Richards & Runes Penthouse

Wenn er in den letzten Minuten nicht plötzlich zu einem Emotionalen Analphabetischer mutiert war und er Richards Geste richtig als zärtlich kategorisierte konnte Rune jetzt aufatmen. Puh! Er war also nicht sauer auf ihn! Wenn er nicht gerade durch einen Höhenflug (und Marihuana-Wirkstoffe...) verblendet war wäre er sich sogar sicher gewesen das er Verständnis in den eisblauen Augen erspähen konnte.
Sicherheit erhielt der Cyborg als Richard vorschlug den Rest des Joints später zusammen zu konsumieren. Quasi als Belohnung. Ein Grinsen vertrieb die Nervosität auf Runes Gesicht. Dieser Mann überraschte ihn immer wieder aufs Neue, insbesondere in Zeiten wie diesen in denen deutlich wurden das sie vielleicht in völlig unterschiedlichen Welten lebten, aber trotzdem irgendwie einen gemeinsamen Rhythmus zustande brachten. „Hast du eigentlich eine Ahnung wie sehr ich mich gerade in dich verliebt habe?“ Jetzt konnte Rune auch wieder richtig kichern. Befreiter, entspannter aber noch nicht ganz ohne Kummer.
Sie mussten es also nur hinter sich bringen und abwarten bis sie die....Moment. „Bekanntmachung?“ Fragend legte Rune seine Stirn in Falten. Was wollte er denn bekannt machen? „Nein warte, wahrscheinlich irgendetwas geschäftliches was ich sowieso nicht verstehe.“ ,stellte er grinsend fest. Die Mühe ihm das zu erklären musste Richard sich nun wirklich nicht machen. Der Cyborg machte schließlich kein Geheimnis daraus das er sich überhaupt nicht für den Beruf seines Liebsten interessierte.
Lieber trat Rune hinter ihn, legte die Hände auf seine Schultern und drängte ihn mit sanfter Bestimmheit zur Tür. „Komm, bringen wir es hinter uns.“ Plötzlich wollte Rune sich nicht mehr verstecken, sondern das Ganze so schnell wie möglich hinter sich bringen. In Gedanken freute er sich schon darauf die Meute sitzen zu lassen um mit Richard und Mary Jane eine Privatparty zu feiern.

„Hast du eigentlich eine Ahnung wie sehr ich mich gerade in dich verliebt habe?“, fragte Rune daraufhin und kicherte.
Richard lachte und blickte Rune tief in die Augen. Er wollte ihm noch einen letzten Kuss aufdrücken, doch Runes Nachfrage über die erwähnte Bekanntmachung ließ ihn von seinem Vorhaben wieder abkommen. Peinlich berührt hob er seine rechte Hand an seinen Nacken und lächelte verlegen. Verdammt, jetzt hatte er ja schon etwas verraten. Zum Glück dachte Rune, dass es etwas mit dem Geschäft zu tun hatte und ihn somit sowieso nicht tangieren würde. Dass ihn die Angelegenheit allerdings sehr wohl tangierte, beziehungsweise nur ihn und sonst niemanden außer Richard, das wusste der Cyborg natürlich nicht.
Richard gab leicht lachend nach, als Rune ihn vor sich her aus der Tür Richtung Festgemeinde schob. Schließlich löste sich Richard von Rune, warf noch ein letztes Lächeln über die Schulter zu ihm und trat dann in den Hauptraum. Er achtete darauf die ganze Zeit in seiner Nähe zu behalten, während er sich zwei Sektgläser geben darf, von denen er eines Rune reichte, bevor er mit einem kleinen Löffel gegen die Außenwand seines Glases schlug und damit die Aufmerksamkeit des gesamten Raums auf sich zog.
"Herzlich willkommen zu dieser von mir so scheinheilig als Neueinweihungsfeier meines Apartments betitelten Feier. Bestimmt ist Ihnen schon aufgefallen, dass sich ja überhaupt nichts an meinem Apartment verändert hat. Nun, das stimmt, es gab wirklich keine innenarchitektischen Veränderungen, dafür allerdings andere, nicht so leicht zu sehende, aber ebenso bedeutende Veränderungen und deswegen sind Sie heute hier. Diese Feier ist nicht zu ehren eines brillanten Innenarchitekts oder meiner Wenigkeit, sondern um eine einfache, aber wichtige Sache zu feiern...", sprach Richard mit lauter Stimme, während ihm alle aufmerksam zuhörten, und drehte sich dann mit einem Lächeln zu Rune um, "...und zwar nichts geringeres als meine tiefe Liebe zu meinem besten Freund und Lebenspartner Rune-S235."
Die Stille, die in den ersten Sekunden folgte, war fast etwas gespenstisch, dann brach das Geräusch eines Fotoapparatblitzes die Stille. Das Stichwort für Richard, um einen schnellen Schritt nach vorne zu machen, eine Hand an Runes Kinn zu legen und ihm einen liebevollen, aber festen Kuss aufzudrücken. In dem Moment begannen mehrere Blitzlichter zu flackern und ein reges Gespräch zwischen den Gästen entstand.

Skeptisch musterte Rune das Sektglas das Richard ihm in die Hand gedrückt hatte. Ihm grauste schon jetzt davor das ganze Glas Spülwasser auszutrinken weil er es einfach nicht mit sich vereinbaren konnte Lebensmittel wegzukippen. Selbst wenn es das Gesöff des Teufels war. Doch er würde mitspielen. Richard zu Liebe. Er konnte es kaum abwarten wieder alleine mit ihm zu sein.
Der große Vorteil den man hatte wenn man mit so einer strahlenden Gestalt wie Richard zusammen war war der das man hervorragend in seinem Schatten verschwinden konnte und das nutzte Rune nur allzu gerne. Es war ihm unangenehm das alle Blicke in ihre Richtung gelenkt wurden als Richard zu seiner Ansprache ansetzte. Aber keiner achtete auf den Cyborg an seiner Seite. Das war Rune nur Recht. Er betrachtete mit mäßigen Interesse die Abdrücke die seine Finger auf dem kalten, beschlagenen Glas hinterlassen hatten. So fing er zumindest nicht an darüber nachzudenken in wie vielen Sichtfeldern er sich gerade befand, oder er versuchte diesen Gedanken viel mehr zu verdrängen.
Da sich ein optischer Reiz als ineffektiv herausstellte dachte er über Richards Worte nach. Verändert hatte sich hier tatsächlich nicht viel seitdem er hier eingezogen war. Zumindest waren die Veränderungen erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Da waren die ganzen Fotos die sich nun in den Winkeln der riesigen Wohnung versteckten. Rune hatte sie einfach gerne in seinem Alltag um sich, genauso wie seine Schallplattensammlung. Das waren allerdings alles Dinge die leicht übersehen werden konnten. Nichts machte offensichtlich das hier vor ein paar Tagen eine zweite Person eingezogen war und das war vermutlich auch ganz gut so. Bei diesem Gedanken war Rune allerdings fast versucht missmutig zu seufzen.
Was Richard wohl ankündigen wollte? Er sah zur Seite und kurz darauf trafen sich ihre Blicke. Richard strahlte wie die Morgensonne. Rune erwiderte diesen Blick mit großen, fragenden Augen. „Guck nicht mich an. Woher soll ich wissen was wir feiern? Das war alles deine Idee.“ ,übermittelte Rune stumm.
Runes Wangen registrierten was gerade passierte bevor die Information in seinem Verstand ankam. Denn als er realisierte was Richard da gerade sagte flammten sie bereits in einem satten Rot. Er war noch dabei das Gehörte zu verarbeiten als Richards vertraute Lippen auf seine trafen. Vor lauter Schreck erstarrte Rune. Seine einzige Reaktion zeigte seine rechte Hand, die sich auf der Suche nach Beistand vorne an Richards Oberteil festkrallte. War ihm bewusst wie viele gerade zusahen? Und das sein Liebesgeständnis von allen anwesenden Ohren vernommen worden war? Jetzt würde es verdammt schwer werden das Kumpel-Alibi aufrecht zu erhalten! Erst langsam begriff Rune dass genau das höchstwahrscheinlich Richards Absicht gewesen war. Mit großer Sicherheit fragte sich gerade jeder im Raum weshalb so ein Bild von einem Mann, die Krone der Schöpfung sich in ein pudeliges, entlaufendes Versuchsobjekt wie ihn verliebte. Neben ihnen sorgte ein Blitzlichtgewitter dafür das morgen die ganze Stadt Zeuge werden würde wie der wahrscheinlich schönste Junggeselle der Stadt einen geschockten Cyborg küsste. Überall wurden Urteile gebildet. Ab und zu erklang ein erheitertes Lachen, das missbilligende Gemurmel war nicht sofort raus zu hören aber ohne Zweifel ebenso vorhanden. Ihr Geheimnis war in aller Munde. Das Versteckspiel war vorbei.
„Richard!“ ,keuchte Rune völlig baff nachdem er vor lauter Erstaunen darin gescheitert war den Kuss zu erwidern. Die Stahlhand klammerte sich noch immer an Richard fest. Rune hob seine linke und vergaß dabei fast das er damit noch das Glas festhielt. Seine Fingerspitzen streiften die Hand an seiner Wange. Ja, sie war tatsächlich da. Das hier passierte wirklich. Richard hatte es vor etlichen Zeugen gesagt. Der gleiche Mann der ihm vor kaum einem Monat zusammen gefaltet hatte weil er mit einem biologischen Fakt die wahre Natur ihrer Beziehung gestreift hatte. Er hatte es voller Selbstbewusstsein gesagt. Er hatte sich nicht einmal gerechtfertigt. Er schien mit der Situation absolut im Reinen und präsentierte sie als Anlass zur Freude. Er hatte nur einen Monat gebraucht um über sich hinaus zu wachsen. „D-du....ich....arggh!“ Und Rune selbst? Hatte keine Ahnung was er nun tun sollte. Sich Bedanken? Ebenfalls seine Liebe beteuern? Den Leuten sagen das sie lieber draußen das schöne Sommerwetter genießen sollten? Er konnte sich ja schon glücklich schätzen wenn er das Atmen einigermaßen auf die Reihe bekam!

Rune japste regelrecht ein "Richard." als der Weißhaarige seine Lippen wieder von seinen nahm und ihn breit angrinste, während er selbst rot anlief. Offenbar wollte Rune sich über ihn ärgern, fand aber wohl nichts zu ärgern, was den Weißhaarigen dann doch etwas verhalten lachen ließ. Er sah dabei so unfassbar süß aus, am liebsten hätte er den Cyborg gleich nochmal geküsst, aber schon der erste Kuss war gewagt und ein zweiter würde dafür sorgen, dass den Zeitungen morgen die Druckerschwärze ausgehen würde.
Man musste ja nicht gleich seinen ganzen Ruf ruinieren, auch wenn er ihn hiermit schon erheblich angeknackst hatte. Zumindest der alte Chomsky würde sich Montag sicher ziemlich echauffieren. Den Posten als stellvertretenden Geschäftsleiter konnte er jetzt wohl endgültig und ganz und gar vergessen. Aber das interessierte den jungen Aufsteiger auch nicht. Nicht mehr. Er hatte ein neues Projekt ins Auge gefasst, dem er mittlerweile mehr Aufmerksamkeit widmete, als er zuerst selbst gedacht hatte.
"Ach ja...", fiel Richard dann noch was ein, während er gekonnt die Pressefragen ignorierte und dem Pöbel den Rücken zukehrte, um ein wenig Privatsphäre mit Rune zu haben, "Das ist mein Geschenk zu deinem Einzug hier."
Damit reichte er Rune eine kleine schwarze Schachtel, die leider etwas verdächtig aussah, allerdings nichts weiter enthielt als einen Satz Schlüssel.

Während Richard voller Selbstsicherheit strahlte sah Rune eher aus als hätte er ihn gerade zu einem Flug zum Mond eingeladen. Er versuchte nicht über die Schulter seines Liebsten zu sehen wo ein Meer von Augen sie anstarrte und Stimmen einem Tsunami gleich auf sie zurollten. Jetzt funktionierte es nicht mehr in Richards Schatten zu verschwinden, er hatte ihn mit ins Rampenlicht genommen und alleine ihm zuliebe beantwortete Rune die dreisten Fragen nicht mit einem erhobenen Mittelfinger. Er war stolz auf Richard das er endlich offen zu ihrer Liebe stehen konnte, ohne Anzeichen von Scham, ohne Angst vor Verurteilungen. Diese Angst hatte Rune nie gehabt. Dafür behagte ihm nun das Rampenlicht überhaupt nicht. Ihm war plötzlich bewusst geworden das er mit seinen Vergehen in Zukunft nicht nur seinen Ruf schaden würde.
Richard war offenbar noch nicht fertig damit ihn mit Überraschungen zu überfordern denn auf einmal er eine kleine, schwarze Schachtel in der Hand. Runes Herz setzte für einen Moment aus um dann rasend die verlorene Zeit wieder wett zu machen. Ein Klirren verriet ihm das er vor Schreck das Sektglas aus seiner Hand fallen gelassen hatte. Plötzlich war ihm die wild gewordene Meute genauso egal wie die Scherben am Boden. „Måneskin?“ Es war kaum mehr als eine Bewegung seiner Lippen. Richard wollte doch nicht etwa....Herregud! Vor allen Leuten? Jetzt schon? Nein, nein, das war doch absurd! Andererseits wusste er das Richard sich außerhalb der Öffentlichkeit nicht immer daran hielt was als angemessen galt. Genauso wie er. Aber würde er nach so kurzer Zeit... Die Augen des Cyborg huschten zwischen der Schachtel und den Augen seines Liebsten hin und her, hinter ihm wütete das Gewitter mit veränderter Macht.
Schließlich nahm er seinen Mut zusammen und griff nach der Schachtel um sie dann mit zittrigen Fingern sehr eilig zu öffnen. Ein paar silberne Schlüssel blitzten ihm entgegen. Allerdings erleichterte Rune dieser Anblick nicht so sehr wie wie er erwartet hätte. Denn...nein! Schnell verscheuchte der Cyborg seine außer Kontrolle geratenen Gedanken wieder. So stark war ihm das Gras gar nicht vorgekommen!
Ein schüchternes Lächeln schlich sich auf Runes Lippen als er die Schachtel zuklappte und in seiner Hosentasche verschwinden ließ damit sie nicht im Weg war während er seinen Arme ausbreitete um sich mit einer Umarmung zu revanchieren. Es war eine feste, anschmiegsame Umarmung was nicht zuletzt zur Ursache hatte das er die Schaulustigen nicht sah wenn er sich in Richards Schulter vergrub. Mit ein paar unverschämten Worten zu fliehen funktionierte in dieser Situation eben leider nicht. Aber immerhin musste er solche Gesten jetzt nicht mehr verstecken. Je mehr er den Schreck verdaute umso mehr freut er sich darüber. „Danke“ ,hauchte er. Endlich wusste Rune das er Richard wichtiger war als sein guter Ruf. Jetzt musste er nur noch aufpassen das er das nicht bereuen musste. Da dämmerte Rune das er Richard gerade umarmte wie ein Kind das sich über sein Weihnachtsgeschenk freute. Na großartig, er war auf dem besten Weg das Gerücht anzufachen das Richard mit einem Minderjährigen zusammen war. Oder würde sein eigener Ruf den Rune bisher mit Füssen getreten haben zumindest dafür sorgen das es keine wilden Mutmaßungen über seine Identität gab...Oh, oh... Trotz der ganzen Emotionen die gerade in Runes Brust miteinander rangen übernahm wieder einmal eine das Feld in dem Moment in dem sie auftauchte; Sorge. Er zog sich ein wenig von Richard zurück und wurde sofort von den Blitzlichtern geblendet. Seine Hände hielten an Richards Oberarmen inne und strichen unsicher auf und ab. „Du...weißt das ich nicht gerade den besten Ruf hier habe, oder?“ Immerhin war Rune nun wirklich nicht für seinen Anstand bekannt. Die meisten reagierten mit wenig Verständnis wenn sie mit rauen Worten angefahren wurden weil sie im Frühlingstaumel eine wehrlose Blume ermordet hatten. Bestimmt waren auch einige dieser gefühlskalten Schlächter im Raum und würden sich nun das Maul über Richard zerreisen. Wieso war ihm das nicht egal? Er machte sich doch sonst auch nichts aus dem Gerede der Ahnungslosen. Wieso war er jetzt auf einmal derjenige der Angst um Richards Ruf hatte?

Richard merkte zu spät, das die Wahl der Verpackung ziemlich missverständliche Messages herüber bringen konnte. Die kurze Erschrockenheit in Runes Augen ließ ihn erst darauf aufmerksam werden. Hatte er etwa ... oh verdammt, er hatte ihm eine kleine Schachtel geschenkt und gerade öffentlich seine Liebe zu ihm beteuert, natürlich dachte der romantisch veranlagte Cyborg an etwas völlig anderes. Trotzdem schien er sich über das Geschenk zu freuen und fiel dem Weißhaarigen im gleichen Moment um den Hals. Richard legte seine Arme eng um den schlanken Körper seines Liebsten und drückte ihn fest an seinen eigenen noch recht hageren Körper. Er war so glücklich, nichts machte ihn glücklicher als dieser vermaledeite Rune. Plötzlich entfernte sich Rune von Richard und schaute ihn besorgt an.
„Du...weißt das ich nicht gerade den besten Ruf hier habe, oder?“, merkte Rune an und Richards breites Lächeln wurde kurz schwächer, nur um gleich darauf umso breiter zu werden.
"Vielleicht, aber wieso sollte mich das von irgendwas abhalten? Warum sollte mich die Meinung anderer davon abhalten dich zu lieben?", antwortete Richard, während ein paar Fotografen weiter Fotos knipsten.

Einen bangen Moment lang fürchtete Rune das er Richard an etwas erinnert hatte das er zuvor nicht einkalkuliert hatte. Für einen Rückzieher war es jetzt immerhin zu spät. Doch es dauerte nicht lange da kehrte Richards Lächeln so selbstsicher zurück das ihm klar wurde das er sich sehr wohl bewusst war das der schlechte Ruf seines Liebsten auf ihn abfärben könnte. Auch Rune konnte jetzt wieder lächeln, allmählich schlichen seine Mundwinkel aus ihrem Versteck und brachten seine Augen zum Strahlen. Er nahm es tatsächlich in Kauf. Seit ihrer ersten Öffentlichen Veranstaltung hatte in Runes Brust die Angst gelauert das Richard irgendwann doch entscheiden könnte das ihre Differenzen nicht mehr tragbar waren. Doch jetzt wusste Rune das er seine Prioritäten genauso setzte wie er. Die sensationshungrige Masse hatte nicht einen Bruchteil der Aufmerksamkeit verdient die er nun den wundervollen, klaren Eiskristallen vor ihm widmete.
Der Cyborg festigte seinen Griff wieder, reckte den Hals und stieß neckisch Richards Nasenspitze mit seiner an um einen Kuss anzukündigen. Es war ein schüchterner Kuss. Rune hörte nicht einmal auf zu lächeln als er seine Lippen auf die von Richard legte. Eine zarte Berührung die von einem genießerischen Verharren gefolgt wurde. Ein Kuss voller Unschuld der keine Lust, sondern Freude zur Ursache hatte. Seine Hand auf Richards Rücken war hingegen überhaupt nicht unschuldig. Er überließ es dem aufdringlichen Mob zu entscheiden ob er mit Absicht alle Finger außer den mittleren einklappte oder ob es eine willkürliche Geste war die aus Versehen ein unverschämtes Bild vermittelte. Die Idioten konnten ihm egal sein. Sie hatten ihren Zweck erfüllt und waren Zeuge geworden das diese Lippen ihm immer gehören würden, ganz egal was sie auch tuschelten. Fortan mussten sie sich um Gerüchte keine Sorgen mehr machen. Doch auch wenn Rune Richard jetzt küssen konnte wann immer es ihm beliebte wünschte er sich die neugierige Meute fort. Wie lange mussten sie sie wohl ignorieren damit sie das Weite suchten? Nun konnten sie nicht einfach in den Park abhauen um ungestört zu sein. Schließlich wurde ihr Refugium gelagert. Andererseits...wie viel konnte ein Ort schon bedeuten?
Grinsend löste Rune sich von Richard, er verweilte allerdings so nah das sein Sichtfeld durch keine schaulustigen Blicke belästigt wurde. „Komm, wir klettern aus dem Fenster, kapern dein Flugzeug und hauen ab. Meinetwegen auch nach Nassau.“ Sie hatten schon ganz andere Dinge bewältigt. Eine Hochhauswand herunter klettern und herauszufinden wie man ein Flugzeug bediente kam ihm nicht so kompliziert vor wie sich mit dem aufgebrachten Pack in ihrer Heimstätte auseinander zu setzen.

Rune schien positiv überrascht, als Richard seine so selbstverständlich klingende Antwort aussprach, die absolut nicht selbstverständlich war. Zum Dank bekam er einen sanften Kuss von seinem Geliebten. Den erhobenen Mittelfinger hinter seinem Rücken konnte er natürlich nicht sehen, aber wenn er es gekonnt hätte, hätte er sicher darüber gelacht, anstatt Rune dafür zu tadeln. Die Sache an Runes Kuss war nur, dass es daraufhin sofort wieder ein Blitzlichtgewitter gab und so langsam wurde die Reportermasse auch etwas ungeduldig, da sich die Personen, die im Fokus standen, gar so vehement gegen eine weitere Aussage oder ein Interview zu wehren schienen.
Runes Vorschlag klang so schön, vor allem die Idee mit Nassau, allerdings würde er mit so einer Aktion sicher nur noch reißerische Artikel forcieren und wenn möglich sollte man sich dann doch ein klein wenig seines Rufs einbehalten. Richard grinste allerdings nicht weniger breit als Rune, als er erwiderte:
"Das können wir am Wochenende machen oder wenn du Urlaub hast sogar eine ganze Woche. Es gibt da ein schönes Haus am Strand, was ich besitze, aber nie selbst drin wohne. Allerdings... nicht heute. Ich weiß du magst Aufmerksamkeit nicht, aber was spricht dagegen dir einen kleinen Ruf aufzubauen mit ... naja ein paar simplen Fragen, die wir anständig beantworten?"
Richards Vorschlag hatte wohl einige Ohren in der Nähe klingeln lassen, denn sofort drängten sich zwei nach vorne und blieben kurz vor Richard und Rune mit ihren Notizblöcken und Kugelschreibern im Anschlag stehen, um sie gleich daraufhin mit Fragen zu bombadieren. Instinktiv hatte Richard nach Runes Hand gegriffen, dann die Neugierigen aber mit einem freundlichen Lächeln begrüßt. Es kamen die üblichen Fragen, die man stellte, wenn man eben herausgeplaudert hatte, dass man mit jemandem zusammen war. Richard beantwortete freundlich und souverän die Fragen, als einer der Reporter dann jedoch subtil das Thema Homosexualität anschnitt, wanderten Richards Augenbrauen abschätzig nach oben und mit forschendem Gesichtsausdruck fragte er nach, wie der Reporter das jetzt gemeint hatte.
"Naja, Sie sind ja mit einem Mann liiert, also gehe ich davon aus, dass sie homosexuell sind oder zumindest bisexuell.", erklärte der Reporter und lächelte ein klein wenig verlegen.
"Dann muss ich Sie enttäuschen, beides nicht. Ich fühle mich nicht zu Männern hingezogen, aber zu Rune, das ist ein deutlicher Unterschied!", klärte Richard den Reporter auf und wirkte fast ein wenig verärgert.
"Also würden Sie sich als heterosexuell sehen, obwohl Sie mit Rune liiert sind?", hakte das weibliche Pendant des Reporters hinzu und bekam nun einen ähnlichen Blick von Richard zugeworfen.
Zuerst wollte Richard eine bissige Antwort geben, doch dann fiel ihm etwas besseres ein.
"Machen Sie das doch unter sich aus. Aber wenn Sie mich zitieren, dann bitte auch dieses: Geschlechterrollen und Klassifikationen sind antiquiert.", antwortete Richard, lächelte und entfernte sich mit Rune dann von den beiden, um sich am Büfett gütlich zu tun.

Runes Fluchtplan wurde sofort abgelehnt und für einen kurzen Moment versteinerte sein Grinsen. So ein Mist, so einfach würde er also nicht der Meute entkommen! Ganz besonders verlockend an Nassau fand er nämlich den Umstand das dort niemand Richard kannte. Der Cyborg nickte unsicher als Richard den Ausflug auf später verschob, dabei wollte er doch jetzt das Land verlassen! So lange hatte er sich nun gewünscht das Versteckspiel zu beenden und jedem zu zeigen das Richard nur ihm gehörte. Jetzt war es soweit und ihn beschlich langsam die Panik. Wieso sollte er sich einen Ruf aufbauen wollen? Er bevorzugte es wenn nicht jeder wusste wer er war und sich ein Medien geprägtes Urteil über ihn verfasste. Das kannte er nämlich schon zur Genüge. Er wusste das Richard sein Ansehen nur verbessern wollte, doch es war ihm trotzdem unheimlich und das Wort „anständig“ mochte er schonmal gar nicht.
Deswegen klammerte er sich nicht nur an Richards Hand fest als sie sich schließlich den Journalistengeiern stellten. Schon bald hatte auch seine freie Hand zu Richard gefunden und umklammerte seinen Oberarm während er ihm das Reden überließ und misstrauisch die Menge musterte die jetzt nicht nur über Richards Privatleben sondern auch seines herfielen. Dabei wurde ihm bewusst das sie ein Stück ihrer heilen Welt aufgegeben hatten, doch das war unabdingbar wenn sie zusammen in der richtigen Welt bestehen wollten. Richard wirkte dabei so selbstbewusst. Runes Urinstikte die auf Flucht eingestellt waren versteckten sich hinter einem maskenhaften, unsicheren Lächeln. Gleichzeitig ärgerte er sich weil er genau wusste das er gerade dabei war das Bild eines devoten Sugar Babes zu vermitteln und das war bestimmt nicht das was er wollte. Andererseits besaß er nicht wirklich ein Talent für Anständigkeit, deswegen war er es Richard schuldig zumindest in dieser Situation die Klappe zu halten.
Natürlich dauerte es nicht lange bis ein bestimmtes Thema angeschnitten wurde; Homosexualität. Damit mussten sie sich wohl anfreunden. Mit Richards Erklärung meldete sich Runes alte Angst wieder das er ihm auf Dauer nicht ausreichen könnte und das er irgendwann doch einer Frau den Vorzug geben könnte. Er schämte sich wegen diesem Gedanken, denn eigentlich traute er Richard das nicht zu andererseits war diese Befürchtung nun einmal da. Sie würden ihr Leben lang mit diesem Stempel leben müssen, er hoffte wirklich dass das Richard nicht irgendwann zu viel wurde.
Was ihn allerdings am meisten aufregte war das die Frage ueberhaupt erst auf den Tisch kam. Was ging die Presse Richards sexuelle Vorlieben an? Das hatte ja wohl nur ihn zu interessieren! Er stimmte der letzten Mitteilung seines Liebsten bedingungslos zu; hier wurde mit einem veralteten Mass gerechnet! Sonst traute sich ja auch niemand nach intimen Vorlieben zu fragen.
Die Aussage hatte Runes Zunge gelockert und seinen Tatendrang angestachelt. „Würden sie auch die Queen fragen ob sie auf Fesselspielchen steht? Ich hoffe nicht, das geht sie immerhin nichts an.“ ,brummte Rune den beiden Reportern mit einem Stirnrunzeln entgegen als er sich von Richard wegziehen ließ. Seine Frage war provokant, aber das sollte sie auch sein. Immerhin waren sie gerade in einen ähnlich intimen Bereich vorgedrungen . Es war an der Zeit dass das von Gesellschaft auch so gesehen wurde.  
Immer wieder warf Rune einen unsicheren Blick über seine Schulter und kontrollierte ob sie verfolgt wurden. Leider erspähte er dabei jedes Mal neugierige Augen die auf eventuelle Bruchstellen in ihrer Beziehung lauerten. Schließlich verkauften sich Skandale viel besser als die Geschichten von einem glücklichen Liebespaar. „In ein, zwei Generationen werden die Menschen endlich kapiert haben das es etwas völlig normales ist wenn zwei Männer sich ineinander verlieben. Dann wird es keinen mehr interessieren wer welche sexuelle Präferenzen hat.“ ,seufzte der Cyborg als er sich kopfschüttelnd an Richard wandte. Er lächelte scheu. "Wir müssen uns noch damit rumschlagen, aber wir tragen auch dazu bei das es für alle die danach kommen einfacher sein wird.  Das ist irgendwie...beruhigend zu wissen.“ Natürlich war er es leid sich für seine Liebe zu rechtfertigen und das würde nun noch viel mehr werden, aber immerhin hatte es einen Sinn. „Wenn wir zueinander stehen ebnen wir damit anderen den Weg.“ ,versuchte er sich selbst Mut zu zusprechen. Seine unsicheren Schulterblicke verrieten jedoch das er sich immer noch wie ein eingeengtes Tier fühlte. Er fasste sich ein Herz und führte Richards Hand vorsichtig an seine Lippen. Dort verweilte er einen Moment und schien nachdenklich. Als er den Blick schließlich hob glimmte eine kleine Flamme in Runes unsicheren Augen; Stolz. „Das war ziemlich mutig von dir.“ Er hatte nicht vergessen das er selbst Jahre gebraucht hatte um offen zu dem Thema zu stehen. Erst jetzt wurde ihm wirklich bewusst wie bemerkenswert es war das Richard sich jetzt schon traute damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Er hingegen musste sich hinter provokanten Aussagen verstecken.

Richard hatte einen Blick über die Schulter zu Rune geworfen, als er ihn von den geiernden Aasfressern wegzog. Dabei schnappte der Weißhaarige einen erzürnten Satz von Rune auf, den er allerdings nur halblaut im Gehen vor sich hin gemurmelt hatte. Richards Mundwinkel zuckten für einen Moment amüsiert nach oben. Am Büfett angekommen bediente Richard sich bei dem Odeuvre, hielt allerdings ziemlich bald inne, als er Runes Hand an seinem Oberarm spürte. Sein Blick zu Rune verriet ihm, dass dieser immer noch ziemlich nervös war, ja fast schon ängstlich. Richard nahm seinen Arm aus Runes Griff und legte ihn dann beruhigend um Runes Schultern, um ihm im nächsten Augenblick einen gefüllten Champignon in den Mund zu stecken und dabei zu grinsen, als hätte er gerade einen Streich gespielt.
Runes Gerede von der Zukunft nahm der Weißhaarige hingegen eher gemischt auf. Einerseits klang das schon gut, dass sich vielleicht etwas ändern könnten, unter anderem auch wegen ihnen beiden, allerdings hatte Richard bisher noch nicht so weit gedacht und hatte es auch nicht unbedingt vor.
"Ehrlich gesagt, das interessiert mich jetzt nicht so wirklich. Ich sehe mich auch nicht als Vorreiter der homosexuellen Bewegung. Ich will nur nicht mehr Versteckspielen und vor allem klar machen, dass wir zusammen gehören. Sorry, wenn ich nicht so weit denke, wie du annimmst, so edel bin ich dann doch nicht.", gab Richard zu und steckte sich nun ebenfalls einen gefüllten Champignon in den Mund, um ihn dann mit einem Schluck Sekt herunter zu spülen.
Daraufhin wirkte sein Blick nachdenklich und nicht gerade glücklich. Er hatte nicht gewusst, dass Rune das Ganze in so großen Kreisen sehen würde und dass er ihn mit seiner Antwort nun wahrscheinlich etwas enttäuscht hatte. Freie Sexualität für jeden, ja, aber Richard war definitiv nicht schwul und sich dann als Galionsfigur dieser Bewegung ausgeben kam für ihn schlichtweg nicht in Frage. Trotzdem stand er zu der Wahrheit und die war ihm auch wichtiger als alles andere. Er wusste, dass er die Menschen nie ändern können würde, sie würden irgendwie immer über Dinge und Menschen urteilen, die anders sind als sie selbst. Obendrein gab es genug Idioten, die noch mehr Idioten in die Welt setzten und damit miese Trends wie diesen durchaus fortsetzten. An Idioten würde es nie mangeln.

Rune lächelte still. Richards Arm schien ihn zumindest ein bisschen von der Menge abzuschotten, dabei provozierte er damit eigentlich sogar noch mehr Aufmerksamkeit. Er fühlte sich noch immer so als wäre jedes Augenpaar im Raum auf ihn gerichtet, aber nun wirkte es eher als wäre ein Glasscheibe dazwischen. Er kam sich vor wie ein Tier im Zoo und nicht mehr ganz so sehr wie ein eingekesseltes Beutetier. Richard versuchte ihn offenbar mit etwas Essen abzulenken und für einen kurzen Augenblick funktionierte das sogar. Aber nur weil er dabei so furchtbar niedlich grinste!
Das Grinsen verschwand mit Runes Worten jedoch alsbald wieder und die Sorge meldete sich. Richard wollte vielleicht kein Vorreiter sein, aber in seiner Position würde er zwangsläufig einer werden. Auch wenn es ihm nicht darum ging war es doch genau das was er vermittelte, Normalität. „Auch wenn du andere Absichten hast macht es das nicht weniger mutig“ ,beharrte Rune hartnäckig. „Darum geht es doch. Allen mitzuteilen das sie gefälligst die Finger von dir zu lassen haben weil du nur mir...mir gehörst.“ Fast! Fast hätte er es geschafft eine selbstbewusste Aussage zu machen ohne ins Straucheln zu geraten, aber auf der Zielgeraden merkte er wie sich seine Wangen erwärmten. Der Cyborg biss sich auf die Unterlippe und blickte zu Boden um sich kurz zu fangen. Wenn er solche Besitzansprüche in Zukunft öfters vor anderen Leuten machen wollte musste er das definitiv noch üben.
Nach diesem äußerst peinlichen Anflug von juveniler Schüchternheit erhob er mit neuer Zuversicht wieder den Blick. „Du gehörst zu mir und ich gehöre zu dir, etwas anderes hat niemanden etwas zu interessieren. Nicht was davor war und auch nicht welches Banner am besten dazu passt.“ Das war allerdings etwas das er selbst noch lernen musste, denn Rune hatte schon wieder die Frage auf der Zunge gelegen ob es Richard nicht lieber wäre wenn er eine Frau wäre. Er wurde das Gefühl einfach nicht los das er sich wegen dem Geschlecht seines Liebhabers schämte. Egal wie oft er sich auch schalt dass das unsinnig war weil er sich gerade vor einer großen Menschenmasse zu seiner Liebe bekannt hatte, die Befürchtung blieb in seinem Hinterkopf. Schließlich war es zuvor immer so gewesen und er bekam langsam das Gefühl das er sein Glück überstrapazierte.
Rune realisierte auch erst langsam was gerade überhaupt geschehen war und was das für ihre Zukunft bedeutete. Seine Mundwinkel krochen langsam aus ihrer vorsichtigen Reserve. „Das Ergebnis ist das was zählt und das...Herregud, jetzt nimm doch endlich hin das ich ziemlich beeindruckt von dir bin!“, platzte er endlich heraus und hoffte das seine Wangen nicht so warm aussahen wie sie sich anfühlten. Um seine Verlegenheit zu überspielen stieß er mit seinem Ellenbogen Richard neckisch in die Seite. In der gleichen Bewegung legte er die Hand auf die auf seiner Schulter damit er bloß nicht auf die Idee kam sie dort wegzunehmen. „Selbst wenn du eigentlich ein anderes Ziel hattest und mich garantiert nur komplett überrumpeln wolltest.“ Rune riss die Augenbrauen in die Höhe  und versuchte sich an einem vorwurfsvollen Blick, seine Mundwinkel verrieten ihn jedoch. Ob Richard bewusst war das er mit seiner Schlüsselübergabe einen halben Herzinfarkt bei ihm ausgelöst hatte? Ja, war das vermutlich sogar seine Absicht gewesen?

Für einen Augenblick verschwand Richards Lächeln und mit großen erstaunten Augen schaute er Rune verdutzt an, als dieser eine richtig selbstbewusste Ansage machte, dann aber gleich darauf hochrot anlief. Richards Wangen folgten dem Beispiel und während sie immer röter wurden, hoben sich seine Mundwinkel langsam zu einem freudig breiten Lächeln. Aber noch bevor Richard etwas ermutigendes sagen konnte, fing Rune sich selbst und überraschte seinen Liebsten damit noch einmal innerhalb kürzester Zeit. Richard lachte, als Rune fast schon etwas schnippisch hinzufügte, dass er doch gefälligst hinnehmen sollte, dass er beeindruckt von ihm war. Das neckische Stoßen ließ ihn nur weiter lachen.
Allerdings verstummte das Lachen, als Rune von überrumpeln sprach und Richard nach ein paar Sekunden einfiel, dass es nur eine Sache an diesem Abend gegeben hatte, mit der er Rune überrumpelt haben könnte. Ihm fiel erst in dieser Sekunde ein, dass Rune vielleicht nicht wegen dem Schlüssel fast einen Herzstillstand erlitten hätte, sondern wegen dem, was vielleicht sonst noch da drin hätte sein können. Richards Lippen wurden zu einem schmalen Strich und seine Augen groß wie Teller, während er hochrot anlief und dann fast schon schüchtern den Blick auf die Schnittchen vor sich senkte.
"Ich ähm...", begann er und versuchte eine Ausrede zu finden oder ein anderes Thema.
Schließlich kam ihm in den Sinn, was er nun sagen konnte, anstatt das heikle Thema anzusprechen.
"Also eigentlich müsstest du nur meine Hand nehmen und damit sollte eigentlich schon klar sein, dass ich dir gehöre. Das hier ist allerdings etwas... besser als dass man uns irgendwann heimlich fotografiert und dann über unser Verhältnis spekuliert. Dann sage ich lieber gleich die Wahrheit und dann weiß ab jetzt eben jeder, dass wenn du meine Hand nimmst, das nichts anderes heißt als: Das ist mein Liebster und den nimmt mir niemand weg.", meinte Richard und blickte etwas verlegen lächelnd zu Rune.

Jetzt hatte Rune es tatsächlich geschafft Richard in Verlegenheit zu bringen und ein kleines bisschen freute er sich über diesen Racheakt. Schließlich hatte er ihn ziemlich aus der Bahn geworfen. Allerdings wurde jetzt auch deutlich das es tatsächlich keine Absicht gewesen war. Rune stutzte. War Richard wirklich nicht aufgefallen was für ein Bild er vermittelt hatte? Oder konnte es sogar sein das seine eigene Phantasie Amok gelaufen war? Herregud, warum waren seine Gedanken ausgerechnet in diese Richtung gerannt? Die hatten dort doch eigentlich überhaupt nichts zu suchen. Ein schönes betretenes Schweigen hatte er da beschworen!
Zum Glück fing Richard bald darauf wieder an zu sprechen und sorgte dafür das Rune sich nicht noch weiter verirrte. Unruhig wurde der Cyborg durch den Gedanken das hinter ihnen garantiert schon spekuliert wurde weshalb sich das junge Paar für einen Moment wie zwei aufgeschreckte Hühner angeblickt hatte. Naja, oder eher wie ein prächtiger Hahn mit weißem Gefieder und ein seltsamer einbeiniger, schielender Gockel. Vielleicht wusste jetzt jeder wie es um ihr Verhältnis zueinander bestellt war, aber Rune war sich ziemlich sicher dass das der Klatschpresse nicht ausreichte. Er mochte die Vorstellung überhaupt nicht das jede seiner Gesichtsregungen analysiert werden könnte. Genauso durchleuchtet fühlte Rune sich nämlich im Augenblick.
Er rief sich ins Gedächtnis das es in diesem Raum aber ohnehin nur einen Menschen gab dessen Urteil ihm wichtig war und auf diese Person fokussierte er nun seine Aufmerksamkeit. Nicht darauf was morgen in der...nein, nein, nicht dran denken!
Zumindest musste er sich jetzt hoffentlich nicht mehr darum sorgen das irgendwelche balz lustigen Hühner seinen Partner umwerben würden. Der Gedanke die Hoffnung in ihren Augen sterben zu sehen wenn er Richards Hand nahm gefiel ihm ausgesprochen gut. „Ohne visuellen Beweis würde mir das auch niemals jemand glauben.“ ,scherzte Rune mit einem Lächeln das genauso schief wie der Polizeibericht den er gestern verfasst hatte. „Andersrum musst du dir wohl sowieso keine Sorgen machen, ich glaube du stehst mit deiner Geschmacksverirrung ziemlich alleine da.“ Mit einem scherzhaften Zwinkern versuchte er sich selbst von seinem Unbehagen abzulenken. Dieses hatte natürlich die ungewohnte Aufmerksamkeit zur Ursache und nicht den Inhalt seiner Aussage. Rune hatte sich nie für eine Augenweide gehalten und insbesondere jetzt wo er einen Mann an seiner Seite hatte der von diesem Anblick seltsam angetan schien stand er seinem äußeren Erscheinungsbild gleichgültiger den je gegenüber. Darüber könnten seinetwegen sogar die Klatschblätter spekulieren. Seine Befürchtung war eher das sie seine alten Geschichten ausgraben und Richard damit belasteten würden. Die Anflüge von Unbeschwertheit verschwanden aus Runes Zügen und er strich nachdenklich über Richards Handrücken. Sein Blick richtete sich auf einen blinden Punkt nur wenige Zentimeter davon entfernt. Er wollte wirklich nichts auf das Gerede geben, aber gleichzeitig hörte er die Schatten der Vergangenheit an die Tür klopfen.

Rune schien das ganze mit einem etwas bissigen Humor zu nehmen, was das alt bekannte Thema implizierte. Richards amüsiertes Lächeln wurde etwas schwächer und sein Gesichtsausdruck ernster.
"Es ist überhaupt nicht unvorstellbar, dass ich mich in dich verliebt habe und wir zusammen gehören. Ich erinnere dich nur zu gerne daran, dass ich früher mit langen Haaren und 10-Tagebart rumgerannt bin. Außerdem weiß ich wirklich nicht, was du hast: Ich finde dich unfassbar attraktiv. Das hier ist sicher nicht nur, damit keine auf die Idee kommt mich anzubaggern, während ich mir bei dir da keine Sorgen machen muss. Ich mache mir aber Sorgen. Nicht, weil ich dir zutrauen würde mit einem anderen abzuhauen, aber...", argumentierte Richard und blickte dann etwas nachdenklich auf das Glas in seiner Linken, "...ich liebe dich und wenn ich das öffentlich mache, dass wir zusammen sind, dann ist die Chance geringer, dass das hier jemand kaputt macht. Vor allem, weil dann jeder weiß, dass wir zusammen sind und sich jeder Eindringling darauf freuen kann dann von der Presse zerfleischt zu werden."
Richards freie Hand um Runes Hand wurde fester und er lächelte seinem Liebsten versöhnlich zu. Er wollte keinerlei negative Gedanken bei Rune zulassen, auch wenn das im Moment nicht der passende Ort und die beste Situation dafür war. Trotzdem wollte er, dass Rune sich niemals schlecht fühlte und vor allem nicht wegen sich selbst, denn er war ein verdammt guter Mensch und in Richards Augen nicht weniger attraktiv als er selbst. Vor allem aber tat es ihm weh zu merken, welche Botschaft über sein Selbstbild er zwischen Runes Zeilen lesen konnte. Vielleicht war es genau das, was ihn dazu angetrieben hatte dieses neue, ideale Bild von ihm zu entwerfen, das er zuerst leider auf falsche Weise versucht hatte bei Rune hervor zu bringen. Trotzdem konnte Richard dieses Bild nicht einfach so aufgeben, nicht weil er Rune unbedingt verändern wollte, sondern weil er ihm helfen wollte der Mann zu sein, den er schon so lange in ihm sah.

Wenn man immer wieder die gleiche, ablehnende Reaktion aus seinem Umfeld erfuhr, insbesondere in der kritischen Teenagerzeit, färbte sie irgendwann auf das Selbstbild ab. So erging es Rune mit seinem äußeren Erscheinungsbild. Jedes Mal wenn er sein Spiegelbild sah glänzte ihm die Erinnerung entgegen das etwas nicht mit ihm stimmte. Manche wollten begeistert einen Blick auf seine Prothesen werfen, andere waren entsetzt, angewidert oder hatten Mitleid. Wie sie reagierten war Rune gleich, denn im Grunde sahen sie alle vor allem eines in ihm; einen Freak. Damit hatte er sich abgefunden. Richard schien als Erster wirklich hinter die Fassade geblickt zu haben und war von dem was er vorgefunden hatte so fasziniert, dass er nicht mehr daran dachte was für eine beschädigte Gestalt Rune eigentlich war. Dieser Gedanke färbte Runes Wangen rot und ließ sein Lächeln schüchtern werden. Er war so verdammt froh über Richards verdrehten Geschmack und hoffte dass das auch so blieb. Der Gedanke, dass er irgendwann merken könnte, dass das was er gesehen hatte vielleicht gar nicht existierte war furchtbar, niederschmetternd....nein, nein daran wollte er nun wirklich nicht denken! Irgendwie hatte er es geschafft diese hellblauen Opale für sich zu gewinnen und die wollte er nun nicht mehr hergeben.
Der Cyborg versuchte seine eigene Nervosität zu leugnen, indem er frech zwinkerte. So eine einfache Geste sollte er doch hinbekommen. Lid schließen, einen Moment warten und wieder öffnen. Das bekam man sogar mit angespannten Nerven hin. Aber...was war eigentlich eine angemessene Zeit um das Auge geschlossen zu halten? Fy Faen i Helvete, Rune hatte das Gefühl den Moment hoffnungslos überstrapaziert zu haben. An ein lässiges Schulterzucken traute er sich also lieber nicht heran. „Ich bin dennoch eindeutig derjenige mit der besseren Aussicht in dieser Beziehung!“, beharrte Rune mit einem verlegenen Grinsen. In welcher verkorksten Realität sollte er bitte mit jemand anderes abhauen, wenn er schon mehr hatte als er sich jemals gewünscht hatte? Fast war er versucht darüber zu lachen. Er tat es allerdings nicht weil die Eindringlinge auch ihm Sorgen machten. Er wusste nur zu gut, wie viel Gerede kaputt machen konnte, allerdings war er wild entschlossen sich dieses Mal nicht davon beeinflussen zu lassen.
„Außerdem warst du garantiert selbst mit Bart und langen Haaren schon die schönste Schöpfung seitdem die erste Mondwinde ihre Blüte geöffnet hat.“ ,ergänzte Rune neckend und büßte damit seine hart erkämpfte Contenance wieder ein. Sofort fingen seine Wangen wieder an zu glühen. „..und wenn nicht hätte ich dann zumindest mal geradeaus denken können, ohne ständig an deinem Gesicht kleben zu bleiben.“ ,gestand der feuerrote Cyborg murmelnd. Manchmal wünschte er sich wirklich das Richard nicht so verflucht attraktiv wäre, Rune war sich ziemlich sicher, dass das an seiner Zuneigung nichts ändern würde aber vielleicht wäre er dann nicht so leicht aus der Fassung zu bringen wie jetzt. Rune wollte an seinem Glas nippen und erinnerte sich daran dass das bei Richards Ankündigung ja zerbrochen war. Geistesabwesend blickte er in die Richtung. Eine blonde Frau mit breitem Grinsen und die garantiert niemand eingeladen hatte, schien darin die Chance gesehen zu haben ihn anzusprechen. „Mr. S235?“ Sie war die Erste die ihn direkt ansprach und nicht Richard als sie sich einen Weg durch die Menge wuselte. „Rune, einfach nur Rune.“ ,korrigierte er zähneknirschend und festigte seinen Druck um Richards Hand. Er wollte seinen Liebsten gerade in eine andere Richtung drängen, da sagte das Weib etwas, das ihn verwundert zusammen zucken ließ. „Was sagen sie dazu das ihr Ex in letzter Zeit ziemlich oft mit einer Priesterin gesehen wurde?“ Rune starrte die Frau ungläubig an und hatte deutliche Schwierigkeiten zuzuordnen von wem sie redete. Er hatte keinen Ex, erstrecht keinen der der breiten Masse bekannt....Oh! Ein Date das mit einer ziemlichen Enttäuschung endete und danach als Video in der Stadt die Runde machte reichte also aus um von einem Ex zu sprechen? Er hatte wirklich keine Ahnung von Beziehungen. An den blonden Spinner hatte er in letzter Zeit immer seltener gedacht. Selbst der Wunsch ihn aus der Stadt zu graulen um Cadysas Flora und Fauna vor seinen Bauplänen zu beschützen war langsam in den Hintergrund gerückt. Das er jetzt mit einer Priesterin ausging verhärtete das Bild, das er von dem Ingineur hatte nur. Verhärtet hatte sich auch Rune Stimme, als er zu einer zynischen Antwort ansetzte. „Vielleicht schafft er es ja mit dem Herren an seiner Seite zu sich zu stehen.“ Er war also auch nicht ein Kirchgänger...das passte gut zu einem verblendeten Eisklotz, der keinerlei Notiz von seiner Umwelt nahm. „Das tangiert mich nicht mehr. Aber wenn sie meine Meinung wirklich wissen wollen: Es wäre wünschenswert, wenn er erstmal sein Alkoholproblem in den Griff bekommt bevor er mit jemanden ausgeht.“ Wenn man sich ständig den Verstand vernebelte war es nämlich kein Wunder, das man achtlos auf seiner Umgebung herum trampelte. Eine Ausrede war das natürlich bei weitem nicht.
Rune nutzte die Gelegenheit das die Blondine plötzlich einen Block hervor gezaubert hatte, um sein Zitat festzuhalten, um Richard ein Stück von ihr wegzuschieben. „...und schon geht’s los...“ ,brummte Rune geknickt, während er Richard am Buffet entlang schob. Die Augen hielt er dabei vor lauter Scham gesenkt. Schon wurden die alten Geschichten ausgepackt und das war nur ein Ereignis, das noch nicht einmal lange zurück lag. Was würde passieren wenn herauskam das tiefer unten noch viel mehr lagerte? Beschämt wich Rune Richards Blick aus, klammerte sich aber umso fester an seiner Hand fest. „Tut mir leid...“ Alles zu teilen, galt leider auch für die Dreckwäsche, auch wenn Rune das seinem Liebsten gerne erspart hätte.