Richards & Runes Penthouse

Richard grinste breit, als er sah wie Rune auf seine Worte hin anfing rot anzulaufen. Oh, er war so süß, aber er durfte das Wort nicht allzu oft sagen. Rune hatte etwas dagegen als süß bezeichnet zu werden, das war ja sowas von unmännlich. Irgendwie hatte es Richard nie verstanden, warum ein Mann nicht auch süß sein konnte. War man nicht automatisch süß, wenn man jemand anderem etwas Gutes tat oder romantisch war? Jetzt waren Männer also gefühlskalt oder was? Richard hatte das noch nie verstanden, diese Wortklauberei. Er lief jedes Mal rot an, wenn ihn jemand süß nannte. Er sah das stets als Lob, aber Rune tickte da wohl anders. Ihm fiel wieder ein, dass er sich eigentlich eine Alternative für dieses Wort ausdenken wollte, um Rune damit zu bombadieren.
„Ja, das wäre schön. Dann könnte ich sicher stellen das die armen Hecken auf der Terrasse in Frieden wachsen dürfen.“, meinte Rune und brachte Richard damit zum Lachen.
Dann stieß Rune ihm auf einmal mit dem Ellenbogen in die Seite und Richard starrte ihn an, als hätte er ein Sakrileg begangen.
"Sag mal, willst du Ärger oder was?", fragte Richard etwas empört und fing dann an Rune zu kitzeln und damit so schnell auch nicht mehr aufzuhören, "Du willst dich also mit dem Meister der guten Ordnung und Sitte anlegen?"
Er steckte sich seinen Pfannkuchen in den Mund, nahm dann auch seine zweite Hand hinzu und beugte sich immer weiter über Rune, während er ihn überall mit seinen Fingern traktierte.

So einfach war es also von Verlegenheit abzulenken. Stattdessen wurde Rune nun sogar provokantes Verhalten vorgeworfen. Er wollte also Ärger weil er sich für seine begrünten Freunde einsetzte? Aha! So war das also! Sofort war seine Verlegenheit vergessen, ebenso wie seine Sorgen. Stattdessen wurde sein Verstand von der süßen Qual, dem diabolischen Peiniger über ihm und den verzweifelten Versuch nicht zu lachen während er sich unter Richards Finger krümmte gelähmt. Meister der guten Ordnung und Sitte? Von wegen.
„Du meinst wohl Foltermeister!“ ,rief Rune aus der sich von seiner Pein nicht vom Kämpfen anbringen ließ, auch wenn das eskalierende Lachen von seinem nahenden Niedergang kündete. Zumindest schaffte er es eine der Waffen seines Gegners in seinen stählernen Griff zu bekommen, sodass die Angriffe nur noch halb so schlimm waren und es leichter war ihnen auszuweichen.
„Oder wie würdest du dich fühlen wenn du versuchst dich zu entfalten und immer wieder zurecht gestutzt wirst?“ Das entschlossene Funkeln in seinen Augen signalisierte seine Kampfbereitschaft obwohl er unter Beschuss stand. Denn er kämpfte nicht für sich, er kämpfte für das Recht der Unterdrückten die sich nicht selbst verteidigen konnten.... und dafür das er in Frieden weiter frühstücken konnte! Aber wenn sein Angreifer so weiter machte würde es ihm nie gelingen sich genug Bewegungsfreiheit zu erobern um ihn mit einem Kuss außer Gefecht zu setzen!

„Du meinst wohl Foltermeister!“, rief Rune als Erwiderung und lachte, während er versuchte Richards Hände los zu werden.
Eine konnte er mit seiner Stahlhand festnageln, aber die andere war noch frei und wendig genug für alle Stellen.
„Oder wie würdest du dich fühlen wenn du versuchst dich zu entfalten und immer wieder zurecht gestutzt wirst?“, fügte Rune hinzu und auf einmal hielt Richard inne.
Offensichtlich gespielt nachdenklich ließ er von Rune ab und setzte sich auf. Sein Pfannkuchen hing ihm immer noch aus dem Mund, also biss er ein Stück ab und sprach dann erst.
"Also muss ich die Büsche draußen auch ersetzen? Schatz, wenn du so weiter machst wird das ganz schön teuer für mich.", meinte er und lachte dann, weil ihm auf einmal einfiel, was ein übertriebener Umweltfreak hier alles noch beanstanden könnte, "Am Ende willst du sicher noch den Kühlschrank abstellen lassen und dafür eine Speisekammer bauen lassen oder mein Haushälter muss dann mit der Hand waschen oder warte, ich nutze ja Strom, aber dann musst du aufs Standfahrrad springen!"
Richard krümmte sich vor Lachen, dass er schließlich sogar den Pfannkuchen wieder zurücklegen musste, damit er nicht das ganze Sofa damit einsaute.

Obwohl Rune errötete als Richard ihn Schatz nannte (daran hatte er sich noch immer nicht gewöhnt und sein Herzschlag drohte ihn von seiner Mission abzulenken) runzelte er vielsagend die Stirn. Richard sollte jetzt bloß nicht anfangen ein Argument in den Kosten zu suchen. So einfach würde er da nicht raus kommen! Er nutzte den kurzen Moment in dem Richard mit essen ablenkt war. „Du könntest zumindest damit aufhören ihnen die Äste abzuschneiden zu lassen. Wie würdest du es finden wenn dir jemand die Haare abschneidet weil er es ästhetischer findet?“
Dabei hatte Richard doch selbst so gute Ideen! Mit jedem seiner Vorschläge grinste Rune breiter sodass das gequälte Lachen bald von ehrlicher Freude abgelöst wurde. „Das klingt wundervoll!“ ,verkündete er und ließ unheildrohend die Augenbrauen hüpfen. Doch vor allem das Letzte war es wovon er schmerzlicherweise selbst anhängig war. So weit würde sein Liebster nicht gehen müssen. Er ließ sich davon das er diese Kriterien selbst nicht erfüllte nicht auf trübe Gedanken bringen. Nicht während Richard über ihm kniete und mit ihm über das Schicksal seiner Raumdekoration verhandelte. „Aber es würde schon vollkommen ausreichen wenn hier keine Pflanzen mehr gefoltert werden.“ ,schlug Rune versöhnlich vor. Sein Grinsen war dabei so zuversichtlich das klar deutlich wurde das kein geringeres Angebot akzeptieren würde. Plötzlich wurde auch seine unbarmherzige Hand die Richards im eisernen Griff hielt ganz zärtlich und streichelte sanft über seinen Handrücken.
„Ich kümmere mich sowieso darum, egal ob ich dein Einverständnis habe.“ ,hauchte er seinem Liebsten entgegen und biss sich auf die Unterlippe. Er versuchte abermals ein Lachen zu unterdrücken, allerdings hatte es dieses Mal nichts mit den Angriffen auf seine Seiten zu tun.[/color]

Rune schienen Richards Ideen leider auch noch zu beflügeln, anstatt ihm deutlich zu machen wie bescheuert diese waren. Richard hatte zwar keine Ahnung davon, ob der Gärtner den Büschen Äste abschnitt, aber irgendwie konnte Richard sich das nicht so recht vorstellen. Die Triebe vielleicht, aber Äste waren ja dick und außerdem ließen sich Menschen gerne die Haare schneiden, was wohl nicht ganz auf seinen Liebsten zutraf.
"Hm, wie wäre es, wenn ich dich demnächst zum Frisör mitnehme und wenn du dabei Schmerzen fühlst, wenn sie dir deine Locken zurecht stutzen, dann werde ich am selben Tag noch den Gärtner anrufen und ihn bitten Büsche zu besorgen, die klein bleiben.", schlug Richard schließlich vor, "Aber bevor du mir da die Kübel über den Balkon runter schmeißt okay? Ich will keine Anzeige kriegen, weil du einen Passanten erwischt hast."
Er hoffte inständig, dass Rune nicht wirklich so dumm war bzw. so gedankenlos, um so etwas wirklich zu tun. Seinetwegen konnte er Richards Zimmerpflanzen entführen, die waren mittlerweile sowieso alle aus Plastik, aufgrund des letzten Streits darüber, aber die Büsche draußen? Er liebte diese Büsche! Ihr frischer Duft strömte immer herein, wenn er die Türe öffnete und wenn er draußen saß fühlte es sich nicht ganz so an, als würde er mitten in der Stadt in einem Betonkasten sitzen. Dafür war ja auch das Holz da draußen. Oh je, dafür würde er wohl demnächst auch noch Ärger kriegen. Aber... hier war so vieles aus Holz. Ja, wenn man es genau nahm dürfte man ja überhaupt nichts in die Richtung besitzen. Nein nein, also Richard war ja noch einverstanden mit den Pflanzen, aber er würde Rune ganz sicher nicht so walten lassen, dass er hier Waschmaschine, Spülmaschine, Fernseher, Kühlschrank, Computer usw. verteufelte oder sogar selbst ersetzte. Jetzt erfasste Richard doch etwas Bedenken was ihr mögliches Zusammenleben angehen könnte und er schwor sich nichts mehr in die Richtung zu erwähnen bis er sich wirklich sicher war, dass er nach dem Zusammenzug nicht eines Tages in eine leere Wohnung kommen würde.

Erschrocken weiteten sich die Augen des Cyborg als er Richards Worte hörte. Auf den seiner Meinung nach ziemlich weit hergeholten Vergleich mit dem Frisör musste der später eingehen. Etwas anderes brannte ihn grade viel mehr auf der Seele.
„Wie...wieso sollte ich Pflanzen von einem Hochhaus runter werfen?“ Zuerst schien Rune verwirrt, ja fast schon entsetzt. Dann schob er beleidigt die Unterlippe vor. „Glaubst du ich bin ein Monster? Die armen Büsche!“ Also wirklich, wieso traute Richard ihm so etwas zu? Ein Sturz aus so einer Höhe würde selbst eine Hecke nicht unbeschadet überstehen.
War es denn wirklich so absurd das er den Anblick von Gewächsen das in eine völlig unnatürliche Form gedrängt wurden nicht ertrug?
„Wir reden hier von lebendigen Wesen und sie akkurat zu stutzen nimmt ihren ihre ganze Schönheit. Wenn die armen Dinger schon nicht im Wald sein können dann lass sie wenigstens wachsen. Das bisschen Freiheit sollten ihnen noch vergönnt sein. Immerhin filtern sie die Luft die wir atmen, da haben sie es zumindest verdient das wir ihnen nicht ins Handwerk pfuschen.“ Während Rune sprach wurde seine Stimme immer leidenschaftlicher.
In Ordnung, dann ging er eben Kompromisse ein...wenn auch nur mit einem schlechten Gewissen. Aber er konnte zumindest dafür sorgen das der Anblick erträglicher wurde. „Dann kann ich mich vielleicht damit abfinden... aber nur weil du es bist!“ ,betonte Rune mit einem mahnenden Blick. Wozu Liebe einen nicht alles brachte...

Vielleicht hatte Richard für einen Augenblick doch zu extrem gedacht. Rune wirkte nämlich richtig geschockt von seiner Frage. Trotzdem musste Richard über seine Reaktion lachen. Allerdings hatte er Rune damit getriggert, denn der begann eine flammende Rede zu halten, während Richard sich weiter Pancakes reinschob. Zumindest ließ sich Rune darauf ein zu verhandeln.
"Also würdest du wirklich mit zum Frisör gehen, nur damit ich die Büsche draußen austauschen lasse?", fragte Richard überrascht nach und begann breit zu grinsen, "Ich schwöre, wenn du dir ohne Aufstand die Haare schneiden lässt, schleppe ich die blöden Dinger höchstpersönlich aus der Wohnung."
Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Rune Frisöre hasste, zumindest sprach seine wilde Mähne stark davon. Ob er sich selbst die Haare schnitt, wenn sie mal gar zu lang wurden? Wie sah das wohl aus? Die Frage war auch, ob Runes Haare mit etwas weniger Länge auch so lockig waren oder sogar noch mehr? Jetzt wollte Richard ihn unbedingt zum Frisör schleppen. Er hätte es ja auch selbst gerne gemacht, aber so ganz traute er sich dann doch nicht zu.

Das mit dem Frisör war tatsächlich ernst gemeint gewesen? Sollte das ganze wirklich doch so einfach sein? Der Cyborg zuckte mit den Schultern. Frisörbesuche waren für ihn wie Termine beim Zahnarzt. Nicht erfreulich, aber hin und wieder notwendig. „Eigentlich war ich erst vor...“ Er runzelte die Stirn als er zurück rechnete. „...zwei Monaten beim Frisör. Ich gehe meistens hin wenn sie Kinnlänge erreichen und vollkommen außer Kontrolle geraten.“ Dann flogen sie ihm nämlich ständig im Gesicht herum. Aber eigentlich hatten sie im Moment eine Länge bei der sie ihm nicht im Weg waren, warum war Richard jetzt so epicht darauf ihn zu einem Haartrimmer zu schleppen?
„Was...was hast du vor?“ Jetzt sah Rune schon fast ein bisschen ängstlich aus. Warum grinste Richard so? Gefielen ihm seine Haare nicht so wie sie waren? „Du...du weißt das man einen Haarschnitt in dem Gestrüpp sowieso nicht sieht?“ ,harkte er er nach. Er griff sich in seine pechschwarzen Haare um mit den Fingerspitzen eine der Locken gerade zu ziehen. Als er sie wieder los ließ sprang die Strähne sofort in ihre ursprüngliche, stark gewellte Form zurück. „Siehst du?“ Jetzt grinste der Norweger wieder, denn ihm war etwas eingefallen. „Aber eigentlich...mag ich meine Haare so wie sie sind. Während meiner Ausbildung habe ich das letzte Mal versucht nicht wie ein Pudel auszusehen. Glaub mir, der Kampf ist aussichtslos! Das war während meiner Zeit im Halden Gefängnis. Willst du Fotos von damals sehen?“ Rune war schon dabei Ausschau nach seinem Handy zu halten, konnte es aber nicht gleich erspähen, bestimmt lag es noch bei seiner Gitarre. Wäre ja auch mal etwas Neues gewesen wenn er sein Handy auf Anhieb gefunden hätte.

"K-Kinnlänge?", entfuhr es Richard mit ungewöhnlich hoher Stimme und er starrte Rune fassungslos an.
Er war ja tatsächlich so ein Hippie, wie er angenommen hatte. Andererseits hatte er nicht ganz Unrecht. Im Gegensatz zu Richards Haaren waren die von Rune wirklich etwas, das man mit Gestrüpp vergleichen konnte. Obwohl er es noch nicht zu extrem fand, es waren immerhin nicht diese Minilöckchen, sondern eher starke Wellen. Nichts, was man nicht mit einem anständigen Kamm bändigen konnte, aber natürlich war das eigentlich Runes eigene Sache. Wobei...
"Hm... also ich mag die Wellen und ich würde sterben für dein Volumen, aber ich glaube, wenn man die Seiten etwas kürzen würde und nur ein wenig mit Gel arbeiten würde, sähest du richtig scharf aus. Und es würde nicht all zu viel Mühe machen. Müsstest halt nicht nur einmal im Quartal zum Frisör.", meinte Richard und lachte dann leicht.
Rune begann nach seinem Handy zu suchen, weil er da offenbar ein paar interessante Fotos parat hatte.
"Oh ja, zeig mir den lieben Jungpolizist Rune.", spornte Richard ihn an und freute sich schon einen halben Ast ab, weil er wusste, dass er sich irgendwann diese Fotos stibitzen würde.

Wie bei vielen anderen Dingen dachte Rune praktisch wenn es um seine Haare ging. Wenn sie störten mussten sie ab, ansonsten ließ er sie einfach wuchern. Das schien Richard schon fast zu schockieren. Die Vorschläge was er gerne mit seinen Haaren anstellen wollte quittierte Rune mit einem Schulterzucken, denn er sah schlicht nicht den Sinn dahinter sich auch nur ein bisschen mehr Mühe als nötig damit zu machen. Aber mal sehen, wenn es Richard so viel bedeutete... „Wozu sollte schärfer aussehen wollen?“ ,fragte er beiläufig. Viel lieber kümmerte er sich darum sein Handy zu suchen und Richard die Fotos zu zeigen die er sehen wollte. Er richtete sich auf und hängte sich über die Rückenlehne in der Hoffnung von dort aus den Platz am Fenster zu erreichen. Aber egal wie weit er sich auch über die Lehne beugte und den Arm ausstreckte es nützte einfach nichts. Er würde am Aufstehen nicht vorbei kommen oder vom Sofa fallen. Also erhob sich der Cyborg schließlich und schaute Richard noch einmal mit leicht geröteten Wangen über die Schulter an. Er grinste. „Immerhin habe ich bereits den einen Mann an meiner Seite den ich mir unten allen anderen aussuchen würde.“ Es stimmte einfach, noch nie hatte er sich zu jemanden so hingezogen gefühlt wie zu Richard. Wozu sollte er jetzt noch andere Leute mit seiner Optik auf sich aufmerksam machen wollen?
Rune ging hinüber zu seiner Gitarre und fand dort tatsächlich sein Handy. Es musste ihn gestern aus der Tasche gerutscht sein. Zufrieden setzte er sich wieder zu Richard und fing an mit dem Finger über den vielfach gesprungenen Display zu wischen. „Ich hätte auch nichts dagegen wenn du ein kleines bisschen weniger scharf wärst.“ ,murmelte er. Dann müsste er vielleicht nicht eilig an den zahlreichen Fotos vorbei scrollen die er heimlich von seinem Liebsten gemacht hatte. Diese ganzen Augenblicke in denen Richard ablenkt gewesen war und den Rune die Chance genutzt hatte um den Anblick festzuhalten. Beim Schlafen, beim Autofahren....Herregud, das war eigentlich ziemlich peinlich. Obwohl...er brauchte sich nichts vorzumachen, er hätte diese Fotos auch gemacht wenn sein Partner nicht eine herausragende Augenweide gewesen wäre. Gedankenverloren kuschelte Rune seine Wange an Richards Schulter als er die Unmengen von Fotos durchsuchte. Er besaß dieses Handy schon seit Ewigkeiten und entsprechend war es um den Bilderordner bestellt. Er wischte vorbei an Momentaufnahmen aus seinem Leben, Schnappschüssen von zahlreichen Pflanzen die aus Betonritzen wucherten und vor allem schneebedeckten Landschaften die sich gelegentlich mit einigen grünen abwechselten und so von den kurzen Jahreszeitenwechseln zeugten. Er schmiegte sich sanft an den Stoff unter seiner Wange. Das konnte jetzt ein bisschen dauern, schließlich trennten ihn auf dieser medialen Reise noch einige Jahre von seinem Ziel.

Rune fragte Richard wozu er denn überhaupt schärfer aussehen sollte und Richard wollte schon erwidern für sich selbst, aber damit würde er ja wiederum implizieren, dass Rune etwas für sich selbst wollen sollte, dass er ja offensichtlich nicht wollte. Also lächelte er einfach und ließ Rune weiter sein Handy suchen, wobei er sich allerdings so weit über die Lehne beugte, dass Richard schon wieder versaute Gedanken bekam. Schnell aß er weiter und lief ein bisschen rot an, während er sich vorstellte, was er jetzt am liebsten gemacht hätte.
"Ich habe bereits den einen Mann an meiner Seite, den ich mir unter allen anderen aussuchen würde.“, begründete Rune seine Entscheidung nachdrücklich noch einmal und Richard wurde unfassbar rot.
Er wusste gar nicht, was er darauf antworten sollte. Er wollte natürlich Rune wieder als süß bezeichnen, aber das sollte er sich langsam wirklich abgewöhnen.
„Ich hätte auch nichts dagegen wenn du ein kleines bisschen weniger scharf wärst.“, meinte Rune, als er endlich sein Handy gefunden hatte und zum breit grinsenden Richard zurück kehrte.
Neugierig beugte der sich leicht zur Seite, um einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen. Materielles war Rune wohl wirklich ziemlich egal, denn sein Handy sah aus, als hätte es schon mehrfach Werwolfangriffe hinter sich. Die ersten Bilder ließ Richard besser unkommentiert, auch wenn es ihm ein bisschen peinlich war das erste Gesicht unter Runes Fotos zu sein. Rune scrollte weiter und begann sich irgendwann während dem scrollen durch diese Bilderflut an Richards Schulter zu lehnen. Kurz schaute dieser zu seinem Liebsten und wandte sich dann mit einem breiten Lächeln wieder den Bildern zu. Es war wie ein Fototagebuch von schönen Momenten, wobei es hierbei nicht um die typischen Momente ging, die Leute sonst immer mit Schnute direkt vor der Linse festhielten, sondern Dinge, die sogar Richard fotografiert hätte. Pflanzen, die aus Betonritzen wuchsen und Landschaften in verschiedenen Jahreszeiten. Es war schön sich diese Bilder anzusehen und sich dabei ähnlich wohl zu fühlen wie der Erschaffer, der sich im Moment an ihn schmiegte.
Richard legte seinen Kopf an den von Rune und einen Arm samt Decke um seine Schultern, während sie weiter die Bilder betrachteten. Dabei genoss Richard jeden Augenblick, vor allem aber die Vermischung vom Hier und Jetzt durch Runes Geruch und Atem und der Vergangenheit durch die Fotos. Er hatte das Gefühl durch diese Bilder noch viel mehr über seinen Partner zu erfahren, als zich Worte dies hätten tun können. Nur einmal kurz nahm er den Kopf von Rune, um sein Gesicht in dessen Locken zu stecken und ihm zuzuflüstern wie sehr er ihn liebte, bevor er ihm einen Kuss auf die Locken drückte und dann wieder an ihn lehnte.

Rune wischte gerade an einem Bild von einem Elch der umgeben von schmelzen Schnee den Waldboden durchwühlte vorbei zu dem gescheiterten Versuch die Pracht der Polarlichter über den Umrissen einer kleinen Bergstadt einzufangen als ein sanftes Liebesgeständnis an sein Ohr drang. Eine leichte Gesichtsröte breitete sich bis zu Runes Nasenspitze aus. Das war unerwartet gekommen. Der Cyborg lächelte und spitzte die Lippen seitlich um damit rasch Richards Schulter zu berühren. „Ich liebe dich so sehr das ich dir ohne Scham meine peinlichsten Fotos zeige.“ ,gluckste er. Zumindest tat er das mit nicht allzu viel Scham. Rune fotografierte schon lange sehr gerne, das war eine der wenigen Errungenschaften der Technik die er schätze. Denn man konnte damit hervorragend seine Erinnerungen lebendig halten. Für Rune waren seine Erinnerungen sein wertvollster Besitz. Auch wenn er an Abschnitte wie den den er die ganze Zeit gesucht hatte eigentlich nicht allzu gerne zurück dachte. Daran war hauptsaechlich der schreckliche Kurzhaarschnitt Schuld den er damals getragen hatte. Seine schwarzen Haare waren nur wenige Zentimeter lang gewesen und kräuselten sich sogar noch viel schlimmer in alle Himmelsrichtungen. „Das war so ziemlich am meiner Ausbildung als ich noch bei der Schutpolizei war. Siehst du jetzt weshalb ich meine Haare gerne auf einer gewissen Länge behalte?“ Der gerade erst 18 Jahre alte Cyborg wirkte auf dem Bild viel zu jung und seine Gesichtszüge viel zu weich für die hellblaue Uniform die er trug. Mit weit aufgerissenen, verdutzten Augen schaute sein jüngeres Abbild in die Kamera. An seiner Seite grinste ein bärtiger Schrank mit mittelblonden, langen Haaren der sich offensichtlich zuvor das Handy geschnappt hatte um das Foto zu schießen. Rune betrachtete das Bild für einen Moment nachdenklich und runzelte die Stirn. „Damals haben wir im Gefängnis den Eurovision Songcontest geguckt. Das ist Ragnar...schräger Typ. Hat ziemlich schlimme Dinge getan und dafür verdammt lange eingesessen. In Halden hat er seine Leidenschaft fürs Töpfern entdeckt und vor ein paar Jahren hat er ein Tonwarengeschäft in Oslo eröffnet.“ Es war seltsam, aber vor einem Jahr war es für ihn noch absolute Normalität gewesen das Wächter und Häftlinge zusammen auf den Sofa saßen und fern sahen. Rehabilitation statt Strafe. Ein System das nach einem Jahr in der Fremde schon fast absurd und viel zu einfach klang.
Nach diesem kleinen Abstecher in seine prägenden Berufsanfänge hob er den Kopf von Richards Schulter um ihn grinsend anzusehen. „Verstehst du jetzt weshalb ich meinen Haaren möglichst wenig in die Quere zu kommen? Ich glaube manchmal die haben ein Eigenleben so wie der Tentakeldämon den ich vor ein paar Monaten in einer Psychiatriepraxis suchen durfte.“

„Ich liebe dich so sehr das ich dir ohne Scham meine peinlichsten Fotos zeige.“, antwortete Rune und lachte leicht, was Richard nur breiter Grinsen und roter im Gesicht werden ließ.
Als sie bei den Fotos endlich das richtige erreicht hatten, konnte Richard nur sehr schwer ein Lachen unterdrücken. Er presste mit aller Kraft die Lippen zusammen, während sein ganzer Körper vor Lachen begann zu zittern. Sein Atmen durch die Nase verriet ebenfalls, dass er nur schwer sein Lachen zurück halten konnte und vor allem obendrein auch noch seinen Lieblingssatz darüber, wie süß Rune war. Er wirkte wirklich verdammt jung und sogar noch unschuldiger als heute auf dem Foto. Seine kurzen Haare trugen dazu nicht unübersehbar bei. Scheinbar war es doch besser diesem süßen Gesicht einen gewissen, schwarzen Rahmen zu lassen.
Richard ließ Rune in Ruhe weiter erzählen, während er sich langsam wieder soweit fing, dass er zumindest grinsen konnte ohne gleich schallend zu lachen, auch wenn das Zittern seines Oberkörpers immer noch nicht abebbte. Das Zittern verschwand erst, als Rune erzählte, wie er vor ein paar Monaten einen Tentakeldämon in der Psychiatriepraxis gesucht hatte und diesen mit seinen Haaren verglich.
"Ich will dir eigentlich nicht widersprechen, aber ich finde deine Haare haben nichts von Tentakeln. Ich hab eigentlich eher an gewundene Wurzeln gedacht.", entgegnete Richard, nahm eine Locke zwischen Daumen und Zeigefinger, zog sie sanft ein Stück gerade und ließ sie dann wieder los.
Richard lächelte breit und wiederholte den Vorgang mit einer anderen Locke.
"Also ganz kurz würde ich dir auch nicht raten, aber ich für mich könnte sie nicht so lange tragen. Bisschen kürzer vielleicht. Wenn es dich nicht stört, ich finde es sieht ein wenig verwegen aus, wenn man sie stylt und wenn nicht wirkt es... verträumt. Irgendwie.", erklärte Richard und zog sich breit grinsend ein Stückchen von Rune zurück, während er die Schultern hoch zog und sich auf das Donnerwetter gefasst machte.

Während Rune von dem rauen Ragnar erzählte bemerkte er deutlich das Zittern neben sich. Richard musste sich eigentlich überhaupt nicht zurück halten, er sah doch selbst wie katastrophal seine Haare vor fünf Jahren noch ausgesehen hatten. Zumindest war Rune sich jetzt sicher das er einsehen würde das es besser war wenn man seine Haare einfach in Ruhe ließ.
Trotzdem gab Richard die Hoffnung das Chaos auf seinem Kopf dauerhaft in seine Schranken zu weisen nicht auf. Hva i helvete? Warum blieb er da so hartnäckig? Leider war nicht nur er hartnäckig.
Rune grinste über den botanischen Vergleich mit Baumwurzeln den er vor ein paar Tagen schon einmal gehört hatte. Seit wann war Richards Sprache denn so blumig wie....okay, den Gedanken vertiefte er lieber nicht während er an den Stuss dachte den er in den letzten Tagen ständig von sich gegeben hatte. „Siehst du? Einem Baum darfst du auch nicht die Wurzeln stutzen!“ Der Cyborg steckte frech seine Zunge heraus.
Seine Haare ließen ihn also verwegen aussehen...Blöderweise gefiel Rune dieses Adjektiv ziemlich gut. Es klang so wild! Nicht so weich wie....verträumt? War das eine Herausforderung? Der Cyborg sah es zumindest als eine! Blitzschnell überwand seine Hand die eben noch von Richard sorgsam aufgebauten Sicherheitsabstand und boxte ihm gegen die Schulter. Dahinter lag ungefähr so viel Kraft wie man für gewöhnlich beim Streicheln eines Kaninchens aufwendete. „Aber ich habe keine Lust ständig zum Frisör zu gehen.“ ,stöhnte er theatralisch. „Ich mag es nicht wenn irgendwelche Leute an mir herum grabbeln und dann auch noch versuchen belanglose Gespräche zu führen. Das Rauschen von Blättern im Wind bietet einem tiefsinnigere Konversationen als das! Außerdem wird dann bestimmt mein Nacken im Winter ganz kalt.“ Er wurde nicht müde seine resignierte Haltung zu seiner Frisur zu verteidigen, auch wenn ihm langsam die Argumente ausgingen. Inzwischen hatte auch der Rest von ihm den von Richard aufgebauten Abstand überbrückt. Sie waren sich jetzt wieder so nah das Rune seine Nasenspitze provokant mit seiner anstoßen konnte. Sollte dieses Opfer die einzige Möglichkeit sein die armen Hecken zu retten? War die Situation wirklich so auswegslos? „Du bist grausam!“ ,schmollte Rune, spitzte seine Lippen trotzig zusammen und funkelte seinen bösen Freund beleidigt an. Denn wenn der so weiter machte würde er Rune mit seiner teuflischen Art noch überzeugen!

Als Rune Richards Vergleich hernahm, um das Blatt wieder zu seinem Gunsten zu wenden, gab Richard mit einem Lachen auf. Er lachte abermals als Rune ihn für seine gewagten Worte an der Schulter boxte.
"Okay okay, ich gebe auf.", lachte Richard und hob resignierend die Hände, "Ich sage nie wieder was über deine Löwenmähne. Löwchen, Löwenzähnchen..."
Weiter kam er gar nicht, denn Rune beugte sich zu ihm hinüber und kam ihm so nah, dass sich ihre Nasenspitzen sogar berührten. Sofort wurde Richards Lachen und breites Grinsen zu einem normal ausgeprägten Lächeln degradiert. Er konnte Runes Atem auf seiner Haut spüren und seinem Liebsten so nah zu sein machte ihn jedes Mal schwach. In jeglicher Hinsicht.
„Du bist grausam!“, schmollte Rune und Richard begann breit zu grinsen.
"Und du ein Hippie.", antwortete er und biss sich dann auf die Unterlippe, "Vielleicht gefällt dir ja eher dieser Deal: Ich werde die Büsche ersetzen, ABER dafür gehst du mit mir zum Schwarz-Weiß-Ball im Crescent nächste Woche. Keine hochtrabenden Gespräche, keine nervigen Geschäftspartner, hoffe ich jedenfalls, sondern überwiegend schwerreiche, alte Säcke und ein paar junge Erben, die aber sowieso alle nichts von mir halten. Also die Gelegenheit für uns es noch einmal zu versuchen, aber auf Schwierigkeitsgrad Easy. Außer du willst über das ganze überhaupt nicht mehr reden, dann... vergessen wir das und ich lass dich mit sowas zukünftig zufrieden."
Zum Ende hin wirkte Richard richtig schüchtern. Er wollte lieber zukünftig auf weniger Feiern gehen, anstatt das von gestern noch einmal zu wiederholen. Sein Blick verriet dies nur allzu gut. Er gab sich selbst die Schuld und er bereute es immer noch und er hatte sich geschworen so etwas nie wieder zuzulassen. Da würde er lieber die nächsten drei Monate als Homo in jedem Käseblatt stehen, anstatt Rune noch einmal so etwas anzutun und damit auch seinem eigenen Herzen, das es einfach nicht ertrug Rune noch einmal so zu sehen.