Caféteria

Es hatte einmal jemand gesagt die Augen wären das Tor zur Seele. Sie hielt diesen Satz für Lyrisches Gesülze, allerdings musste sie leider zugeben, dass dies zutraf. Schon früh hatte sie gelernt in den Augen ihrer Mitmenschen zu lesen und gleichzeitig ihre eigenen zu verschließen. Das lesen gefiel ihr und sie konnte es! Zwar nicht bei jedem und auch nicht immer, es hing häufig vom Talent ihres Gegenübers ab, ob dieser das Verschließen beherrschte, oder nicht, doch im Großen und Ganzen konnte sie es. Ihre Gefühle aus ihren eigenen Augen zu verbannen oder zu verfälschen, fiel ihr dafür um so schwerer. Viel zu leicht bröckelte ihr die Fassade einfach so weg, wenn sie nicht die nötige Sicherheit hatte. Dann reichte ein einziges unerwartetes Wort und sie konnte es nicht mehr halten. Zum Glück bekam sie den Ausdruck in den Augen schnell wieder aufgebaut, allerdings konnte man dann für einen winzigen Moment ihre Wahren Gefühle sehen. Und das hasste sie. Abgrundtief! Dadurch war sie so verletzlich, so angreifbar! In der Hölle hatte es sie immer wieder zum Opfer gemacht und deshalb verabscheute sie es. Aus diesem Grund trug sie immer entweder Sonnenbrille, oder ihre Basecap, die sie tief ins Gesicht ziehen konnte. Zur not tats auch die Kapuze eines Pullis, oder einer Jacke, doch zu diesen griff sie seltener. Am liebsten hatte sie ihre Sonnenbrillen, von denen sie mehrere besaß.
Allerdings wusste sie auch um die Wirkung, die ihre Augen auf andere machen konnten. Das hatte sie oft genug gemerkt! Vor allem die ungewöhnliche Farbe lenkte schnell ab, oder verwirrte ihr Gegenüber, allerdings war es nicht nur das, sondern einfach auch ihr Blick, der in jeder Hinsicht unbeschreiblich war. Er war…sehr speziell, wenn man es denn so ausdrücken konnte. Aus diesem Grund entschloss sich das Mädchen dann auch dazu die Brille ab zu nehmen, es würde ihr in ihrem Plan helfen, nur musste sie hoffen, dass sie sich im Griff hatte, was bisher größtenteils der Fall gewesen ist, weshalb sie sich schließlich überwand. Es hatte die gehoffte Wirkung auf den Lehrer. Einen Moment blieb er starr, bevor er sich hastig über seinen Salat her machte. Ein zufriedenes verziehen der Mundwinkel konnte sie sich nicht verkneifen, doch konnte er dies nicht sehen, da sein Blick starr auf den Salat gerichtet war.
Als sie ihm die Hand reichte schien er verwirrt zu sein, bevor er lachen musste. Jane musste sich eingestehen, dass es ein angenehmes lachen war. Rau und tief. Er hatte einen festen Händedruck, den sie mit ihrem, für ein Mädchen doch recht kräftigen erwiderte.
Er war, wie erwartet neu. Aber sie hätte nicht gedacht, dass er GANZ neu wäre. Hm… aber was verstand er unter ganz neu? Erster Tag? Zweiter Tag? Oder doch schon der Dritte? Aber Moment… heute war Montag. Normalerweise begannen Lehrer an einem Montag! Oha! Also ein ganz schöner Frischling, den sie sich da geangelt hatte! Na, umso besser! Sie war zufrieden mit sich. Da hatte sie einmal wieder den richtigen Riecher gehabt! „Freut mich Mr Sanders!“, sie ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. Leicht, sehr unauffällig. Wie alt mochte er sein?
Sein Salatteller war leer und er räumte ihn zwischen den beiden weg. Seine Hände lagen nicht sehr weit von ihren entfernt. Innerlich grinste sie. Das lief ja besser, als erwartet! Auf ihre Frage zögerte er einen Moment und sie sah ihm die Unsicherheit an, bevor er loslegte. Sie starrte ihn Staunend an und ihr Staunen war echt. Vier Fächer! VIER! Donnerwetter! Der schien ja ganz schön was auf dem Kasten zu haben! Auch die Fächer fand sie interessant. Kampfkunst? Rassenkunde? Sie hatte erwartet hier ganz normale Fächer zu haben, nur halt mit irgendwelchen speziellen Einrichtungen außerhalb des Unterrichts! Mit solchen Fächern hatte sie nicht gerechnet! Vor allem Kampfkunst klang sehr interessant!  
„Oha! Das sind viele Fächer! Aber sie klingen durchaus interessant!“ Naja außer Geschichte… dabei würden sie wohl dasselbe durchnehmen, wie an jeder anderen Schule auch!
„Wann würden sie denn Zeit haben, mich herum zu führen? Ich bin sehr gespannt auf die Klassenzimmer!“ Das war sie inzwischen wirklich! Schließlich waren es sehr interessante Fächer!

Es war inzwischen richtig angenehm geworden mit der Pinkhaarigen gemütlich in der Caféteria zu sitzen und sich nett zu unterhalten. So war es ganz anders gekommen als er erwartet hatte. Diese Seite der Miss McCassy war ihm äußerst zugesprochen und er mochte sie, fand sie sofort sympathisch. Sein Salatteller war bereits leer und er räumte ihn zur Seite, mittlerweile war er mit seiner Wichtigkeit in den Hintergrund gerückt.
Janes Augen hatten ihn bereits am gestrigen Abend nicht mehr loslassen wollen und dabei hatte sie da nur kurz ihre Sonnenbrille etwas herunter geschoben, nicht so wie jetzt. Wo sie ihm direkt gegenübersaß ohne irgendetwas auf der Nase. Er ertappte sich selbst dabei, dass er ab und zu bewusst versuchte ihren Blick einzufangen, nur um dann leicht beschämt wieder auf seine gefalteten Hände zu gucken und die Kaffeetasse im Auge zu behalten, damit er nicht merkwürdig herüberkam nur weil er die Augen einer Schülerin schön fand.
Der erneute Begrüßungshandschlag war richtig freundlich und Janes Hand war für ein Mädchen sogar recht kräftig. Jayden war nicht drum herum gekommen wegen ihrer kleinen Vorstellung leise Lachen zu müssen, aber es entspannte das Ganze nur noch weiter. Mittlerweile war jedes anfängliche Unwohlsein wie vom Winde verweht. Und als er dem Mädchen dann erzählte, wie viele Fächer und was für welche er Unterrichtete, erntete er dafür einen äußerst überraschten, aber in keinster Weise verachtenden Blick. Es schien sie tatsächlich zu faszinieren, er lächelte ihr dafür entgegen. Dann kam Zuspruch von ihr und sie sagte, dass es sehr interessante Fächer wären, sein Lächeln wurde nur noch breiter.
Gleich darauf versuchte er sich in seiner Lehrerhaltung etwas zurückzuziehen und nahm einen Schluck von seinem Kaffee, das Lächeln konnte er sich aber trotzdem nicht verkneifen. Er war sich nicht sicher ob er es süß fand, es war angenehm sie so zu sehen. Eine richtige Bezeichnung hatte er dafür nicht, er wollte sich aber daran hindern sich deshalb den Kopf zu zerbrechen, am Ende hatte sein Verhalten ganz andere Hintergründe und das wollte er nicht.
Kurz darauf fragte die Pinkhaarige, wann Jayden denn Zeit hätte sie herumzuführen, sie würde gern die Klassenräume sehen. Er schmunzelte, sie war auf einmal ganz heiß darauf sich das Schulgebäude näher anzusehen. Gestern schien sie wirklich nicht viel mitbekommen zu haben, da hatten sie sich aber auch nur das Nachtklassenhaus angesehen und waren an dem großen Schulgebäude bloß vorbeigelaufen.
„Wenn Sie möchten können wir gleich loslegen, ich habe bis heute Abend frei“, erwiderte er dann, trank danach seine Kaffeetasse aus und stellte sie zu seinem Salatteller. Es würde beides abgeräumt werden sobald sie die Caféteria verlassen hatten, was ihm an dem Service hier sehr gefiel. Einen Moment überlegte er welchen Raum sie sich zuerst ansehen konnten, dann beschloss er mit dem einfachsten Grundgerüst eines Klassenraums anzufangen: Dem Geschichtsraum. Er spiegelte im Grunde das Aussehen jedes anderen Klassenraumes wider, den es an der Akademie gab, bloß das die anderen noch mit fachspezifischen Dingen ausgestattet waren. Geschichte war schließlich ein rein theoretisches Fach, da gab es nicht viel was dem Unterricht an Geräten nützlich sein konnte. Der Geschichtsunterricht verlief hier trotzdem etwas anders als an normalen menschlichen Schulen, als so mancher neue Schüler sich denken mochte.
Er erhob sich kurzerhand, richtete seine Krawatte und bedeutete Jane dann, aufzustehen. „Lass uns zuerst einen Geschichtsraum begutachten, er zeigt das Grundgerüst der Klassenräume der Schule.“ Er fixierte mit seinen grünen Augen bereits den Ausgang der Caféteria. „Wenn Sie mir bitte folgen würden“, sagte er dann und lächelte das Mädchen einmal an, bevor er sich auf den Weg machte und vorweg ging.

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Ihren Plan durchzuführen  war leichter, als erwartet. Immerhin war das ganze eine spontane Idee gewesen und alles improvisiert! Kein bisschen durchgeplant! Doch die Zweifel waren scheinbar unbegründet gewesen, stellte sie hoch zufrieden fest. Schon bevor sie ihre Brille abgenommen hatte, hatte sie eine leichte Nervosität an ihrem Gegenüber feststellen können, doch nun war dies beinahe überdeutlich für sie. Immer wieder spürte sie die Mintgrünen Augen auf sich gerichtet, als sie den Blick erwiderte sah er beschämt weg. Perfekt! Besser konnte es gar nicht laufen! Hinter ihrer Fassade wurde ihr selbstgefälliges Grinsen immer breiter. Sie hatte den ersten teil geschafft! Er war nervös! Und außerdem würde er sie herum führen. Das würde dem nächsten Schritt sehr entgegen kommen…  
Sie hatte durchaus ihren Spaß an diesem Gespräch, vor allem, da er durch seine Manierliche Art relativ gut zu beeinflussen war. Mit solchen Menschen zu spielen machte ihr sehr viel Spaß, wenn auch unberechenbarere eher eine Herausforderung  waren und so mehr reize boten. Ja, es war alles ein Spiel für Jane. Ein Spiel, das sie konnte und in dem sie an den Fäden zog und ihre Menschen zu Marionetten machte, ohne, dass diese etwas davon mitbekamen. Und sie liebte dieses Spiel. Vor allem das, das sie jetzt mit Mr ‚Streifenhörnchen‘ Sanders zu spielen gedachte. Er sollte ihre Marionette sein, eine Puppe zum Zweck, die sie nach gebrauch einfach wieder in ihre Ecke zurück werfen konnte, wenn sie keine Lust mehr hatte, oder ihre Aufgabe getan war. Und seine Aufgabe würde es sein ihr zu helfen von dieser Schule zu fliegen…
Sie liebte es ihre Mitmenschen zu manipulieren und auszunutzen, ob andere von ihrem Spiel schaden nahmen, war ihr egal, vollkommen egal. Und Sanders würde schaden nehmen…
Sie war doch höchst überrascht, als er eine Zahl von Fächern aufzählte, die er unterrichten würde. All ihre Überraschung nutzte sie um sie in ihre Roe in ihrem eigenen Spiel zu lenken. Erst später ließ sie zu, dass ihre Schattenseite die Oberhand über diese Angelegenheit übernahm und ihr erklärte was für ein Nerd der doch sein musste, allerdings war das Thema zu diesem Zeitpunkt schon wieder vom Tisch. Das er intelligent war, war ihr schon aufgefallen, aber dass er gleich so versessen auf seinen Job war, dass er gleich vier Fächer unterrichten musste, so interessant sie auch sein mochten, das verstand sie ganz und gar nicht. Unverständlich!  Allerdings zuckte ihr Unterbewusstsein darüber nur die Achseln, denn ihr konnte es ja egal sein, solange er damit nicht nervte. Dann würde sie Prioritäten setzen müssen.
Als sie ihn fragte, wann es denn losgehen könne war sie schon nicht mehr ganz so begeistert über die Fächer, würden sie (außer Kampfkunst) noch mehr Theorie bedeuten, allerdings ließ sie sich das nicht anmerken, sondern folgte ihm begeistert zum Geschichtsraum, in dem die Führung wohl starten sollte…
Inzwischen schien er seinen Lehrer wieder gefunden zu haben, denn Mr Sanders drückte sich wieder sehr…gewählt aus oder altmodisch, oder wie man das nennen konnte. Begutachten! Komisches Wort… Wenn er spaß dran hatte….bitte.

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