Jaydens Zimmer

Als er aufstand war sie unendlich froh darüber, denn dies war besser, als wenn sie einfach schweigend nebeneinander saßen und darauf warteten, dass der andere etwas sagte! Dies war einfach nerven aufreibend! Selbst wenn er nun das Zimmer verlassen würde oder sie rauswerfen würde, woran sie nicht wirklich glaubte, denn wenn er wirklich nicht bei ihr sei wollte, dann wäre er schon längst gegangen oder hätte sie fort geschickt. Nein… das würde er nicht tun… zumindest nicht jetzt! Sie war trotzdem schon gespannt, was er denn vorhatte und beschloss, als er schließlich anfing aufzuräumen ihm dabei zu helfen. Sie nahm sein Jackett und las die sogfältig geschriebenen Buchstaben. Irgendwie gefiel ihr der Name. Jayden… aber nur in dieser Schreibweise! Die Junge aus der Schule war mit seinem ewigen Geheule und Gejammer nicht zum aushalten gewesen! Eigentlich verband sie mit diesem Namen nichts Gutes…  Er war schließlich der Grund dafür, dass sie sich heute hier befand! Aber dieses eine ‚y‘ schien Welten zu verändern! Nicht nur, dass es sich um ihren Lieblingsbuchstaben handelte, sondern gab es dem Namen gleich eine ganz andere Wirkung – fand die Halbdämonin! Jayden…
Dieser verkrampfte sich etwas, als sie den Namen aussprach. Warum? Es war doch bloß ein Name? Sie verstand es nicht. Für Jane war ein Name ein Name, dieser konnte schön sein oder auch nicht, gewöhnlich oder ausgefallen, aber eine Wirkung hatte er nicht, fand sie. Schon hatte er sich wieder entkrampft. Und murmelte ihren Namen… Okay irgendetwas schien doch daran zu sein, dass Namen Magie haben, so recht wusste sie es nicht… Er schlug die Augen nieder, blieb vr dem Kleiderschrank stehen immer noch das blütenweiße Hemd in der Hand. Sie ging auf ihn zu. Das Jackett in den Händen, wurde langsamer…. Und schob sich vor sichtig an ihm vorbei zum Schrank. Dort nahm sie sich einen Bügel und hängte das Kleidungsstück in den Schrank. Dort waren noch weitere Anzüge zu finden, alle von den Bügeln gerissen. Oh Gott!!
Ohne sich etwas anmerken zu lassen drehte sie sich wieder zu dem jungen Mann herum und nahm ihm sanft das Hemd ab, wobei sie ihm beinahe zufällig über die Finger strich. Sie sah zu ihm auf, zögerte einen Moment. Ihr Blick war unergründlich.
Dann drehte sie sich um, legte das Hemd zusammen und verstaute es zu den anderen in den Schrank, wobei sie sich ein wenig bückte und ihm dabei zum zweiten Mal ihr hübsches Hinterteil präsentierte. Sie würde wohl noch einmal von vorn anfangen…  
Dann wandte sie sich ihm wieder zu, seine Krawatte schlackerte an ihrem Handgelenk und nervte sie ein wenig. Sie streifte es ab, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang das Band um seinen Nacken. Dabei zog sie ein wenig daran, um sich beim Knoten nicht so überstrecken zu müssen! Sie konnte einen Krawattenknoten. Hatte sie irgendwann einmal gelernt, warum auch immer, jedenfalls war sie jetzt recht froh darüber! Schon war er fertig, als sie ihn hoch schob berührten ihr Finger, dieses Mal völlig unabsichtlich, seine Kehle. Sie zog sie schnell wieder zurück. Bloß nichts überstürzen!!
Dann schaute sie aus dichten Wimpern zwischen pinken Strähnen aus flüssig Goldenen Augen zu ihm auf.

Jane war aufgestanden und hatte begonnen ihm beim Aufräumen zu helfen. Jayden war in Gedanken… Er hatte nun schon so oft angefangen ihr etwas sagen zu wollen… Es würde nicht funktionieren mit den beiden. Es konnte nicht funktionieren. Er wollte es sagen, er wusste nur nicht wie. Er fand keine passende Formulierung für diese vernichtenden Worte, die aber notwendig waren um den ganzen Unfug hier zu beenden. Er konnte den offensichtlich verwirrten Gefühlen der Schülerin nicht helfen, sie benötigte ganz offensichtlich ärztliche und psychologische Hilfe. Oder war es etwas, was tiefer ging? Was zwischen ihnen existierte ohne das zur Debatte stand, ob sie Schüler und Lehrer waren? Der Altersunterschied war nicht groß genug um sicher zu sein, dass das Mädchen eine Art Komplex hatte. Und er selbst hatte ja auch Gefühle verspürt – die er sich natürlich nicht eingestand. Weil es irgendwie nicht normal war. Obwohl es sich so natürlich angefühlt hatte…
Er hielt das weiße, sauber zusammengefaltete Hemd in seinen rauen Handflächen und hatte den Blick gesenkt als er in Gedanken bei der Pinkhaarigen in seinem Rücken war. Er hörte sie herum räumen, sie seinen Namen sagen. Er wusste sie hatte sein Zucken registriert. Er war so empfindlich… Kein Wunder, dass er nach außen stets eine Fassade bewahrte, es schützte ihn. Zumindest erhoffte er sich diese Wirkung.
Auf einmal war Jane direkt neben ihn, seine grünen Augen weiteten sich. Sie leuchteten leicht im Dunklen. Er fixierte sie als sie sich einen Bügel nahm und sah, wie sie mit sanften, feinfühligen Fingern sein Jackett ordentlich im Schrank aufhängte. Da stand sie, wie eine Göttin drehte sie sich zu ihm um und ihre goldenen Augen trafen auf seine, ihre Haare mit der ungewöhnlichen Haarfarbe fielen ihr in samtenen Wellen auf die Schultern. Ihr Blick war unergründlich, Jaydens dagegen quellte nur so über vor Unsicherheit. Dann, das Mädchen kam ihm näher… Er merkte gar nicht wie er sich auf einmal aufrichtete und die Schultern anspannte. Sie hatte seine Krawatte in den Händen… Dann schlang sie mit einer eleganten, geübten Handbewegung den samtenen Stoff um den schlanken Hals des Drachen, wobei sich bei diesem die Sehnen etwas anspannten. Er fühlte sich unglaublich unwohl in dieser Situation, sie waren sich schon wieder so nah… Und sie roch so verdammt gut… Er stand stocksteif da und rührte sich nicht, sein Blick war sanft aber auch unschlüssig und er behielt ihn auf das Mädchen gerichtet, das sich nun daran machte ihm die Krawatte festzuziehen. Sie machte den Krawattenknoten als hätte sie ihr Leben lang nie etwas anderes getan, was den Lehrer beeindruckte. Sie stand auf Zehenspitzen um an seinen Kragen zu gelangen, was sie auch musste, so kerzengerade wie er da stand. Und als sie den Knoten hochschob spürte Jayden die zarte Berührung ihrer Fingerspitzen an seinem Hals, ihm lief ein Schauer den Rücken hinunter. Man konnte deutlich sehen wie er angespannt schluckte und sich sein Kehlkopf dabei einmal hochbewegte. Er sah sie angespannt an. Obwohl sie mit ihm fertig war stand sie immer noch so nah bei ihm, und dann erhob sie auch noch den Blick…
Gott, das musste enden. So konnte das doch nicht weitergehen, was stellte dieses Mädchen nur mit ihm an. Eben lag noch so etwas wie Zuneigung und Zärtlichkeit in seinem Blick, im nächsten wieder die Wut. Trotzdem war seine Hand vorsichtig, als er sie sanft an der Schulter berührte um sie ein Stück beiseite zu nehmen. Er beugte sich dann an ihr vorbei und hob eine beigefarbene Anzugjacke auf, die auf dem Boden des Schrankes gelegen hatte, dann trat er zwei Schritte zurück und wandte sich von der Schülerin ab. Sein Blick wanderte durch das Zimmer, er sah sich an wie viel noch unordentlich war. Es war eine ganze Menge. Egal, wenn er abschließen würde käme Niemand herein um das Chaos zu sehen. Er musste sich jetzt einen freien Kopf holen und sich dringend von dieser Faszination hinter sich ablenken, damit sie aufhörte ihn zu faszinieren.
Ein Blick zu Jane und er schwang sich sehr elegant die Jacke um die Schultern, bevor er sie sich überzog. Sie war schneidig und betonte seinen schlanken aber gut geformten Körperbau, was die Eleganz seines Aufzugs noch unterstrich. Er warf einen Blick in den kleinen Wandspiegel neben dem Sofa und richtete sich kurz die Haare, sodass sie nicht länger aussahen wie das Nest eines Vogels sondern ihm in Strähnen in die Augen fielen. Für mehr als eine unordentliche Frisur hatte er keine Zeit, er wollte ja gehen, aber das er keine bestimmte Frisur trug gab ihm etwas wildes. Sonst hatte er die Haare meist nach hinten getragen. Er bemerkte, dass es ihm ein jüngeres Aussehen gab. Für seinen Lehrerstand war das nicht gerade optimal, um sein junges Alter zu überspielen kleidete er sich ja auch stets so elegant, aber aktuell war das nicht sein größtes Problem.
Er wandte sich, endlich wieder schick zurecht gemacht wie er ansonsten ja auch immer war, zu Jane um und sah sie mit seinem strengen Lehrerblick an. Er hatte seine Mauer wieder aufgebaut. Alle vermeintlichen Gefühle für sie waren dahinter verschwunden.
„Jane, ich werde jetzt gehen. Ich verstehe dich nicht wirklich und ich weiß du würdest dich gern aussprechen, aber das alles hier… ist sehr verwirrend für mich. Bitte versteh, dass ich nicht dulden kann mit einer Schülerin in solchen Verhältnissen gesehen zu werden.“ Er machte eine kurze Pause, distanzierte sich von ihr und es klang als würde er rein gar nichts für sie empfinden und nur mitfühlend sein weil sie sich in ihn verliebt hatte, als er hinzufügte: „Mach dir keine Hoffnungen. Das hätte nie funktioniert.“ Damit öffnete er seine Zimmertür, griff nach dem Zimmerschlüssel der auf der Kommode gelegen hatte und stellte sich in die Tür. Eine elegante Geste mit dem Arm: Ladys first.
Er hatte es nicht nur Jane gesagt sondern auch sich selbst. Durch sie hatte er auch zu sich gesprochen, er hatte es sich nur nicht anmerken lassen – vielleicht wurde er sie ja los indem er ihr das Herz brach. Hoffentlich war sie jetzt wütend auf ihn, dann war das Thema vergessen. Er bemühte sich ihr nicht in die Augen zu sehen während er darauf wartete, dass sie den Raum verließ, denn dann wäre er vermutlich wieder weich geworden...

Tbc: Schulgebäude - 1. Stock Gang

Inzwischen fing es in ihren Augen an ein wenig besser zu laufen. Er hatte sie nicht sofort rausgeschmissen, womit der schwierigste Teil hinter ihr lag, und schien es auch jetzt nicht vor zu haben. Sie saßen nebeneinander auf dem Bett, sie schwiegen sich zwar an aber immerhin versuchte er auch nicht mehr sie ab zu wimmeln. Und dann, als er schließlich aufstand, hatte sie für einen kleinen Moment Angst er würde sie nun doch hinaus werfen! Aber er tat es nicht! Er räumte auf, sie half ihm dabei, wobei sie ihn sogar ein wenig aus der Fassung zu bringen schien! Das freute sie ungemein, auch wenn sie noch nicht ganz dahinter kam was an ihrem Handeln es war. Sein Name löste bei ihm eine ungeahnte Verkrampfung der Muskel n aus, die sich jedoch sofort wieder entspannten.  Woran das wohl lag? War es einfach die Tatsache, dass es damit ein wenig persönlicher wurde oder war da etwas in seiner Vergangenheit gewesen? Sie wusste so wenig über ihn! Nicht einmal, WAS er überhaupt war! Er hatte Hörner: Wow! Die hatten nur leider Dämonen, Satyre (Als den sie ihn nicht einschätzte) und wer weiß was noch alles! So konnte sie nicht einmal in eine Richtung denken, in die sein Verhalten führen würde. Sie würde mehr herausfinden müssen.  Und das würde sie hoffentlich wohl auch noch…
Sie nahm dem vollkommen Verträumt guckenden Lehrer das Hemd aus der Hand und verstaute es im Schrank, bevor sie sich daran machte ihm die Krawatte um den Hals zu binden. Er sah verdammt unsicher aus. Hatte er denn kaum Erfahrung auf diesem Gebiet? Das schien ihn absurd, denn in ihrer Welt hatte es bisher kaum etwas anderes als Party, fummeln, Saufen, Sex, Drogen und heiße Flirts gegeben.  Er schien aus einer so fernen Galaxis zu kommen, wenn man dies so betrachtete…  kein Wunder also, dass er so unsicher war, allerdings verstand Jane dies nicht wirklich. Sie knotete einfach seelenruhig weiter ihren Knoten, als hätte sie nie etwas anderes getan, während Jayden schwer schluckte und die nerven vollkommen am ende hatte. Und doch schaffte er es sie zärtlich anzusehen, sie freute sich darüber. Besser hätte es nicht laufen können!

Und dann veränderte er sich Schlagartig. Der Blick des süßen Lehrers wurde abweisend… Wütend! Er schob sie sanft beiseite, doch hätte er sie genauso gut von sich stoßen können. Es hätte denselben Effekt auf sie gehabt. Sie starrte ihn an. Vollends verwirrt. Was war denn jetzt los? War sie schon weder zu weit gegangen? Dabei hatte sie nicht einmal Anstalten gemacht ihn zu küssen! Sie hatte ihm bloß die Krawatte umgelegt! Und es hatte ihm doch gefallen?! Und jetzt was war jetzt los??
Er griff wahllos in den Schrank und schnappte sich ein elegantes Jackett, das super gut an ihm aussah und richtete sich die Haare, die ihm nun, wie einem ihrer Ex-Freunde ins Gesicht vielen.  Sie starrte ihn immer noch an, wusste gar nicht genau, was passiert war. Sie hatte den Überblick verloren. Was war los?
Und dann ging er zur Tür. Öffnete sie und warf sie hinaus. Man warf sie raus! Sie! Jane! Jane Yuelá McCassy! Das Dämonenmädchen! Man setzte sie vor die Tür! Und das nicht zum ersten Mal in den letzten zwei Tagen…
Sie merkte gar nicht, wie ihre Fassade bröckelte und in ihr die Tränen  aufstiegen. Das erste Mal… seit sie aus der Hölle zurückgekehrt war. Sie wusste das brennen in ihren Augen gar nicht mehr wirklich zu deuten. Sie stand da, starrte ihn an, als hätte er ihr ins Gesicht geschlagen. Er hatte sie aus einem wunderschönen Traum gerissen, in dem ihre Pläne aufgingen und sie nach Hanse zurückkehren konnte… Und nun warf er sie einfach raus! Einfach! Nein! Das konnte nicht sein! Sie ließ sich nicht einfach rausschmeißen! Nicht ohne, dass es folgen hätte! Das war ein Angriff auf ihr Ego! Nicht von ihm! Sie straffte die Schultern starrte ihn an, mit einem feuchten Streifen über ihre rechte Wange, den sie gar nicht bemerkte, zog eine Augenbraue hoch. „Du wirfst mich raus!“ ein deutlich überheblicher Tonfall. Als sie an ihm vorbei stolzierte sagte er es. Diese Worte… Äußerlich prallten sie an ihr ab, wie an einer zehn Meter dicken Betonwand mit Gummieinmalge, doch innerlich trafen sie sie…
„Das wird Folgen haben….“, zischte sie. Welcher Art wusste sie noch nicht genau, aber dass es welche haben würde, war so sicher, wie das Armen in der Kirche. Dann verschwand sie mit hoch erhobenem Kopf  das Gebäude ohne sich auch nur noch einmal umzugucken.

Tbc: ???