung war?
Offenbar schon, denn Jason gab ihm nicht nur einen Kuss, sondern plante auch noch heute seine Vorlesungen ausfallen zu lassen, damit sie zusammen sein konnten.
Das war natürlich vollkommen unvernünftigt, und obwohl Jaik das wusste lächelte er. Sein Blick hing dabei noch immer in dem Kuss fest. Die hatten eine anstrengende Nacht hinter sich, doch anstatt zu schlafen sahen sie sich den Sonnenaufgang an und aßen dabei Eis. An dem Punkt an dem Vernunft noch eine Rolle gespielt hatte waren sie schon lange vorbei.
Trotzdem konnte Jaik Jasons Plan nicht so stehen lassen. "Ich hasse es dir zu widersprechen, aber..." Für diese Aussage hätte Jaik sich am liebsten selbst auf die Zunge gebissen. Es war eine von jenen, bei denen er erst beim Aussprechen merkte wie dämlich sie eigentlich war.
"Nein, das stimmt nicht. Ich liebe es zu widersprechen. Genauso wie ich möchte das man mir widerspricht. Solange es gut fundiert ist, lernt dabei nämlich mindestens eine Partei etwas Neues. " Und Lernen war schließlich Alles was wichtig war! Ob er nun die Geheimnisse des Universums ergründete oder das Leuchten in Jasons Augen untersuchte. Immer ging es darum den eigenen Horizont zu erweitern. Was war nochmal das eigentliche Ziel seiner Aussage gewesen? Achja!
"Worauf ich hinaus wollte; wir können davon ausgehen das wir insgesamt mehr gemeinsame, freie Tage als Unitage haben werden. Auf eine menschliche Lebensspanne gerechnet wären also die Unitage seltener.
Aber du kannst selbst am besten abschätzen, ob du dir den Ausfall erlauben kannst." Jaik war schließlich nicht wie ein gewisser Jemand, der versuchte Jason solche Dinge vorzuschreiben! "Ich habe jedenfalls überhaupt nichts gegen einen Tag mit dir einzuwenden! "
Wenn sie den allerdings nicht verschlafen wollten, sollten sie allmählich ihr Frühstück beenden. Mit einem letzten Strahlen wandte Jaik sich von Jason ab und nahm wieder vor dem Fenster Platz. Er schnappte sich den Eiskontainer und leckte nachdenklich die erste Portion seiner Lieblingssorte vom Löffel, während er den Sonnenaufgang beobachtete. Sonnenaufgang... auf so eine naive Bezeichnung konnten auch nur Terrestrier kommen. Mit einem Aufgang hatte das ganze Prozedere schließlich wenig zu tun. Viel mehr wandte sich dieser Teil des Planeten ein weiteres Mal seinem Stern zu.
Apropos Stern, Jaik hätte seinen gerne wieder bei sich.
Gerade eben hatte er ihn mit seinem mentalen Abblocken verscheucht. Nun hatte er ein schlechtes Gewissen deswegen. Unschlüssig stochterte er im Eis herum. War jetzt alles wieder gut?
Er traute sich nicht Jason einfach zu schnappen, aber vielleicht konnte er ihn anlocken!
Zuerst versuchte Jaik es mit einem Lächeln, dann präsentierte er einen gefüllten Löffel mit Eiscreme als zusätzliches Friedensangebot. "Kommst du wieder her?", fragte er hoffnungsvoll.

So ganz war Jaik dann doch nicht Jasons Meinung und rechnete ihm sogar vor, dass sie höchstwahrscheinlich viel mehr freie Tage zusammen im Leben verbringen würden als getrennt. Da Jaik jedoch zuvor sogar noch darauf hingewiesen hatte, dass er gerne widersprach, aber auch gerne widersprochen wurde, scheute Jason sich nicht eine Erwiderung bereit zu legen. Ja auf eine Lebensspanne gerechnet würden sie noch extrem viel Zeit miteinander haben, aber auf so einer Lebensspanne gab es ein paar Ereignisse nur ein einziges Mal und das hier war eines davon. Sie würden nie mehr wieder das erste Mal miteinander schlafen und nie mehr wieder gäbe es einen ersten Morgen nach dem ersten Mal, den ersten Tag ab dem sie wirklich zusammen waren.
"Es ist eine einmalige Sache, Jaik, diese Gelegenheit wird nie wieder kommen. Ich habe mich endgültig emotional an dich gebunden, kurz darauf zu verschwinden widerspräche vollkommen meinem Gefühl und wäre auch absolut nicht sinnvoll, wenn du mich fragst. Wenn wir nicht Verpflichtungen hätten würde ich sogar sagen ich bleibe die nächsten drei Tage hier, aber ich verstehe, wenn dir das zu... klammernd ist. Du sollst dich auf gar keinen Fall unangenehm fühlen, nur damit ich meinen Willen bekomme.", meinte Jason und lächelte dann etwas verlegen.
Jaik war währenddessen etwas von ihm weg ans Fenster gerutscht, sodass der vom verspiegelten Fenster zumindest teilweise durchgelassene Schein der Morgensonne ihn anleuchten konnte. Jason hatte einen kurzem Moment gezögert ihm zu folgen, immerhin konnte es ja gut sein, dass Jaik wirklich mal kurz etwas Abstand brauchte. Doch dem war nicht so. Nach einem Löffel Eis, den er sich selbst einverleibte, lockte er Jason mit dem nächsten zu sich. Natürlich hätte es dazu kein Eis gebraucht, Jason wäre irgendwann ganz von alleine zu ihm gekommen, aber mit dieser Geste war es natürlich viel schöner. Mit einem freudigen Lächeln auf den Lippen krabbelte Jason zu seinem Liebsten hinüber und kuschelte sich wieder an ihn, wobei er seinen Kopf auf Jaiks Oberschenkel bettete und sich so eng wie möglich an ihn legte.

Tiefe Krater der Irritation bildeten sich auf Jaiks Stirn. Welche Gelegenheit würde nie wieder kommen? Eis essen? Sonnenaufgänge aussehen? Körperliche Intimität? Das waren alles Dinge die Jaik sehr gerne wiederholen würde! Warum sollte jetzt ihre einzige Chance für auch nur eine dieser schönen Dinge sein?
Die Falten glätteten sich augenblicklich als Jason sich an ihn kuschelte und seinen Kopf auf seinen Schoss legte. Sofort ging Jaik dazu über mit der einem Hand seinem Partner durchs Haar zu kraulen und ihn mit der anderen eine weitere Portion Eis anzubieten.
Klammernd war definitiv nicht das Wort das Jaik bei diesem Anblick in den Kopf schoss. Süß passte viel besser. Vielleicht teilte Jason ja auch einen Teil seines genetischen Quellcodes mit den Katzenartigen.
Über seine Befürchtungen konnte Jaik nur glucksen. Er hatte doch gerade erst gesagt das er Jason am liebsten gar nicht gehen lassen würde!
„Meinetwegen können wir mir morgen auch ein paar deiner Sachen holen, damit du die nächsten Wochen hierbleiben kannst! Das ist mir nicht unangenehm. Im Gegenteil, das ist sogar ganz in meinem Sinne.”
Ganz schlüssig war das Gehörte damit allerdings immer noch nicht. Neugierig schaute er zu dem anschmiegsamen Alien herunter. „Aber was meinst du “mit endgültig emotional aneinander gebunden“?” Dann konnten sie doch auch heiraten!
Natürlich fühlte er sich Jason nun auch näher als jemals zuvor. Aber er wusste nicht was die Phrase bedeutete. Hatte die neuronale Bindung vielleicht langfristige Folgen? Nicht dass, das Jaik stören würde, aber er wollte davon wissen.

Kurz runzelte Jaik die Stirn über Jasons Worte, doch es war wohl nichts ernstes, denn bald lachte er wieder und bot Jason sogar einen weiteren Löffel Eis an, den dieser sehr gerne entgegen nahm. Jaiks Körper war schön warm und seine Haut so weich, dass Jason schon wieder versucht war sich ganz eng an Jaik zu schmiegen bis so viel wie möglich von ihnen sich berührte. Allerdings war das hier auch eine ganz passable Position und vielleicht auch etwas besser geeignet, um Eis zu essen. Jaik schien Jasons eher locker dahin gesagten Worte durchaus ernst zu nehmen und bot sogar an am morgigen Tag ein paar von Jasons Sachen zu holen, damit er die nächsten Wochen hier bleiben konnte. Etwas überrascht hoben sich Jasons Augenbrauen und er blickte perplex zu Jaik auf, ehe ein breites Lächeln begann seine Lippen zu zieren.
"Wenn es okay für dich ist. Ich habe schon die ganze Woche überlegt, wie ich es hinbekomme, dass wir uns öfter sehen.", gab Jason zu und lächelte etwas verlegen.
Einen kleinen Einwand schien es dann aber doch zu geben. Jaiks Nachfrage führte allerdings dazu, dass Jason erstmal hochrot anlief und dann beschämt den Blick senkte, um dann peinlich berührt zu lächeln.
"Ähm... ich weiß es klingt total romantisch verklärt, aber ... naja, zu sagen, dass man jemanden liebt und eine richtige Beziehung führen mit gemeinsamen Aktivitäten und auch einem gemeinsamen Liebesleben, das sind zwei paar Schuhe. Sagen kann man viel, aber es unter Beweis stellen durch ... sowas, das ist dann schon etwas deutlich ernsteres. Ich meine das ist ähnlich wie, dass jede zärtliche Berührung als ein kleines 'Ich liebe dich.' interpretiert werden kann. Taten sagen manchmal viel mehr über das tatsächliche Innenleben einer Person, als Worte.", erklärte Jason und hob dann allmählich seinen Blick wieder.

Jaik sparte es sich auf Jasons Frage zu antworten. Stattdessen gluckste er erneut und nickte. Natürlich war es in Ordnung für ihn. Er wollte das Jason hier war. Sie konnten so viel besser zusammen beobachten wenn er seinen Freund nicht jedes Mal vorher abholen musste.
Das war allerdings nicht die einzige Sache über die Jason sich zu viele Gedanken machte. Es schien fast so als würde er ihm erst seit heute wirklich glauben, das Jaik es ernst mit ihm meinte. Das hier war keine überstürzte Entscheidung. Hätte er Zweifel, hätte er sich natürlich für den anderen, wesentlich unkomplizierteren Weg entschieden. Hätte man ihn vor die Wahl gestellt, hätte er sich lieber nicht verliebt, aber dafür war es nun einmal jetzt zu spät. Er hatte erkannt das Jason sein Leben besser machte. Wie konnte er noch nicht ganz in Worte fassen, was den Pragmatiker natürlich wurmte.
Deswegen versuchte er sich an Jasons Sichtweise. „Naja... eine These wird erst zur Theorie wenn sie bewiesen wird.“ Er wusste jetzt das es Liebe war was er für Jason empfand, und er hatte ihm gezeigt das er genauso fühlte. Aber erfassen konnte Jaik dieses Gefühl nicht. Zuneigung war nichts was man messen konnte. Selbst bei einer neuronalen Verbindung war es immer noch ein persönliches Empfinden. „Von allen Komponenten in diesem Universum, sind Emotionen der Faktor der sich am schwersten berechnen lässt.“ Deswegen wagte er sich da auch noch nicht wirklich ran. Zu klein wirkten sie neben dem Jupiter und zu komplex um überhaupt einen Anstaz zu finden.
Anstatt verzweifelt nach Worten zu suchen, fuhr er lieber die weichen Konturen von Jasons Gesicht nach. „Du machst dir ziemlich viele Gedanken um solche Dinge, hm?“ Er schmunzelte und wuschelte dem Blondschopf durch das Haar. Warum liebte es nur so sehr Jasons Haare zu sortieren, dass er sie sogar mit Absicht in Unordnung brachte? Warum hatte er das Gefühl das er näher dran war die Weltformel zu finden, als das aufgeregte Pochen in seiner Brust zu ergründen?
„Ich bin froh das du jetzt Sicherheit hast. Dann war das Date zumindest erfolgreich!“

Jaik stimmte Jason in gewisser Weise zu, vor allem aber vermittelte er Jason seine Sicht auf die ganze Sache mit den Gefühlen. Tatsächlich hatte Jason die meiste Zeit seines menschlichen Lebens ohne diese Selbstreflexion verbracht und erst seit kurzem setzte er sich bewusst daran seine Gefühle wahrzunehmen und zu verstehen. Er wollte nicht mehr davongetrieben werden von ihnen, sondern sie ergründen. Dass dies jedoch selbst mit zwei Gehirnen fast unmöglich war, merkte er erst jetzt. Sie beide rätselten offenbar über ihre Gefühle, auch wenn sie wussten, dass sie einander tief zugetan waren.
Jason lachte etwas amüsiert, als Jaik ihn dann sogar darauf hinwies, dass er wohl sehr viel über sowas nachdachte. Jaiks Lächeln dabei verriet ihm, dass sein Liebster das mittlerweile nicht mehr als so kontraproduktiv ansah, sondern vielleicht doch etwas Verständnis dafür entwickelt hatte. Seine Finger, die durch Jasons Haarsträhnen fuhren, verdeutlichten nur zu gut, was Jason eben gemeint hatte. Menschen waren unfassbar intelligent, aber diese vielschichtigen Eindrücke und Gefühle in ihrem ganzen Ausmaß zu erfassen und richtig zu interpretieren, war trotz aller Intelligenz eine Kunst.
"Meine Gefühle sind nicht unwichtig in meinem Leben und vor allem meine Gefühle für dich sind extrem wichtig, genauso wie deine Gefühle für mich. Es steckt ein gewisses Risiko dahinter jemanden zu lieben, das musste ich selbst erfahren. Ich schätze genau deswegen ist es mir auch so extrem wichtig, dass wir uns nicht falsch verstehen und dass wir vollkommen offen zueinander sind, denn ohne das würde unsere Beziehung bestimmt irgendwann zerbrechen und ich glaube das wollen weder du noch ich.", antwortete Jason und ließ seine Finger langsam an Jaiks Arm hinauf streichen.
Jaiks Erleichterung und Freude über den Erfolg ihres Dates konnte Jason gut verstehen und mit einstimmen. Es ließ ihn sogar seinen bequemen Platz verlassen und aufsetzen, um dann die Arme um Jaiks Schultern zu legen und je einen Kuss auf seine Wangen zu setzen, ehe er seine Nasenspitze an die von Jaik stupste.
"Das war mehr als erfolgreich. Wobei du mir bestimmt gleich widersprechen wirst, dass das nicht möglich ist.", meinte Jason und lachte leicht, "Weniger hilfreich war dein Einsatz und mein Mangel an Vertrauen darin, dass du dein Versprechen hältst und zurück kommst. Aber ich möchte mich bei gestern nicht daran erinnern, sondern lieber an unser Date und das hier."

Liebe machte verwundbar. Das war eine der frühesten Lektionen die Jaik gelernt hatte. Jemanden zu lieben war wie ihm die entblößte Kehle zu präsentieren. Lange hatte Jaik angenommen das dieses Risiko sich einfach nicht auszahlte. Auch jetzt hatte er noch Probleme damit Jason alles von ihm zu präsentieren. Aber es waren Dinge die sowieso keine Bedeutung mehr hatten, also waren sie von ihrer Abmachung bestimmt ausgeschlossen.
Er lächelte sanft als Jason ihn küsste. Seine Fingern legten sich links und rechts um seine Taille und genossen das Gefühl seiner zarten Figur. Doch er war nicht halb so empfindlich wie die ungeschützten Fühler. Auch das war ein großer Vertrauensbeweis von Jasons Seite aus gewesen. Sicherlich konnte man ihn an diesen Organen leicht sehr weh tun. Auch er hatte sich verletzbar gemacht und das obwohl er heute Nacht schon verletzt worden war. Jaik musste wirklich besser aufpassen mit dem was er Jason versicherte. Torchs Absturz hatte bewiesen wozu tollkühnes Verhalten führen konnte. Ob er sich jemals wieder so ein kniffliges Notfall-Manöver stürzen würde?
Im Moment war das egal. Sie waren beide hier, das war wichtig. Beim nächsten Mal wusste er es besser.
Er lachte als Jason mutmaßte das Jaik nicht viel davon hielt Worte wie erfolgreich zu steigern. Tatsächlich mochte er solche, eigentlich nichtssagende Floskeln nicht. Doch da es schließlich auch mehrere Möglichkeiten gab mit Unendlichkeiten zu rechnen, konnte er darüber hinweg sehen. Das was Jason versuchte in Worte zu fassen, war nun einmal sehr schwer zu definieren.
„Das ist alles ziemlich kompliziert.” ,seufzte Jaik. “Aber ich glaube in unserem Fall lässt es sich einfach zusammen fassen: Du bist mein Co-Pilot im Leben und ich bin deiner, Roger?”
Bei so einer Beziehung war eines wesentlich; man musste sich seine Fehler eingestehen. Ansonsten riskierte man nur das die Tragweite immer größer wurde. Leider fiel Jaik das im Cockpit immer noch leichter, als vor seinem Partner.
Der Griff seiner Finger verhärtete sich etwas. „Ich möchte wirklich offen zu dir sein und es tut mir leid das ich dich abgeblockt habe. Gib mir das nächste Mal einfach drei Sekunden um mich darauf einzustellen, dann passiert das auch nicht mehr.”
Kaum hatte er den Satz beendet, packte er Jason und warf ihm mit dem Rücken zuerst auf die Matratze.
„Sooo” ,kommentierte er sein Handeln während er die Bettdecke aufschüttelte die nach dem ganzen Aktivitäten die heute hier stattgefunden hatten, ihre Form eingebüßt hatte. Mit einer gleichmäßig verteilten Daunenabdeckung breitete er sie über Jason aus. „Wir sollten jetzt lieber ein bisschen schlafen. Sonst holen wir deine Sachen morgen erst in der Abenddämmerung ab.” Das andere Thema konnten sie auch noch später vertiefen. So in sechzig Jahren vielleicht, wenn ihnen alle anderen ausgegangen waren. Er griff nach dem Eiskarton um nachzuschauen ob es sich noch lohnte den Rest wieder einzufrieren. Zu sagen das es halb geschmolzen war, war leider ein bisschen zu optimistisch. Er konnte es also guten Gewissens auf dem Nachttisch platzieren, damit sie die lauwarme Creme vielleicht nach dem Aufwachen verspeisen konnten.
„Wusstest du das die Achsenrotation des Merkurs so gering ist, das man gemütlich für immer in der Dämmerung spazieren könnte?” Mit einem neuen Themenvorschlag kroch Jaik zu Jason unter die Decke.

Mit seiner Vermutung hatte Jason wohl richtig gelegen, dass Jaik nicht viel von unsinnigen Steigerungen hielt. Sein Lachen verriet das. Wichtiger war jedoch, was Jason danach noch hinzugefügt hatte. Jaik fasste es am Ende damit zusammen, dass sie füreinander wie Co-Piloten waren, was diese ganze komplizierte Sache einfacher machte. Eben wegen seiner Komplexität hatte Jason auch so lange gezweifelt sich mit dem Thema im Bezug zu Jaik auseinander zu setzen. Es gab viele Irrwege in so einer Sache und lieber wäre er weiterhin Jaiks Freund geblieben, als alles für ein mögliches Upgrade aufs Spiel zu setzen. Das Risiko war immer noch nicht ganz gebannt, aber zumindest schon stark minimiert.
Weiter konnte Jason darüber jedoch gar nicht mehr nachdenken, denn plötzlich war Jaik über ihm und drückte ihn auf die Matratze. Jason blieb kurz der Atem weg, dann starrte er überrascht zu Jaik hoch und fragte sich, was Jaik nun vorhatte. Nichts unspektakuläres, denn er deckte Jason einfach zu, erinnerte sie dann daran, dass sie schon ziemlich lange wach waren und kuschelte sich dann zu seinem Partner. Jason war noch gar nicht so wirklich müde, auch wenn er zugeben musste, dass sein Körper sich doch etwas gerädert fühlte. Aber sie mussten nichts überstürzen, sie hatten noch so viel Zeit übrig in der Zukunft. Noch so viel Zeit, in der er bei Jaik liegen konnte wie jetzt, sich eng an ihn kuscheln, den Kopf auf seine Brust legen und seinem Herzschlag, als auch seinen amüsanten Random-Facts lauschen. Jason kicherte leise, als er Jaik vom Merkur reden hörte.
"Wenn es mit dir wäre, sehr gerne.", murmelte Jason und schlang seine Arme eng um Jaik.

Unter der Bettecke wartete bereits ein kuschelbedürftigtes Alien auf ihn. In weiser Voraussicht zog Jaik die Decke nicht allzu hoch. Er wollte keinen Hitzschlag riskieren und auf die Umklammerung des Blondschopfs wollte er erst recht nicht verzichten. Er erinnerte sich nicht daran jemals auf dem Rücken geschlafen zu haben, aber auch das nahm er in Kauf.
Gedankenverloren beobachtete er den Blondschopf und kraulte ihn den Rücken. Anstatt über die langsame Eigenrotation des Merkurs zu stauen, wollte er diese Information anscheinend in einen Plan umwandeln.
„In dieser Zone gleichen sich die extremen Temperaturen des Merkurs tatsächlich so weit aus, das dort lebensfreundliche Temperaturen zustande kommen. Man müsste nur ständig in Bewegung bleiben. Aber tatsächlich ist der Merkur nach der Erde der Planet auf dem man am längsten überleben kann.“
Verdammt, so wie sie gerade lagen konnte er Jasons Augen nicht sehen! Außerdem hätte er ihn gerne noch einmal geküsst, doch so würden sie nie zum Schlafen kommen.
„Ich könnte dort länger als eine Minute überleben. Das wäre zwar ein ziemlich kurzer Ausflug, aber zumindest möglich.“
Ein Kuss. Nur ein Kuss! Aber die Erfahrung zeigte nun einmal das es selten dabei blieb. Doch er wollte jetzt zumindest noch einmal seine Lieblingsaugen sehen. Sanft dirigierten seine Finger Jasons Kinn in die Höhe. „Leider bin ich im Gegensatz zu dir auf eine Atmosphäre angewiesen und die fehlt Merkur vollkommen.“ Eigentlich war der Merkur auch ein ziemlich öder Planet, wenn man ihn mit dem kräftigen Türkis verglich das er gerade bestaunte. Langsam näherte Jaik sich dem Licht, wie eine Motte aus der Dunkelheit. „Von der extremen Strahlung einmal abgesehen.“
Zentimeter um Zentimeter gab Jaiks Körper dem Verlangen nach, gegen das sein Geist sich wehrte. Schließlich passte kaum ein Daumen zwischen ihre Lippen. „Außerdem leuchtet die Sonne dort so hell, dass man kaum Sterne sehen könnte.“
Seine Finger in Jasons Haaren griffen zu als er die letzte Distanz überwand und Liebkosungen von Jasons Lippen einforderte. Er hatte recht gehabt mit seiner Befürchtung, doch nun war ihm die Vernunft das zu bedauern abhanden gekommen.

Jaik hieß Jason in seiner Nähe willkommen und begann bald Jasons Rücken zu kraulen, während der seine Wange an Jaiks Brust schmiegte. Während Jason seinem Herzen lauschte, führte Jaik seine Erklärungen weiter aus. Ehrlich gesagt hörte Jason nur mit halbem Ohr zu. Das änderte sich sofort, als Jaiks Finger sein Kinn plötzlich nach oben dirigierten und Jasons Augen wieder auf ihr goldenes Gegenstück trafen. Während Jaik weiter sprach, näherte er sich Jason langsam bis Jaiks Gesicht Jasons ganzes Sichtfeld einnahm.
Sofort wurde Jasons Atem wieder schwerer und sein Herz begann automatisch höher zu schlagen. Unter der Decke konnte man zum Glück nicht sehen, wie er bereits wieder etwas rot wurde. Das war die magische Anziehungskraft, die Jaik auf ihn ausübte. Sobald Jaik in seinen Wirkungskreis kam, so wie jetzt, begann Jasons Körper unmissverständliche Signale von sich zu geben. Er wollte so nahe wie möglich bei ihm sein und er wollte das zusammen bringen, was zusammen gehörte. Er gehört zu Jaik, seine Lippen gehörten zu denen von Jaik. Das war Physik.
Dieser letzte Kuss hätte ein unverfänglicher, liebevoller Kuss werden können, wäre da nicht Jaiks Hand in Jasons Nacken gewesen, die ihn zwischen den Haaren gekrallt tiefer in den Kuss zogen. Allein diese Berührung ließ Jasons Körper interpretieren, dass dies nicht irgendein lieber, kleiner Kuss war. Er fühlte sich geradezu angetrieben dem ersten noch einen Kuss folgen zu lassen und dieser war schon deutlich leidenschaftlicher als der erste. Jason kam kurz der Gedanke, dass Jaik vielleicht gar nicht intendiert hatte ihn auf diese Weise zu küssen, doch dieser Zweifel wurde vom Rest seines Gehirns und Körpers nicht gerade ernst genommen. Zum Teil war es ihm auch egal, wie Jaik es gemeint haben könnte, er wollte ihn einfach.
Jason setzte schnell einen dritten Kuss hinterher und zog sich näher an Jaik heran, was nicht zuletzt dazu führte, dass sein Körper nur noch mehr wollte. Er hörte erst auf Jaik in weitere Küsse zu verwickeln, als sein angestrengter Atem ihn dazu zwang seine Lippen kurz von Jaik zu lösen, um gierig Luft zu holen. Während er darauf wartete wieder etwas ruhiger zu atmen, war sein Blick auf Jaik gerichtet. Seine Zweifel kehrten allmählich wieder zurück und die Sicherheit wich aus seinem Blick.
"Entschuldige, du... wolltest das nicht, oder?", hakte Jason vorsichtig nach und lächelte leicht verlegen.

Jasons Körper reagierte so prompt auf Jaiks Berührung das man denken könnte, das er die ganze Zeit nur darauf gewartet hatte. Mit jedem Augenblick der verstrich, wurde das Verlangen größer. Er verwendete so viel Energie darauf sich zurück zu halten, dabei sollte er diese Kraft doch eigentlich nutzen um Jasons Körper zu verwöhnen.
Das Argument mit dem Jason sich schließlich von dem Kuss löste wirkte deswegen total an den Haaren herbei gezogen.
“Wenn ich das nicht wollen würde, hätte ich ein Problem weniger.” Verständnislos schüttelte Jaik seinen Kopf. Zeitgleich wanderte seine Hand an Jasons Oberkörper herunter. „Wenn es danach geht, könnte ich dich wahrscheinlich bis zur nächsten Morgendämmerung küssen und anfassen.”
Bevor er seine Hand überprüfen konnte in wie weit Jason auch wollte, hielt sie inne. Stattdessen richtete Jaik sich einfach auf. Es hatte ja doch keinen Zweck. Sich zu wehren, zögerte es nur hinaus.
Die Decke rutschte beiseite und Jaik baute sich wieder auf allen Vieren über Jason auf. Es waren keine leeren Phrasen sie er da von sich gegeben hatte. Es war die traurige Wahrheit. Sie würden sowieso nicht zum Schlafen kommen, da war die Zeit besser genutzt wenn er sie dafür verwendete Jasons Hals mit Küssen zu bedecken. Ein neuer Plan musste her und wenn Jaik ehrlich war, war der ihm auch lieber.
„Wollen wir austesten wie schnell wir sein können oder möchtest du noch mehr über Merkur erfahren?”

Jason rechnete mit einem verlegenen Lächeln oder einer Besänftigung von Jaiks , doch statt dessen gestand Jaik sogar ein dieser Option nicht abgeneigt zu sein. Nein, er gab sogar zu, dass er Jason am liebsten bis zum nächsten Morgen küssen und berühren wollte. Jasons Herz begann spürbar heftiger zu schlagen und ein leichtes Zittern erfasste seinen Körper. Sein Blut begann zu kochen und spätestens, als Jaik sich über ihm aufbaute, hatte es seinen Unterleib erobert.
Gierig wanderten Jasons Augen an der stattlichen Figur des Piloten hinab, der über ihm kniete. Jaiks Frage ließ den blonden Mediziner auflachen. Das war eine der rhetorischsten Fragen, die Jaik je gestellt hatte. Für wie rational denkend konnte man Jason schon halten, der unter seinem ebenso nackten Lieblingshalbalien lag? Jason zögerte nicht und hob seine Hände sofort an Jaiks Oberkörper, um langsam daran herunter zu streichen.
"Du kennst meine Antwort doch schon. Aber wie...", begann Jason zu raunen und seine Hände erreichten das Zielobjekt, um langsam darüber zu fahren, "...wäre deine Entscheidung? Immerhin liebst du es unheimlich über Astrophysik zu sprechen."
Ein geradezu freches Grinsen begann sich auf Jasons Gesicht zu zeichnen.

Der Blick mit dem Jasons Augen über Jaiks Körper huschte war unmöglich fehl zu interpretieren und zauberte ein breites Grinsen auf die Lippen des Piloten. Aha, das gefiel ihm scheinbar ziemlich. Ob es ihm noch mehr gefiel wenn Jaik seine Armmuskeln anspannte mit denen er sich neben ihm abstützte? Oder wenn er sich sich aufrichtete und ein wenig streckte, damit Jason noch mehr zum Anstarren hatte?
Dazu Zweiteres auszuprobieren kam Jaik leider nicht. Denn in dem Moment in dem er Jasons Brust erreichte, parkte der seine Hand dort wo Jaik sie am wenigsten vermutet hätte. Er japste nach Luft und ließ sie rasselnd wieder entweichen. Jasons Frage hingegen hätte beinahe dafür gesorgt das er ihm in die Brustwarze gebissen hätte. Ruckartig hob Jaik den Blick. Und dann auch noch dieses Grinsen!
„Die Frage ist unfair!” ,protestierte er und pirschte sich wieder zu Jason hoch bis sie auf Augenhöhe waren. „Das heißt ich könnte etwas über den Merkur erfahren das ich noch nicht weiß. Ein Stück das mir bei der Ergründung dieses Sternensystems noch fehlt!”, versuchte Jaik seine Verzweiflung deutlich zu machen. Aber er wollte auch... Er konnte das nicht beantworten! Jaik beugte sich herunter und zwickte Jason mit den Zähnen in seine Ohrmuschel.
„Zum Glück steht das nicht zur Debatte. Es gibt da nämlich noch etwas anderes das ich gerne erforschen würde.” Auf den Biss folgte ein Kuss. Er war schließlich kein Barbar.
Er war heilfroh er nie in die Situation kommen würde, in der er zwischen Jason und der Astrophysik wählen musste. Man verlangte schließlich auch nicht von einer kohlenstoffbasierten Lebensform sich zwischen Wasserstoff und Sauerstoff zu entscheiden.
Der nächste Kuss traff Jasons Lippen. Jaiks Hand gesellte sich währenddessen zu der seines Partners, nur das sie kurz vor dem Ziel eine andere Abbiegung nahm. „Kannst du schon wieder?” Die Vorfreude war größer als die Sorge, aber sie war nun einmal immer noch da. Er landete schließlich auch nicht, ohne sich vorher über den Status der Landebahn zu informieren.