Gebäude 6, Wohneinheit 1 [Flt Lt Jaik Hoffman]

Bisher hatte Jaik sich meistens ziemlich nutzlos gefühlt, wenn er versucht hatte Jason aufzubauen. Küsse funktionierten ganz gut, das hatte er inzwischen heraus gefunden und auch sein Teleskop hatte schon ein paar Mal sein Lächeln zurück gebracht. Manchmal tat es auch einfach eine Umarmung. Aber ansonsten war sein Repertoire eher klein. Jetzt schob Adarion ihm zu, das er ihm diese mysteriöse Stärke vermittelt hatte. Verwundert runzelte Jaik seine Stirn. Er hatte es lieber wenn sein Partner ehrlich zu ihm war, als wenn er versuchte ihn mit kleinen Lügen zu beruhigen.
Doch tatsächlich schien er es ernst zu meinen. Detailliert schilderte er Jaik seine Ängste und seinen Konflikt mit sich selbst. Jasons Leben war voller Zerrissenheit gewesen. Ein übermächtiges, außerirdische Wesen das sich verzweifelt versuchte an ein menschliches Leben anzupassen. Ein Leben das anscheinend erst einen Sinn erhalten hatte, als er einem verkümmerten Artenhybriden begegnet war. Das ging so weit das er sein Leben für diese genetische Sackgasse gegeben hatte.
Jaik war beinahe erleichtert als er ein paar Tränen in Adarions Augen entdeckte. So stand er zumindest nicht alleine mit seinen feuchten Augen da und konnte etwas tun während er Adarions Schilderungen lauschte. Doch bevor Jaik sie wegwischen konnte, hatte der einst so emotionale Blondschopf sie schon selbst zurück gekämpft und Jaik in eine enge Umarmung gezogen. Die kam ihm ganz gelegen, denn just in diesem Moment hatte sich eine Träne aus seinen Augenwinkeln gelöst, die er nun stur an Adarions Haaren abwischte. Er wollte für Jaik die Stütze sein, die der Pilot für ihn immer gewesen war. Angeblich. Hatte er überhaupt eine Ahnung was hier die letzten Monate los gewesen war? Meinte er wirklich das es Jaik noch interessiert hatte das er nicht auf dem Flugplatz seine Hand halten wollte?
Als Adarion ihm auch noch bestätigte das er von nun an besser mit sich umgehen wollte, konnte Jaik sich nicht mehr zurück halten. Er schlang Arme und Beine fest um seinen Partner und ließ ein paar Tränen zu. Dann sagte er mit erstickter Stimme das einzige, was ihn nicht in Gefahr brachte noch mehr die Beherrschung zu verlieren. "Lichtjahre sind eine Längenangabe und kein Zeitwert." Aber auch das funktionierte nicht. Er fing trotzdem an zu zittern. "Ich frage mich wie ich es solange ohne dich ausgehalten habe."

Jaik begrüßte Adarions Umarmung und erwiderte sie. Offenbar waren sie in diesem Moment beide den Tränen nahe von all den Emotionen. Aber Adarion sah das keineswegs negativ. Er hatte früher immer das Gefühl gehabt weinerlich zu sein und besser nicht weinen sollen. Ihm war jedoch nie der Gedanke gekommen, dass es Jaik ähnlich ging, bis dieser ihm damals ein kleine Stück seiner Selbst offengelegt hatte, das nicht immer so stark und selbstbewusst war, wie er oft nach außen wirkte. Nun hatte Adarion nicht mehr das Gefühl, dass Weinen ein Tabu war und offenbar hatte er durch seine Worte just in diesem Augenblick auch Jaik klar gemacht, dass er vor ihm ruhig weinen konnte. Er wollte ihn unterstützen, weil er ihn so liebte, wie er war. Mit oder ohne Tränen.
Als Jaik sich plötzlich mit allem, was er hatte an Adarion klammerte und ihn fest an sich drückte, schaute der erst etwas überrascht drein, erwiderte dann jedoch die enge Umarmung mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen. Aber lange blieb dieses Lächeln nicht, denn bald schlich sich wieder Sorge auf sein Gesicht, als er spürte wie Jaik zu zittern begann und sich seine Haare an einer Stelle begannen nass anzufühlen. Als Jaik sich dann laut fragte, wie er es so lange ohne Adarion ausgehalten hatte, konnte der sich nicht mehr zurück halten. Seine Hände lösten sich aus der Umarmung, um sich an Jaiks nasse Wangen zu legen und seinen Kopf ein Stückchen zurück zu steuern, sodass sie sich wieder ansehen konnten. Immer noch lag Sorge in Adarions Blick, als er versuchte Augenkontakt mit Jaik herzustellen. Er wusste, dass es nicht einfach war, aber es war ihm nicht so wichtig, dass Jaik jetzt sofort über seinen Schatten sprang und den Blick hob.
"Vielleicht haben wir es nur solange ohne einander ausgehalten, weil wir unterbewusst wussten, dass sich irgendwann etwas ereignen wird, das unser ganzes Leben verändern wird. Ich habe jedenfalls heimlich immer darauf gehofft.", wisperte Adarion auf Jaiks Lippen und strich ihm mit den Daumen immer wieder eine Träne von der Wange, "Vielleicht ist so eine Hoffnung für viele naiv, aber die Chancen standen eigentlich mehr als gut. Ich frage mich ernsthaft, wer uns beiden eingeredet hat, dass wir vielleicht nie einen Herzenspartner finden. Mich ärgert es unfassbar, dass ich das geglaubt habe und viele andere Menschen das immer noch tun. Jeder, wirklich jeder, und sei er noch so schräg in seinen eigenen Augen, findet wenn er sucht irgendwann den Richtigen, der diese schräge Seite an einem liebt oder sogar selbst schräg ist. Selbst zwei verkorkste Aliens wie wir finden sich irgendwann, wie du siehst."
Adarion lächelte wieder, auch wenn seine Augen weiterhin wässrig schimmerten. Aber welche Emotion auch immer ihn gleich überkommen würde, sie war nicht unwillkommen. Ebenso wie jede Emotion von Jaik. Langsam überbrückte Adarion die letzten Zentimeter und legte seine Lippen sanft auf die von Jaik, um ihn zärtlich zu küssen.
"Du musst nie wieder ohne mich auskommen.", wisperte er ihm zwischen zwei sanften Küssen auf die Lippen und versuchte mit seinem Lächeln Jaik anzustecken.

Jaik wollte einfach nur in Adarions Haaren darauf warten das dieser unangenehme Gefühlsausbruch endlich abebbte. Er sollte glücklich sein. Die Einsamkeit der letzten Monate war jetzt nur noch eine Erinnerung, mit der er sich nicht weiter beschäftigen musste.
Er sollte Adarion jetzt nicht die Ohren vollheulen, wo er gerade wieder da war. Er würde ihm nur ein schlechtes Gewissen machen. Deswegen fiel es ihm schwer Adarion in die Augen zu sehen, auch wenn der seinen Blick eindeutig in diese Richtung lenkte. Er sollte das Massaker auf Jaiks Gesicht nicht sehen.
Er konnte sich nicht daran erinnern sich jemals so einsam gefühlt zu haben wie in den letzten Monaten, zumindest nicht aktiv. Er war immer davon ausgegangen das es für seine Lebensplanung besser war, wenn er alleine blieb und dass das vollkommen in Ordnung für ihn wäre, solange er größere Ziele verfolgte. Jetzt hatte er gemerkt das es nicht in Ordnung war. Weil er jetzt wusste das er geliebt werden konnte.
Jaik war bockig. Er wollte den Moment ihrer Wiedervereinigung nicht mit Tränen ruinieren. Als er sich einigermaßen sicher war das der ungewollte Strom versiegt war hob er den Blick und merkte das er von einem strahlenden Lächeln erwartet wurde. Aber es war nicht nur das. Auch Adarion hatte Tränen in den Augen. Er schien sich allerdings überhaupt nicht daran zu stören. Als Adarion ihn das erste Mal küsste rollten zwei weitere Tränen über seine Wangen. Beim zweiten schniefte Jaik leise. Beim dritten lächelte er. Er musste nie wieder ohne ihn auskommen. Egal wie viel er weinte. Egal wie schwach er manchmal war. Egal ob ein Gefühlsausbruch in einer ungünstigen Situation passierte.
Er griff nach Adarions Kiefer und zog ihm zu einem weiteren, sehr innigen Kuss heran. Genauso stur wie er gerade eben den Augenkontakt verweigerte hatte, beanspruchte er jetzt Adarions Lippen.
Nur das schlechte Gewissen konnte diesen intensiven Moment stören. Es war Jaik wahnsinnig unangenehm, deswegen war er froh das sie das Thema noch nicht angeschnitten hatten. Doch solange er schwieg, würde es zwischen ihnen stehen.
"Birdbrain weiß Bescheid.", platzte es auf einmal aus Jaik heraus. "Sie weiß...alles. Sie hat in den letzten Monaten beinahe täglich geklingelt um mich zu fragen ob sie Pizza für mich mit bestellen soll und naja... Am Anfang habe ich oft gedacht das du es wärst. An einem Tag habe ich dann die Fassung verloren, als ich sie an der Tür gesehen habe." Von allen Leuten musste es ausgerechnet Birdbrain sein! Er hatte Freunde auf die verlass war. Die Schweigen bewahren konnten. Aber jetzt kannte das durchgeknallte Vögelchen die ganze Geschichte. Sie wusste von dem Raumschiff... und seinen Ängsten vor Adarions Ablehnung. "Sie hat zugehört und ich habe...geredet. Soweit ich weiß hat sie alles für sich behalten. Aber trotzdem ist das natürlich eine sehr ungünstige Sitaution."

Sanft begann Adarion seinen Liebsten zu küssen, doch der schien mehr zu wollen und packte ihn am Kiefer, um ihn in einen innigen Kuss zu ziehen. Adarion entging nicht, dass Jaik auch weiterhin emotional aufgewühlt war und ließ ihm daher erstmal freie Hand. Dass Jaik die Initiative ergriff, machte Adarion klar, dass er sich auch jetzt nicht hängen lassen wollte. Das war für ihn ein gutes Zeichen. Plötzlich löste sich Jaik jedoch von ihm und überrascht hob Adarion die Augen zu seinem Liebsten.
Als dieser plötzlich offenbarte, dass er irgendwann in den letzten Wochen Birdbrain alles gestanden hatte, schaute Adarion im ersten Moment geschockt drein. Dass er ihr von ihrer Beziehung erzählt hat, das hätte Adarion mit einem Schulterzucken abgetan, aber alles? Das hieß, sie wusste nicht nur über ihre Gefühle füreinander Bescheid, sondern auch über seinen Status und das Schiff. Im ersten Moment wusste Adarion nicht, was er dazu sagen sollte. Das war wie Jaik es euphemistisch formuliert keine günstige Situation. Gefährlich traf es vielleicht am Besten. Jaik hatte Angst davor, dass die Tars oder Inneas ihn holen kommen würden, aber nicht davor, dass ihn ein Geheimdienst einkassierte?
"Was hast du dir nur dabei gedacht?", entfuhr es Adarion und mit einem Seufzen fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar, "Wenn sie über alles von mir Bescheid weiß, dann ist sie ein potentielles Risiko, selbst wenn sie bis jetzt noch nicht geplaudert hat. Verdammt."
Adarions Blick huschte kurz nachdenklich hin und her, ehe er seine Umarmung löste und nach seinen Shorts suchte, um sie anzuziehen. Vorher sorgte er aber dafür, dass Jaik mit der Decke weiterhin warm eingepackt sein würde.
"Ich kläre das am besten gleich. Ich lasse mir das hier nicht kaputt machen, nur weil jemand seine Klappe nicht halten kann. Ist sie hier oder auf dem Platz?", fragte Adarion kurz angebunden, während er sich die Hose anzog.

Was er sich dabei gedacht hatte? Nichts! Das war es ja was Jaik fertig machte. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Er hatte sich doch sonst so gut unter Kontrolle. Warum hatte er sich von Erin gestützt in seine Wohnung begleiten lassen, während seine Gedanken einfach von seinen Lippen gesprudelt waren? Der ganze Schmerz, die ganze Frustration, die er sorgsam in seiner Brust eingelagert hatte. Alles war mit einem Mal an die Oberfläche getreten.
"Ich...weiß es nicht.", stammelte er hilflos. "Ich...habe überhaupt nicht mehr gedacht. Es ist...einfach passiert." Er würde Adarion gerne eine bessere Erklärung liefern, aber die hatte er selbst noch nicht gefunden. Es hatte sich angefühlt als hätten die ganzen zurückgehaltenen Emotionen ihn in jenem Moment hinterrücks überfallen.
"Was hast du vor?" Panische Sorge zog Jaiks Stirn kraus, als er mit der Decke um den Schultern aufsprang. Erin konnte eine Nervensäge sein. In den letzten Monaten war sie sogar noch öfter bei ihm aufgekreuzt als zuvor. Aber er wollte auf keinen Fall das ihr etwas passierte. Besonders nicht, weil er seine Emotionen nicht im Griff gehabt hatte.
Er hatte natürlich eine Ahnung was sein Gedankenströmekontrollierender Liebster vorhatte. Es war vermutlich die einzige vernünftige Entscheidung. Trotzdem fühlte Jaik sich überhaupt nicht wohl damit. "Es war mein Fehler, bitte bestrafe sie nicht dafür. Sie hat.. einfach nur zugehört." Und die quälende Einsamkeit für einen Tag erträglicher gemacht.

Jaik begann zu stammeln, dass er auch keine Antwort hatte, weil es einfach passiert war. Als Adarion sich erhob, richtete Jaik sich auf und schaute ihn fragend an. Er wollte wissen, was er vorhatte und sprang dann sogar auf, um mit der Decke um die Schultern auf Adarion zu zukommen. Allein dieser Anblick machte es ihm schwer hart zu bleiben. Spätestens, als Jaik die Schuld auf sich nahm und ihn bat nicht Birdbrain für seine Fehler zu bestrafen, musste Adarion inne halten.
"Ich bestrafe hier niemanden. Wir sind nur Menschen, niemand ist perfekt. Aber ich muss mit ihr reden.", erklärte Adarion, "Auf meine Art. Ich kann dieses Risiko nicht leichtfertig eingehen, dass jemand alles über mich erfahren könnte. Ich glaube kaum, dass die Wissenschaftler und das Militär sich zurückhalten würde mich auseinander zu nehmen, nur weil ich wie ein Mensch lebe und einen Partner habe. Wieso hast du ihr nicht das Versprechen abgenommen, dass sie nichts davon weitererzählt? Was ist nur los mit dir, Jaik? Normalerweise machst du nichts ohne eine Absicherung und dann erzählst du deiner dauerplappernden Kollegin meine tiefsten Geheimnisse, um die ich dich gebeten habe, dass du sie nicht erzählst. Vor allem nicht ohne demjenigen ein bindendes Versprechen es zu verschweigen abzuringen. Was soll ich deiner Meinung nach jetzt denken und tun? Mir bleibt doch nichts anders übrig, als ihr einzubläuen, was auf dem Spiel steht und was passiert, wenn sie es ausplappert und sie mir dich wegnehmen, weil... weil das vielleicht das einzige ist, womit sie mich erpressen können."
Diese Erkenntnis traf Adarion sichtlich und betrübt senkte er den Blick, um sich dann weiter anzuziehen.

Jaik zuckte sichtbar zusammen als Adarion ihm die Frage stellte, an der er gerade noch selbst in Gedanken verzweifelt war. Was war los mit ihm gewesen? Der Jaik den er kannte, tat so etwas nicht. Er hatte sich im Griff. Er behielt gerade dann einen kühlen Kopf, wenn es darauf ankam. Der Jaik, den Adarion liebte, war stark.
"Es tut mir leid.", wisperte Jaik dem Laminat zu. "Ich habe ihr erklärt, wie wichtig es ist, das sie schweigt. Natürlich habe ich das Risiko erkannt. Aber...leider erst als es schon zu spät war. Ich weiß einfach nicht..." Er suchte nach Adarions Füßen auf dem Boden und stellte fest, dass der dabei war sich anzuziehen. Schnell tat Jaik es ihm gleich. Er bückte sich um das erste Kleidungsstück das in sein Sichtfeld geriet aufzusammeln. Sein T-Shirt. Dabei fiel sein Blick auf den hohen Stapel auf dem Couchtisch. Die vielen, identischen Rechnungen und Pläne. Während er sich in seine Kleidung stürzte, sah er immer wieder zu ihnen.
Am Ende schaffte er es doch nicht seine Gedanken in dieser Zeit zu sammeln. Sein Kopf blieb unerfreulich unklar. Also musste er Adarion wohl das wirre, nicht logisch verarbeitbare Zeug präsentieren. "Ich habe es nicht mehr alleine mit meinen Gedanken ausgehalten. Du warst... du hast dich zurück gezogen. Ich bin wieder und wieder den Unfall durchgegangen und das Ergebnis blieb immer dasselbe." Weit aufgerissen gingen Jaiks Augen ins Leere. Es war seine Schuld. Es war seine Schuld. Es war seine Schuld. Und jetzt hatte er schon wieder denjenigen in Gefahr gebracht, den er eigentlich beschützen wollte.

Jaik begann sich mit gesenktem Blick bei Adarion zu entschuldigen und erzählte ihm, dass er Birdbrain zumindest klar gemacht hatte, dass es wichtig war, dass sie schwieg. Er war also nicht vollkommen blind in diese Situation gestürzt, auch wenn er sich im nachhinein ein zwei Dinge nicht erklären konnte. So langsam schmolz Adarions Wut dahin, als er sah wie Jaiks Blick hin und her huschte und sich dann schnell ebenfalls begann anzuziehen. Adarion hielt in seinem Tun endgültig inne und musterte Jaiks Gesicht, dessen Augen starr in die Leere blickten, während er ihm erklärte, was ihn dazu getrieben hatte alles über ihn seiner Kollegin zu erzählen.
Offenbar hatte sich Jaik nicht nur selbst die Schuld an dem Unfall gegeben und versucht es sich selbst zu erklären, sondern war mit diesen Gedanken auch noch wochenlang alleine gewesen. Verärgert über sich selbst biss sich Adarion auf die Unterlippe und senkte schuldbewusst den Blick. Im Endeffekt hatte er eine wesentliche Teilschuld daran, was passiert war. Welche Wahl hatte er Jaik gelassen? In diesem Zustand waren ihm Jaiks Gefühle ziemlich egal gewesen. Es hatte wichtigeres gegeben als ein paar Gefühle. Aber genau das hatte dazu geführt, dass er sein neues Leben nun einem Risiko ausgesetzt sah.
"Tut mir Leid.", bat Adarion, schlang schnell die Arme um Jaik und drückte ihn eng an sich, "Ich habe dich mit dieser Sache alleine gelassen. Ich hätte mit dir reden sollen, nur fiel es mir in dem Zustand nicht leicht überhaupt über etwas außerhalb meiner selbst nachzudenken. Ich wollte so schnell wie möglich zurück, aber dabei habe ich vergessen dich mit einzubinden. Tut mir Leid. Ich hoffe das geschieht nie wieder. Und bitte mach dir keine Vorwürfe mehr wegen diesem Leck. Daran trägst du keinerlei Schuld."

Normalerweise fühlte Jaik sich jedes Mal besser wenn sein Partner seine Arme um ihn legte. Doch dieses Mal hätte er ihn fast weggestoßen, bevor er langsam anfing sich zu entspannen. Er hasste es generell getröstet zu werden und seine Schwäche vorgehalten zu bekommen. Er wollte diesen Trost erst recht nicht, wenn er ihn nicht verdient hatte. Er hatte einen Fehler gemacht. Dafür wollte er gerade stehen und nicht den Rücken getätschelt bekommen.
Und das Adarion sich jetzt auch noch die Schuld auflud, passte ihm überhaupt nicht. Jaik war immerhin das schwache Glied gewesen. Er hatte nicht nachgedacht. Bevor er das Leck untersucht hatte und bevor er Birdbrain sein Herz ausgeschüttet hatte.
Er seufzte tief. Bevor sie beide hier in Schuld zergingen, war es vermutlich besser einen Kompromiss zu finden. Er legte eine Hand aufs Adarions Rücken. "Du trägst erst recht keine Schuld. Du warst damit ausgelastet dich wieder herzustellen. Du konntest dich nicht auch noch um mich kümmern." Seine Finger verkrampften sich in Adarions Oberteil, als ihm diese Worte etwas bewusst machten, das ihm überhaupt nicht gefiel. Dementsprechend wurde seine Stimme immer leiser während er sprach. "Birdbrain hat die letzten Wochen mehrmals am Tag bei mir geklingelt. Sie hat mir ständig versucht Essen unter zuschieben und meine Sachen geklaut." Nicht nur sein Rasierapparat war dem frechen Vögelchen zum Opfer gefallen, auch sein Zeichenmaterial für Blaupausen hatte er sich mit viel Überzeugungsarbeit zurück holen müssen. Schließlich brauchte er das auch für die Uni und nicht nur für Raumschiffpläne. Er legte auch noch die zweiten Arm um Adarion. Seine Stimme war nun nicht mehr als ein heiseres Murmeln. "Ich weiß nicht was ich ohne sie getan hätte."

Zuerst erwiderte Jaik die Umarmung nicht bis auf eine Hand, die er leicht auf Adarions Rücken legte. Stattdessen versicherte er ihm, dass auch er keine Schuld daran hatte. Letztendlich waren sie wohl beide nur wegen den Umständen gezwungen gewesen so zu handeln. Als Jaiks Hand plötzlich in den Stoff seines Shirts griff, zog es Adarion schmerzhaft das Herz zusammen. Was hatte er da losgetreten? Jetzt bereute er es so vorschnell gehandelt zu haben. Vor allem als Jaik davon berichtete, wie Birdbrain versuchte hatte ihn in seinem Dunstkreis zu stören. Am Ende musste er ihr vielleicht eher danken und sie nicht zusammen scheißen. Als Jaiks zweiter Arm folgte und seine Stimme fast an den letzten Worten zerbrach, vergaß Adarion seinen Plan ganz schnell wieder.
"Tut mir Leid.", wiederholte er, weil ihm ein besser Ausdruck dafür fehlte, dass er sich wünschte Jaik wäre all das nie passiert, "Ich verstehe, ich werde nichts tun. Ich... ich rede irgendwann mal in Ruhe mit ihr. Oder mit allen. Vielleicht wäre es an der Zeit ein paar Leuten die Wahrheit zu sagen."
Ein letztes Mal drückte Adarion zu, dann nahm er seine Hände wieder nach vorne und legte sie auf Jaiks Wangen, um sich dann ein kleines Stück von ihm zu lösen und ihm in die Augen zu schauen.
"Mir tut das alles so Leid. Ich wünschte es wäre anders gegangen. Ich habe nicht gewollt, dass du leidest.", versuchte er Jaik zu trösten, musste dann jedoch selbst gegen die Tränen ankämpfen.
Bevor sie ihm jedoch entfliehen konnten begann er Jaiks Gesicht zu küssen, um ihn damit vielleicht etwas besser zu trösten, während er seine Arme wieder um ihn legte.
"Es wird alles gut. Ich werde dich nie wieder verlassen.", flüsterte Adarion ihm zu und drückte ihn wieder eng an sich.

Verdammt, was musste er noch tun damit Adarion endlich aufhörte sich zu entschuldigen. In Jaiks Augen sammelte sich schon wieder Feuchtigkeit und beim nächsten Mal würde die garantiert überschwappen. Heute waren schon genug Tränen vergossen worden. Jaik löste sich erst aus seiner verkrampften Starre als Adarion ankündigte ein paar Leuten die Wahrheit zu erzählen. Hieß das etwa...?
Jaiks Hand ließ auch nicht locker als Adarion sich ein wenig von ihm entfernte. Er versuchte ihn sogar kurz in die Umarmung zurück zu drücken. Doch dann fing Adarion an Küsse auf sein, von großen Augen geschmücktes, Gesicht zu verteilen. Eigentlich hatte er die überhaupt nicht verdient, aber...
"Zieh hier ein!", japste Jaik plötzlich als Adarion ihn versicherte das er ihn nicht mehr alleine lassen würde. Das hieß doch genau das, oder? Er würde allenfalls in seine Wohnung zurück kehren um seine Sachen zu holen, ansonsten würde er bei Jaik bleiben. Damit der nicht mehr auf seine nervenzerrende Nachbarin angewiesen war.
Jetzt war es Jaik der die Umarmung löste und Adarions Hände packte. "Ich weiß es geht alles sehr schnell, du bist gerade erst da, der Flugplatz ist wahnsinnig laut, Birdbrain nervt und Mom wird wahrscheinlich durchdrehen. Aber wir können die Tür abschließen."
Der Druck seiner Hände wurde immer fester und seine Muskeln waren derart angespannt, das sie Verdacht weckten das er am liebsten jetzt gleich losrennen würde, um die Reste von Jasons Leben einzusammeln. "Wir könnten deinen Neuanfang zusammen starten!"

Jaik ließ ihn nicht gehen und Adarion war froh darüber. Er hatte das Gefühl, dass Jaik sich endlich auf ihn wagte zu stützen. Das war sein Wunsch gewesen, auch wenn er nicht wollte, dass es Jaik schlecht ging. Adarion unterbrach seine Küsse abrupt, als Jaik plötzlich vorschlug, dass er bei ihm einziehen sollte. Überrascht hoben sich Adarions Augenbrauen, vor allem als Jaik plötzlich seine Hände griff. Er versuchte Adarion auch klar zu machen, wie die Situation aussehen würde, aber dass es einen wesentlichen Vorteil gab: Sie konnten jetzt zusammen neu anfangen. Das Argument war unschlagbar in Adarions Ohren, auch wenn er es gar nicht gebraucht hätte.
"Das hatte ich sowieso vor.", offenbarte er und hob Jaiks Hände, um je einen Kuss darauf zu drücken, "Ich wollte dich allerdings damit überraschen. Aber ich wollte noch warten bis ich weiß, wie die Lage hier ist und ob du überhaupt noch bereit dazu wärst. Und naja... bis ich die Zeit hatte einen passenden Ring zu besorgen. Ich weiß, es ist albern und kitschig, aber ich will, dass du offiziell zu mir gehörst. Dass niemand auch nur wagt sich an einen von uns heranzumachen. Außer natürlich du willst sowieso in nächster Zeit von diesem Planeten runter, dann brauchen wir das nicht unbedingt. Ich habe mich gefragt, ob ich dir dann vielleicht auf andere Weise ein Zeichen geben kann, das zeigt, dass wir zusammen gehören. Vielleicht indem ich ein paar Zellen deiner Haut umprogrammiere, sodass sie leicht leuchten."
Adarion lachte bei der Vorstellung und wurde sogar ein wenig rot dabei.

Ein letztes Mal wischte Jaik sich mit der Schulter über die vom Weinen leicht geröteten Wangen, noch währenddessen wurden sie langsam von einem Grinsen erobert. Adarion wollte endlich mit ihm zusammen leben. Das war großartig! Sie konnten sofort aufbrechen!
Die Küsse auf seine Hände wartete er noch ab und dann... mitten in der zur Tür gerichteten Bewegung erstarrte Jaik und wandte sich nur langsam um. Statt eines Grinsen füllten nun seine Augen einen großen Teil seines Gesichts aus. Es gab da einen Gedanken der im Thalamus fest hing und verzweifelt auf Bearbeitung wartete. Ein Ring? Ein Ring?
Bestimmt würde er sich später brennend dafür interessieren wie Adarion gedachte, seine Haut zum Leuchten zu bringen, aber erst einmal musste er das hier klären! Jaik öffnete seinen Mund, schloss ihn aber nach kurzem Nachdenken wieder. Konnte er das wirklich fragen? Was wenn er sich irrte? Das wäre ganz schön unangenehm. Allerdings glühte sein Kopf jetzt schon und die Überhitzung machte das Denken nicht einfacher.
"Verständnisfrage!", schaffte er es schließlich zu japsen. Albern und kitschig war ja schön und gut, damit konnte er inzwischen einigermaßen umgehen, aber nicht mit Unklarheit. Besonders wenn es um so etwas Wichtiges ging! "Möglicherweise interpretiere ich das falsch, aber..." Mit ziemlicher Sicherheit interpretierte er das falsch! Aber er konnte jetzt unmöglich das Thema wechseln! "Hast du mir gerade einen Heiratsantrag gemacht?"

Offenbar hatte Adarion doch nicht alles falsch gemacht, denn bald darauf zierte wieder ein Lächeln dessen rote Wangen. Kaum hatte Adarion Jaiks Hände zu Ende geküsst, wollte der offenbar auch schon aufbrechen. So leicht wollte Adarion ihn aber eigentlich nicht gehen lassen und hielt seine Hände weiterhin fest. Aber er musste Jaik gar nicht aufhalten, er hielt selbst inne und wandte sich dann mit riesigen Augen wieder zu ihm. Er schien etwas angestrengt, beinahe außer Atem, als er Adarion eine Verständnisfrage stellte, die er fast erwartet hatte. Verlegen lächelte das Lichtwesen und ließ den Blick dann nachdenklich umherwandern, während er begann rot zu werden.
"Also, eigentlich nicht so richtig. Ich meine dazu gehört immerhin ein Ring und den habe ich nicht.", erklärte er und wagte dann erst wieder zu Jaik zu schauen, um ihn dann breit anzugrinsen, "Ich wollte dich eigentlich überraschen damit, weil ich sehen wollte, wie du mich erst wie jetzt ungläubig fragst und dann total ausrastest vor Freude. Das wäre in Kombination mit dem Zusammenzug bestimmt toll geworden. Vielleicht könntest du einfach so tun, als hättest du nichts gehört und wüsstest nichts und sobald ich einen passenden Ring gefunden habe, bekommst du einen richtigen Antrag, okay?"
Eigentlich war das nicht so ideal, aber vielleicht war es ja doch möglich. Es war ja nicht so einfach einen perfekten Ring für jemanden wie Jaik zu finden und daher lag sicher genügend Zeit zwischen Jetzt und dem Antrag, sodass Jaik an diesem einen Tag bestimmt nicht damit rechnen würde und dann wirklich total überrascht war. Außer natürlich Jaik entschied sich für Option B, dann würde Adarion keine Stunde mehr warten, sobald er wusste, wie er Jaik ein kleines Zeichen auf die Haut bannen konnte.

Adarions Gespür für den richtigen Moment ließ wirklich zu wünschen übrig. Jaik hatte schließlich schon vorher Schwierigkeiten gehabt sich emotional zusammen zu halten. Seine Augen hatten bereits die maximale Größe erreicht, also waren es jetzt seine Lippen die langsam auseinander glitten. Das musste doch ein Witz sein. Er sollte Adarion dringend daran erinnern das er einen konkreten Hinweis brauchte um Sarkasmus zu erkennen. Er sollte das vergessen? Das? Na dafür würde Adarion schon Lobotomie-Besteck benötigen. Nicht dass ein Heiratsantrag eine große Sache wäre, immerhin war es doch nur ein bürokratischer Akt, doch nach allem hin und her war es nun einmal eine...ziemlich große Sache!
"Nein!", stellte er entschieden fest. "Du kannst vergessen, das ich hier irgendetwas vergesse!" Jetzt durfte er bloß nicht anfangen zu heulen! Nicht bevor er nicht etwas sehr wichtiges geklärt hatte.
"Und du machst mir keinen Antrag. Nicht wenn ich schneller bin." Die zwei Jahre die sie mal ausgemacht hatten galten nun wohl nicht mehr, dann konnte Adarion wirklich nicht erwarten das er noch länger die Füße still hielt.
Erst langsam dämmerte Jaik was diese Geste wirklich bedeutete. Jas...Adarion war sich sicher. Er wollte den Rest seines Lebens mit ihm verbringen. Verdammt, gleich würden wieder Tränen laufen. Sie verendeten schließlich auf Adarions Lippen als er ihn mit beiden Händen im Nacken packte und in einen stürmischen Kuss herunter zog. Seinem emotionalen Zustand wirklich Ausdruck zollen, konnte aber erst das Grinsen mit dem er sich aus der Verbindung löste. "Bist du jetzt Adarion Almost-Hoffman?"