Lillehammer, Norwegen [Gegenwart]

Rune konnte spüren wie Richards Körper auf seine Berührungen antwortete und nach mehr verlangte. Dieser wunderschöne Mann zerschmolz gerade zu Wachs in seinen Händen, bereit von ihm geformt zu werden. Auch Rune traute seinen Beinen nicht mehr. Es dauerte nicht lange und der feste Griff wurde unabdingbar um nicht auf die Knie zu sacken während er auf die Sehnsucht in Richards Augen mit Faszination antwortete.
Das Richard glaubte das er ihm Schande machen könnte vertrieb das drängende Kribbeln in seiner Brust. Wie bitte? Er hatte immer angenommen das es anders herum sehr viel wahrscheinlicher war! Wieso sollte er ihm etwas vergeben das er selbst ständig fühlte?
Rune schluckte als Richard ihm fast schon gequält gestand das er nicht genug von ihm bekommen konnte. Nicht weil es ihm unangenehm war, sondern weil er damit selbst auf eine ziemlich harte Probe gestellt wurde. Er liebte diese Worte!
„...als würdest du auf das Meer schauen und dir nichts sehnlicher wünschen als darin zu ertrinken?“ ,vervollständigte Rune Richards Satz der zweifellos auf etwas anderes abgezielt hatte und das der Cyborg vollkommen ablehnte.
Seine Finger lockerten ihren zuvor noch unbarmherzigen Griff und strichen nun sanft durch Richards Haare. Wie flüssiges Silber ergoss sich die Pracht über seine Finger. „So geht es mir in deiner Gegenwart zumindest ständig. Aber ich will mich nicht später darüber ärgern.“ Rune lächelte zärtlich. „Außerdem haben wir noch so viel Zeit uns einander hinzugeben.“
Auf einmal schnellten seine Mundwinkel aus der Reserve. Runes freche Finger machten sich selbstständig und landeten unsanft auf Richards Hintern. Aus dem simplem Grund weil er es konnte. „Keine Ahnung wie es mal geschafft habe dem hier zu widerstehen...“ Aber er musste. „Später“ ,rief Rune sich in Erinnerung, „Später.“ „...aber wir schaffen das schon.“ Ganz so zuversichtlich hörte sich seine Stimme allerdings nicht mehr an, schließlich hatte er gerade ein ziemlich delikates Körperteil unter seinen Hand und so richtig wollte er seine Hand dort noch nicht wegnehmen. Ein weiterer schriller Klagelaut entwich Runes Kehle als er seine Hand losriss und stattdessen Richards Hand ergriff. „Bringen wir es hinter uns! Hast du noch irgendwelche Fragen zu dem Stuss den mein Vater von sich gegeben hat?“ Das war schließlich der Grund weshalb sie sich überhaupt hier versteckt hatten, außerdem war es eine ausgezeichnete Ablenkung für seinen Kopf der sich bereits lebhaft ausmalte wie er mit Richard in wilder Leidenschaft über den Waldboden rollte.

Überrascht schaute Richard auf, als Rune seinen eher negativ angefangenen Satz in etwas positives umwandelte. Zusammen mit seinen Fingern, die sanft durch sein Haar strichen, wirkte es fast so, als sei es vollkommen okay für Rune, dass Richard so fühlte. Die Augen des Weißhaarigen wurden noch größer, als Rune ihm daraufhin gestand, dass es ihm ähnlich erging, er aber auch der Meinung war, dass sie damit bis später warten sollten.
Richard zuckte zusammen, als er plötzlich Runes Hand an seinem Hintern spürte. Er lief rot an, als Rune noch hinzufügte, dass er sich fragte, wie er dem da jemals widerstehen konnte, lächelte dann aber breit übers ganze Gesicht und nickte zustimmend, als Rune meinte, dass sie das schon schaffen würden. Schließlich nahm Rune seine Hand mit einem unzufriedenen Laut von Richards Hintern und nahm stattdessen seine Hand.
"Hast du noch irgendwelche Fragen zu dem Stuss den mein Vater von sich gegeben hat?“, fragte Rune sicherheitshalber und Richard musste tatsächlich kurz überlegen, ob er das wirklich hatte.
"Ähm... ich glaube nicht. Wirklich Stuss war das jetzt nicht, er hat nur einen trockenen Humor, meiner Meinung nach, aber nichts worüber ich nicht hinwegsehen oder sogar lachen könnte. Meinte er das übrigens ernst, dass er jetzt die alten Fotos auskramt, während wir uns die Stadt anschauen?", hakte Richard nach und zog ungläubig die Augenbrauen hoch.

Hatte er keinen Stuss von sich gegeben? Richards Worte ließen Rune kurz stutzen, er kategorisierte vieles von dem was sein Vater von sich gab automatisch als Stuss ein. Aber das Richard das nicht so empfand sollte ihn doch eigentlich erleichtern, oder? Immerhin freute er sich insgeheim schon ein darüber das sein Freund und seinen Vater miteinander auszukommen schienen. Anders wäre es schließlich sehr viel komplizierter und Rune mochte die Dinge unkompliziert.
Als Richard allerdings explizit nach den Fotos fragte wurde der Cyborg skeptisch. Wollte er die denn zu Gesicht bekommen? Rune hob prüfend die Augenbrauen und seufzte leidgeprüft. „Solange er etwas findet das peinlich genug ist garantiert... Keine Ahnung warum er auf einmal so unheimlich Spaß daran hat mich zu demütigen. Vor Tiril hat er das nie gemacht. Da war er auch nicht annähernd so sehr in Plauderlaune.“ Und die hatte er auch nie so ausgequetscht. Rune war sich immer noch nicht sicher wie er dieses Verhalten einordnen sollte. Eigentlich wollte er nicht das Richard sich belästigt fühlte. Aber er nahm an dass das ein ziemlich positives Zeichen war...auch wenn das voll auf seine Kosten ging war ihm noch immer lieber als das abschätzige Schweigen. Allerdings hatte Rune sich bei seiner Ex-Freundin auch nie so viele Gedanken darüber gemacht, die Zukunft war damals etwas schwammiges gewesen das in weiter Ferne lag.
„Ich sollte es vermutlich aufgeben den Kopf eines dickköpfigen Forschers zu verstehen. Wissenschaftler sind einfach eine ganz merkwürdige Art für sich. Er ist wahrscheinlich überhaupt nicht in der Lage Interesse zu zeigen ohne das es sich wie eine Analyse anfühlt.“ Rune schüttelte den Kopf, allerdings lächelte er dabei. Nichtsdestotrotz war das eben sein Vater wie er leibt und lebte.

Richard lachte leicht, als Rune bestätigte, dass Oystein wahrscheinlich wirklich ein paar sehr peinliche Kinderfotos nachher zeigen würde. Sein Lachen verstummte allerdings sofort wieder und sein Blick wurde nachdenklich, als Rune wieder seine Exfreundin mit ins Spiel brachte. Immerhin klang es dieses Mal fast positiv, dahingehend dass er Oystein wohl mit der Dame nicht so gut konnte, aber mit ihm hingegen schon eher. Trotzdem erinnerte das den Weißhaarigen daran, was sie vorher über sie gesprochen hatten und auch wenn er nicht mehr unbedingt traurig deswegen wurde, es war trotzdem ein unangenehmes Gefühl, das bei dem Thema in ihm aufstieg. Es war nicht unbedingt das leicht miese Gefühl, das man hatte, wenn man vom Ex der Freundin erfuhr, das kannte er sehr gut und dieses Gefühl verflog auch recht schnell, aber das hier war anders. Er konnte einfach nicht diesen Satz vergessen, dass sie tatsächlich noch Kontakt hatten. Immer noch etwas in Gedanken versunken hörte Richard Rune zu, wie er über seinen Vater sprach, den er einfach nicht verstand. Richard lächelte leicht und zuckte mit den Schultern.
"Da bin ich überfragt. Das Interesse meines Vaters war sehr gering und meine Mutter musste erst gar nicht fragen, der haben wir alles von uns aus erzählt. Ich glaube nicht, dass dein Vater nur wissenschaftliches Interesse an dir hat, aber vielleicht ist er einfach so sehr Wissenschaftler, dass er es kaum abschalten kann.", meinte Richard und zuckte dann wieder mit den Schultern.

Richards Vater wurde Rune mit jeder Information die er erhielt unsympathischer. Hatte der denn wirklich keine Ahnung was für einen interessanten Sohn er hatte? Bemitleidenswert. Er hatte wahrscheinlich keine Ahnung was er verpasste. Zumindest schien seine Mutter ein angenehmerer Mensch zu sein. Jemand wie einem offenen Ohr. So wie man sich eine Mutter vorstellte. Allerdings konnte Rune da wenig zu beitragen, weil es so eine Person nie in seinem Leben gegeben hatte. Er stammte aus einem reinen Männerhaushalt in dem man stets versuchte das Beste aus einer Situation zu machen. Die Verhältnisse waren nicht kühl, aber ziemlich speziell und funktionierten dennoch für alle Beteiligten.
Rune gluckste als Richard meinte das sein Vater wohl nicht nur wissenschaftliches Interesse an ihm hatte. Tatsächlich hatte er ihm dass das eine oder andere Mal schon unterschwellig zum Vorwurf gemacht. “Ich weiß und glaube das nervt ihn ziemlich. Immerhin bin ich sein „Lebenswerk“.“ Runes anhaltenden Schmunzeln war zu entnehmen das ihm das überhaupt nicht leid tat. Eigentlich hasste er es daran erinnert zu werden das er ein Prototyp und ein Forschungsobjekt war. Sein Vater war aber der Einzige der ihn so nennen durfte, weil er es jedes Mal mit einer so großen Frustration aussprach dass Rune genau wusste das er eben doch mehr für ihn war. Was das anging konnte der alte Sturkopf ihn einfach nicht hinters Licht führen.
„Ich würde gerne Jesper mitnehmen. Er hat sich ziemlich darauf gefreut dich kennen zu lernen.“ ,bat Rune mit einem Lächeln von dem er hoffte er das es entwaffnend wirkte. Sein kleiner Bruder würde die Romantik vielleicht schmälern, aber er wollte ihn nicht einfach ausschließen nachdem er so lange gewartet hatte. „Kann sein das ich dich das eine oder andere Mal vor ihm erwähnt habe.“ ,erklärte Rune mit einer ziemlich schlechten Unschuldsmiene immerhin reflektierte Jespers Verhalten nur seine Erzählungen. „Und...ähm...ich brauche meine Tarnung wieder.“ Jetzt klang er überhaupt nicht mehr locker und auch der Versuch es beiläufig einfließen zu lassen scheiterte kläglich. Stattdessen griff er sich verlegen in den Nacken und hoffte das Richard ihm einfach schnell seine Sonnenbrille wieder geben würde.

Rune lachte daraufhin und meinte, dass er wohl als das Lebenswerk seines Vaters gelten konnte. Das klang zwar ein wenig bitter, aber andererseits besser als das, was Richard bei seinem Vater oftmals als Titel bekommen hatte. Als Richard auf ihren Ausflug zu sprechen kam, bat Rune ihn Jesper mitnehmen zu dürfen. Richard lächelte etwas verlegen, als Rune meinte, dass der kleine es gar nicht hatte erwarten können heute auf ihn zu treffen. Dass Rune ihn im Vorraus darauf vorbereitete, dass Jesper wohl ein zwei Dinge erzählen würde, ließ den Weißhaarigen noch breiter lächeln.
"Natürlich kann er mit, wenn du deine Finger von meinem Hintern lassen kannst. Er ist echt süß. Wusste gar nicht, dass es noch was süßeres gibt als dich.", scherzte er und grinste dabei frech.
Sein breites Grinsen blieb sogar, als er Rune wie gewünscht seine Sonnenbrille zurück gab. Allerdings nicht einfach in die Hand drückte, sondern langsam wieder aufsetzte.

Das sie sich jetzt erst einmal mit zahmen Körperkontakt zufrieden geben mussten gefiel Rune nicht wirklich. Aber in diesem Fall mussten Prioritäten gesetzt werden. Allerdings bezweifelte er das es Richard leicht fallen würde seine Finger still zu halten. Dafür kannte er ihn inzwischen zu gut. Er wollte den Verdacht gerade belustigt zurück geben als Richard ihm mit einer miesen Andeutung aus dem Konzept warf. Wie bitte? Das Thema schon wieder? Runes Augenbrauen verdunkelten seinen Blick, er presste seine Lippen zu einem geraden Strich zusammen und versuchte mit knallroten Wangen unter Beweis zu stellen wie weit er vom süß sein entfernt war. „Es gibt einen Haufen Dinge die süßer sind als ich!“ ,nuschelte Rune gekränkt nachdem sein protestierender Blick hinter der Sonnenbrille verschwunden war.
Das verlangte nach Rache! Einen kurzen Moment schmollte Rune Richard noch an, dann schnellte er aus der Distanz wie eine Raubkatze hervor und platzierte einen einzelnen, sehr genüsslichen Kuss an Richards Hals. Er wusste ganz genau wie sehr seinem Liebsten das gefiel, deswegen wollte er sich sofort wieder mit einem hinterhältigen Grinsen zurück ziehen. Doch der Ausführung wurde fast ein Strich durch die Rechnung gemacht. Plötzlich drohte er selbst zum Gefangenen zu werden und musste sich seine Selbstbeherrschung hart wieder erkämpfen. Richard roch einfach viel zu gut, sein frischer Duft lud zum Verweilen und Kosten ein. Er wollte seine Spuren auf dieser weichen Haut hinterlassen.
Mit einem leisen, norwegischen Fluch begab er sich wieder auf eine sichere Distanz in der dieser geliebte, verführerische Duft ihm nichts anhaben konnte. Allerdings verweilte sein durch Sonnenbrille unkenntlich gemachter Blick noch lange auf Richard, seine Zähne fochten mit seiner Unterlippe den Kampf aus der in ihm tobte. Er wollte noch einmal Richards Lippen küssen, Aber es würde nicht bei diesem einem Kuss bleiben, das wusste er ganz genau.
Er verließ sich darauf das es Richard genauso ging. „Ich nehme an jetzt hältst du mich nicht mehr für süß!“ ,stellte Rune trotzig fest. Er war immerhin Kuschelkaninchen verdammt!

„Es gibt einen Haufen Dinge die süßer sind als ich!“, nuschelte Rune und wurde rot.
Richard musste lachen, als er das hörte und wollte Rune als Trost schon einen Kuss auf die Wange setzen, da schnellte sein Freund plötzlich nach vorne und drückte einen Kuss auf Richards Hals. Überrascht riss er die Augen auf und gab dann ein genüssliches Brummen von sich, als er diese zärtliche Berührung spürte. Tatsächlich musste er sich dieses Mal nicht so sehr zurückhalten, wie beim letzten Mal, dafür schien Rune jetzt zu kämpfen. Er war sichtlich hin und her gerissen, konnte dann jedoch trotzdem Abstand gewinnen. Richard lachte leicht, als Rune daraufhin meinte, dass er ihn nun sicher nicht mehr für ganz so süß halten würde. Dem Lachen folgte ein schelmisches Grinsen und dieses Mal war es Richard, der sich auf die Unterlippe biss.
"Hm, ich weiß nicht ganz.", gab er zu, stieß sich von der Wand ab und blieb dicht vor Rune stehen.
Er ließ seine Finger ganz zärtlich über Runes Wange streichen, so sanft, dass es kaum eine Berührung war. Dann ließ er seine Finger wieder sinken, packte Rune am Kragen und zog ihn kurz zu sich, um ihm ins Ohr zu flüstern:
"Wie wäre es, wenn du mir das später beweist?"
Damit ließ er seinen Kragen wieder los und trat einen Schritt zurück.
"Wollen wir?", fragte Richard und nickte dann lächelnd Richtung Straße.

Nein! Rune wollte Richard später überhaupt nichts beweisen. Er wollte es ihm jetzt beweisen! Als würde es nicht ausreichen das Richard auf seinem Standpunkt verharren streichelte er ihn daraufhin auch noch so sanft als würde er befürchteten das Rune unter seinen Fingern zerbrechen könnte. Der Cyborg wollte diese Herausforderung annehmen. Er wollte jeden Zentimeter dieses muskulösen Körpers spüren lassen wie weit er von dem Begriff „süß“ entfernt war. Er wollte Richard ebenso anpacken wie er es gerade tat. Es reichte ihm nicht nur Richards warmen Atem an seinem Ohr zu spüren, sondern auch seine Lippen, seine Zähne. Er wollte nicht das Richard flüsterte sondern das ihm keine andere Wahl blieb als sein volles Stimmvolumen zu nutzen. Runes dachte daran wie diese starke Hand die ihm gerade im festen Griff hielt über seinen Körper gewandert war. Mit Berührungen die Lobgesängen glichen.
„Ich...“ Gebannt starrte Rune Richard an als dieser zum Aufbruch aufforderte. Er hatte jetzt allerdings ein ganz anderes Problem. Eines das noch sehr viel verräterischer war als seine roten Wangen. „...brauch nen Moment.“ Dann richtete er seinen Blick unter schwerem Atem auf den Boden. Den vollkommen unerotischen Waldboden der ihm half wieder Herr über seine Gedanken zu werden.
„Du kannst dich auf was gefasst machen.“ ,brummte Rune als mit der Kontrolle über seinen Körper und seine Atmung auch sein Selbstbewusstsein zurück gekehrt war. „Beschwer' dich nachher bloß nicht wenn du auf dem Rückflug nicht sitzen kannst!“ Schnell packte er Richards Handgelenk bevor er ihm wieder vollkommen aus dem Hinterhalt verführen konnte. Ansonsten wäre seine Selbstbeherrschung nämlich bald endgültig passe.
Schnurstracks marschierte er auf das Auto zu, riss die Tür auf und zog einen dunkelgrünen Rollkragenpullover aus seinem Handgepäck. Schnell zog er sich das viel zu warme Kleidungsstück über den Kopf, bereute es kurz seine Sonnenbrille vorher nicht abgenommen zu haben als das Gestell unsanft in seine Nase drückte und ließ ein paar dünne Baumwoll-Handschuhe folgen. Das hier war nicht Cadysa, wenn er seine Ruhe haben wollte musste er sich tarnen. Auch wenn die diffuse Zusammenstellung aus Kleidungsstücken nicht gerade nicht gerade unauffällig war, erregte es immer noch weniger Aufsehen als ein Stahlarm. Lillehammer kannte ihn nur in dieser Aufmachung.
Direkt im Anschluss kniete Rune sich vor Jesper und schlug ihm mit sanften Griffen seine Kapuze über den Kopf. Der Kleine nutzte sofort die Gelegenheit um seiner Neugierde nachzugeben. „Was habt ihr gerade gemacht?“ Bevor Rune sich etwas zusammen reimen konnte, ergriff Øystein das Wort. Der Mistkerl hatte anscheinend nur darauf gewartet. „Sich geküsst, das habe ich dir doch gesagt. Das machen Liebespaare. Deswegen ist Rune auch so rot.“ Er gab sich keinerlei Mühe sein hämisches Grinsen zu verstecken während Rune ihn entgeistert anstarrte. Das blanke Entsetzen in seinen Augen war nicht vielleicht nicht zu sehen, dafür aber das Zucken seiner linken Augenbraue und seine leicht geöffneten Lippen.
„Viel Spass!“ Schadenfroh winkte Øystein und verließ die Situation in dem Wissen für genügend Peinlichkeiten gesorgt zu haben. Gefolgt von dem Dunst seiner Zigarette verschwand er ins Haus.
„Wirklich?“ ,fragte Jesper neugierig nach. Herregud, der Junge war so unschuldig und Rune konnte diese großen Augen einfach nicht anlügen. Es ging einfach nicht! Ehe er sich versah war er schon dabei langsam zu nicken und hoffte das Jesper die Frage nach dem „Warum?“ die deutlich in seinen Augen zu sehen war nicht aussprach. Er musste ihn schnell auf andere Gedanken bringen. „Hilfst du mir Richard die Stadt zu zeigen?“ Der kleine Cyborg nickte freudestrahlend, lächelte schüchtern in Richards Richtung und düste dann zur Straße. Rune hingegen schlich zusammen gesunken auf seinen Partner zu, die Hände tief in seinen Hosentaschen vergraben. „Sorry, sorry, sorry.“ ,nuschelte er. Vorsichtig schlich seine linke Hand aus ihrer Deckung hervor und strich zaghaft über Richards Handrücken. Plötzlich fragte sich Rune nicht mehr weshalb er noch nie ein besonders sozialer Mensch gewesen war, schließlich war er von einem zwischenmenschlichen Vollpfosten groß gezogen worden der seine Euphorie über seine neue Beziehung auf eine ganz seltsame Art zeigte.

Richards Augen wurden erst groß, dann biss er sich schmerzhaft auf die Unterlippe und begann innerlich zu fluchen. Verdammt verdammt verdammt, wie gerne wäre er jetzt vor Rune auf die Knie gesunken und hätte den kurzem Moment, um den er gerade gebeten hatte, dazu genutzt, um das Problem selbst aus der Welt zu schaffen. Er musste sich so unfassbar zusammenreißen, um jetzt nicht doch noch schwach zu werden. Runes geknurrte Drohung machte das nicht gerade besser! Schließlich wandte Richard sich um und legte schwer atmend seine Stirn an das Holz der Hütte.
"Manchmal frage ich mich, ob das normal ist, dass ich ständig Sex will, aber offenbar bin ich da nicht der einzige.", murmelte Richard gegen das Holz und seufzte dann hörbar.
Rune schien sich ziemlich schnell wieder gefangen zu haben und zog Richard dann am Handgelenk mit sich zum Wagen, wo er sich erst mal in Schale warf. Richard dachte erst überhaupt nicht nach und wollte schon fragen, ob er auch noch etwas anziehen sollte, aber dann kam ihm der Gedanke, dass sie hier ja in der normalen Welt waren und nicht in Cadysa. Während Rune sich fertig machte, zog Richard seine zusammengefaltete, schwarze Strickmütze aus seiner Manteltasche und setzte sie sich auf. Wenigstens ein bisschen solidarisch konnte er sich durchaus zeigen. Richards Blick huschte sofort zu Oystein und dann zu Jesper, als die beiden enthüllten, was sie da hinter dem Schuppen gemacht hatten.
Na super, dachte sich Richard und sah den Wissenschaftler ungläubig an, erzähl dem Jungen doch gleich, wie die Babys gemacht werden. Aber das behielt Richard lieber für sich, Rune glühte nämlich schon wieder wie ein Ampelmännchen. Trotzdem war es irgendwie süß, wie Rune schüchtern nickte, als sein Bruder ihn fragte, ob sie sich wirklich geküsst hatten. Hatte er etwa noch nie... Jetzt fiel Richard ein, dass sie ja wirklich nur mit einem Elternteil aufgewachsen waren und deshalb so offene Zuneigung wahrscheinlich nicht gewohnt waren, wenn sie es überhaupt kannten.
Als Rune mit peinlich berührtem Blick und mit einer genuschelten Entschuldigung auf Richard zu kam, konnte der ein Lachen nicht mehr unterdrücken. Eigentlich hasste er es in der Öffentlichkeit andere bei sowas zu sehen und er selbst war auch kein Freund davon es zu zeigen, aber irgendwie fand er, dass dieses schüchterne Getue wirklich nicht nötig war.
"Hey, Jesper!", rief Richard zu dem Kleinen hinüber und richtete damit seine Aufmerksamkeit wieder auf sie beide, "Du meintest das hier oder?"
Richard grinste selbstbewusst, legte dann seine rechte Hand an Runes Kinn und drückte ihm einen kurzen, aber liebevollen Kuss auf die Lippen, bevor er sich immer noch grinsend von ihm löste, ihn dann bei der Hand nahm und mit sich Richtung Jesper zog.
"Rune tut manchmal so, als müsste man sich dafür schämen, aber wenn man jemanden wirklich mag, dann ist das vollkommen okay.", klärte der Weißhaarige den Kleinen auf und schenkte ihm ein freundliches Lächeln, "Ich meine du umarmst deinen Bruder und Papa ja auch, oder? Da ist es ganz egal, wo man ist und wer da noch ist, nicht wahr?"

Richard zog nicht nur Jespers neugierigen Blick auf sich sondern auch Runes. Was hatte er denn jetzt vor? Moment worauf spielte er gerade an? Wollte er etwa...? Noch bevor Rune diese Frage zu Ende denken konnten flammten seine Wangen scharlachrot auf. Er kannte diesen Ausdruck in Richards Augen und diese sanfte Geste mit der er seinen Blick lenkte. Es war doch offensichtlich das sie sich ihre Distanz gerade hart erkämpft hatten. Das schien Richard allerdings nicht mehr zu interessieren. Alleine die Überraschung reichte schon aus um Rune die Sprache zu verschlagen. Auf sanfte Art versiegelte Richard seine Lippen. Dieser Kuss hatte vielleicht nicht das gleiche Feuer wie seine Vorgänger, aber dafür war er voller Unschuld und Zärtlichkeit. Rune hatte gerade genug Zeit um seine vor Schreck geweiteten Augen schließen da war es auch schon wieder vorbei. Allerdings hatte der Kuss ein versonnenes Lächeln auf seine Lippen gezaubert.
Er spürte einen Ruck an seiner Hand und als er diesem folgte erinnerte Richard ihn wieder daran was er jetzt eigentlich fühlen sollte. Scham! Weil er gerade vor seinem kleinen Bruder geküsst worden war und jetzt wie eine sittsame Jungfer glühte! Schnell huschte sein Blick zu Jesper, aber die einzige Reaktion die er erkennen konnte war das er angestrengt über Richards Worte nachdachte. „Ja, aber...ich küsse Rune nicht.“ war schließlich das Ergebnis zu dem er kam. Ein perfekter Zeitpunkt für Rune zu beweisen das er auch etwas anderes als Erröten konnte. „Das macht man auch nur wenn man seine andere Hälfte gefunden hat und versucht wieder eins mit ihr zu werden.“ An Jespers verwirrten Gesichtsausdruck konnte Rune erkennen das seine Worte sich vielleicht nett anhörten aber für den Zehnjährigen nicht greifbar waren. Er brauchte Fakten um zu verstehen. Deswegen verschwieg er selten etwas vor seinem kleinem Bruder. Halbe Wahrheiten verwirrten ihn nur und Verwirrung hatte Jespers schon genug im Leben. Doch ausgerechnet bei diesem speziellen Thema war das verflucht kompliziert. Wie sollte er in einfache Worte fassen was Philosophen seit Jahrtausenden versuchten zu erklären?
Jesper fand aber von ganz alleine einen für ihn passenden Vergleich, nachdenklich waren seine Augen auf Richards und Runes Hände gesunken. „So wie Theas Eltern?“ Rune hätte nie gedacht mal mit dem liebevollen, leicht schrulligen Ehepaar verglichen zu werden das ein paar Straßen weiter wohnte und aus irgendeinem Grund in der Lage sich an jedem Geburtstag in der Nachbarschaft zu erinnern um dann mit Kuchen aufzukreuzen. Es fühlte sich seltsam an, doch solange es Jesper beim Verstehen half... Rune drückte fest Richards Hand. Es war schön zu hören das für den Jungen die Geschlechter überhaupt keine Rolle spielten. Es war für ihn einfach selbstverständlich das sein Bruder einen Mann liebte.
„Kann man so sagen...“ ,nuschelte Rune verlegen. Die Lippen des kleinen Cyborgs formten ein perfektes „O“ als er verstand. Schnell wandte er sich an Richard. Er lächelte breit vor Aufregung. „Und wenn ihr heiratet, was bist du dann für mich?“ Im Schutz seiner Sonnenbrille riss Rune seine Augen auf und suchte nach Richards Blick um seine Reaktion einzuschätzen. Er wunderte sich weshalb er sich von einem Wort so einen Schrecken einjagen ließ, denn erstens war es für Jesper aufgrund seiner Beobachtungen eben logisch dass das der nächste Schritt war der folgen würde und zweitens war die Ehe sowieso nur ein Konstrukt der Menschen das eigentlich nur auf dem Papier existierte. Er brauchte keinen Trauschein um zu wissen das immer bei Richard bleiben wollte, da machte es für ihn auch keinen Unterschied das sie sich erst seit zwei Monaten kannten. Schnell verscheuchte Rune diese Gedanken indem er die Augen zusammen kniff.
Erst jetzt viel ihm auf wie ungewöhnlich es war das er die Bezeichnung nicht kannte. Sein Vater hatte anscheinend nie die Notwendigkeit gesehen seinen Wortschatz um Familienbezeichnungen zu erweitern, immerhin waren sie immer ein kleiner, geschlossener Kreis gewesen.

Richard lachte erleichtert, als Jesper nur einen kurzen Einwand gab. Die Strategie von ihnen beiden es erst einmal ihren Familien zu sagen, bevor sie an die Öffentlichkeit gingen, war äußer klug. Jesper würde der erste Meilenstein auf diesem Weg sein und am Ende wäre es die ganze Welt. Richard wollte dem kleinen Kerl schon erklären, warum man sich in einer Beziehung wie der ihren eben küsste, da sprang Rune ein und erklärte es auf eine Weise, besser hätte es Richard selbst nicht gekonnt. Sofort wurde sein leichtes Lächeln breiter und zufrieden beobachtete er das kurze Gespräch zwischen den beiden.
Als Jesper dann allerdings auf das Thema Heiraten kam, glotzten beide ziemlich verdattert drein, ohne vom verdutzten Blick des anderen zu wissen.
"Ähm...", begann Richard nachdenklich und begann hochrot anzulaufen, "Also soweit ich weiß, wärst du dann mein Schwager, aber ich weiß gerade nicht, wie man das... anders herum nennt."
Hilfesuchend schaute Richard zu Rune, doch der war hinter seiner Sonnenbrille in Sicherheit und musste sich nicht die Blöße geben, wie Richard in diesem Moment.
"Also... wenn Rune das auch nicht weiß und nichts dagegen hat, würde ich sagen wir wären dann auch... sowas wie Brüder?", fragte Richard halb zu den beiden halb zu sich selbst und blickte äußerst konzentriert zur Seite, während er vergeblich versuchte einen passenden Begriff für so eine familiäre Beziehung zu finden.

Zum Glück war er nicht der einzige den Jespers Worte verlegen machte. Seinem Seitenblick konnte er entnehmen das Richard ihm auch in dieser Sache in nichts nachstand. Umso überraschter war Rune als die Antwort wie selbstverständlich folgte. Der Cyborg drückte mit dem Zeigefinger auf das Brückenstück seines Brillengestells, als hätte er Angst davor das sie herunter rutschen könnte und seine Überforderung Preis geben würde. Er hatte sich doch selbst kaum mit dem Thema auseinander gesetzt, wie sollte er es dann einem Kind erklären?
Allerdings wusste Rune das die Bezeichnung Schwager sich eigentlich auf beide Beteiligten bezog, aber er schwieg. Denn als Jespers Lächeln zu einem strahlenden Grinsen wurde wusste er welchen Begriff der Kleine favorisierte und dabei würde er garantiert keinen Einspruch einlegen. Außerdem rührte ihm Richards Angebot, selbst wenn es hier nur um eine hypothetische Zukunft ging...und ihm der Sinn hinter dem Konzept sich immer noch nicht erschloss.
„Das gefällt mir!“ ,japste Jesper aufgeregt. In diesem Moment vergaß Rune seine Verlegenheit und lächelte einfach nur dankbar in Richards Richtung. Sein Vater hatte mit seiner Ankündigung ganz Recht gehabt, er wurde tatsächlich ziemlich sentimental während er beobachtete wie seine beiden Lieblingspersonen sich annäherten. Um das zu überspielen gluckste er amüsiert. „Und ich bin dann abgeschrieben?“ Auf diese scherzhaft gemeinte Anmerkung kassierte er einen entsetzten Blick von Jesper. „Man kann mehrere Brüder haben, das hat Thea auch!“ ,protestierte der Kleine. „Außerdem sind mir die Leute die dir wichtig sind mir auch wichtig. Ich mag alle die dich glücklich machen.“ ,sprach er mit der klaren Weisheit eines Kindes und fasste das Verständnis von Familie im Hause Fjell perfekt zusammen.
Rune musste lediglich eine einzige Korrektur hinzufügen. „Richard macht mich glücklich. Ich brauche kein Papier oder ein Stück Metall das mich daran erinnert.“ ,schmunzelte er, griff sich verlegen mit seiner freien Hand in den Nacken und wandte den Kopf zur Seite um schüchtern in Richards Richtung zu lächeln.
„Ja, aber es stört doch nicht. Ihr könntet es trotzdem tun!“ ,harkte Jesper eifrig nach. So seltsam das Gespräch gerade auch war, Rune musste sich mit einem Lachen geschlagen geben. Wer hätte gedacht das sein Bruder ausgerechnet bei dem Thema auftaute und sogar den Elan zeigte den er viel zu oft aus Unsicherheit zurück hielt?

Es war wirklich nicht schwer auszumachen, was der Kleine wohl am liebsten haben wollte. Rune lachte und fragte, ob er dann nicht mehr sein Bruder war und Jesper protestierte sogleich, um ihm klar zu machen, dass man doch mehrere Brüder haben konnte. Richard schwankte derweil zwischen einem freundlichen Lächeln und verlegenen Lächeln hin und her. Er war etwas überrascht über die fast schon weisen Worte des Jungen und fragte sich, ob er überhaupt wusste, wovon er da sprach. Rune nahm das einfach so hin, als wäre das für einen circa Zehnjährigen normal sowas zu sagen. Allerdings vergaß Richard seine Zweifel sofort wieder, als Rune plötzlich meinte, dass er kein Papier oder Stück Metall brauchte, um zu wissen, dass Richard ihn glücklich machte. Fast schon schüchtern senkte Richard den Blick und hoffte, dass das nicht bedeutete, dass Rune sowas wie eine Heirat niemals in Betracht zog und wenn doch... verdammt, er durfte darüber überhaupt nicht nachdenken, immerhin waren sie gerademal zwei Monate zusammen und an sowas dachte man erst nach vielleicht drei Jahren oder so.
"Naja, normalerweise heiratet man, wenn man sich sicher ist. Eigentlich ist das nicht wie die Versicherung zu wissen, wer einen glücklich macht, sondern eher eine Art Treueschwur, immer zusammen zu halten und diese Beziehung nie aufzugeben. Naja und auch, dass man ein gemeinsames Leben führen möchte, in dem man alles teilt, gutes wie schlechtes.", erklärte Richard halblaut und eher an Jesper, als an Rune gewandt, "Also eigentlich ist das nicht nur eine Erinnerung daran, wer einen glücklich macht. Das ist was für das Gelübde, aber im Grunde nicht die Bedeutung davon."

„Ja genau. Das klingt doch schön, oder Rune?“ Hörte er Jespers euphorische Stimme der eilig dem Gehörten beipflichtete während Rune seinen Blick immer noch an Richard geheftet hielt. Sein Bruder war scheinbar von dieser fixen Idee ihn möglichst bald vor dem Traualtar zu sehen plötzlich vollkommen besessen, aber Richards Reaktion faszinierte ihn viel mehr. Er war auf einmal so schüchtern als würde er das Thema tatsächlich nachdenken. Grüblerisch befeuchtete Rune seine trockenen Lippen mit seiner Zunge während er die Worte wirken ließ und sich eine sarkastische Antwort überlegte die die Peinlichkeit vertreiben würde. Schließlich blieb seine Zunge zwischen seinen Zähnen stecken. War es absurd das er genau dieses Versprechen am liebsten hier und jetzt geben würde? Im Grunde waren das alles Sachen die er ohnehin mit Richard vorhatte. Wozu brauchte er da eine offizielle Zeremonie? So mächtige Worte auszusprechen war allerdings nicht leicht...und in dieser Situation viel zu absurd.
Ganz langsam nickte Rune. Ja eine Ehe war vom Ding her überflüssig, das änderte aber nichts daran dass das was Richard beschrieb verdammt schön klang! Doch wenn er jetzt nicht aufpasste würde Jesper sich noch mehr auf dem Thema festbeißen. „Das schaffen wir aber heute  nicht mehr und morgen fliegen wir schon zurück.“ Rune versuchte seine Verlegenheit mit einem lässigen Schulterzucken und einem frechen Grinsen zu verstecken. Jemand der Farbenblind war und deswegen nicht die flammende Röte auf seinen Wangen gesehen konnte hätte ihm diese Show sogar vermutlich abgekauft.
„Ich meine doch nicht jetzt, sondern irgendwann!“ ,empörte Jesper sich und riss dabei die Augenbrauen in der gleichen Art hoch wie Rune es tat wenn er sich über Abfälle im Park aufregte. Er lief nun rückwärts auf der geteerten Straße weil ihm das Tempo der Erwachsenen viel zu langsam war.
„Du verdirbst dir die Überraschung.“ ,versuchte Rune ihn zu beschwichtigen. Das führte allerdings nur dazu das der Kleine die Unterlippe vorschob. Noch ein Ausdruck den er sich von seinem Bruder abgeguckt hatte.
„Hattest du nicht noch mehr Fragen?“ ,versuchte Rune ihn abzulenken und gleichzeitig entgegen zu kommen. Sofort fing Jesper an nachzudenken. Es war eine seltsame Vorstellung das er gerade tatsächlich eine Datenbank in seinem Kopf durchsuchte die ihm beim Erinnern half. Mit einem Mal hob er den Blick wieder. „Ja!“ Dieses Mal war er allerdings nicht so aufgeregt. „Ist Wohltätigkeit gefährlich?“ Rune zuckte erschrocken zusammen. Er blickte in die dunkelblauen Augen eines Zehnjährigen und wusste das er Fakten brauchte. Eine wage, geschönte Antwort würde er nicht verstehen und das würde seine Sorge nur verstärken. Mit solchen Fragen haderte Rune seitdem Jesper zum ersten Mal wissen wollte ob es möglich war nach einem künstlichen Koma nicht mehr aufzuwachen. Deswegen ließ er die gefährlichen Details darüber was er in Cadysa machte immer aus. Aber offenbar hatte er die Auffassungsgabe seines Bruders unterschätzt und er war ganz von alleine darauf gekommen. „Nicht gefährlicher als mein Beruf. Manchmal muss man etwas riskieren um das Richtige zu tun, sonst wären viel mehr Menschen in Gefahr. Aber wir passen gut auf. Das machst du doch auch wenn du über die Straße gehst.“ ,versicherte Rune und bemühte sich um einen ruhigen Tonfall, doch der verstärkte Druck mit dem er Richards Hand festhielt verriet das er gerade alles andere als entspannt war. Diese Art von Gespräch war selbst mit einem normalen Kind kompliziert und leider war Jesper alles andere als normal. Er war in der Lage Wahrscheinlichkeiten auszurechnen und Rune musste versuchen ihm möglichst wenig Daten dafür zu liefern ohne ihn zu verwirren. „Das ist gut!“ ,betonte Jesper, wirkte dabei aber nur halb zufrieden gestellt obwohl er das Gesagte nachvollziehen konnte. Ebenso erging es seinem großen Bruder der sich Vorwürfe machte weil er ihm im guten Willen möglicherweise zu viel anvertraut hatte.