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Domizil der El Nagil´s

vAnonymous
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Es ging sicher nicht nur mir so, dass es irgendwie weh tat, wenn ich daran dachte, dass Lagi und ich eines Tages getrennter Wege gehen würden. Auch er machte ein verdrießliches Gesicht und kaum merklich zuckte mein rechter Mundwinkel. Wir waren uns eben doch verdammt ähnlich und standen uns seltsamer Weise auch unglaublich nahe. Ich glaube mich nicht daran erinnern zu können, dass Lagi und ich uns jemals gestritten hätten ... Immer wenn ich von Freunden hörte, wie schrecklich ihre Geschwister waren, konnte ich mir das absolut nicht vorstellen. Wir hatten tatsächlich nie irgendwelche Probleme gehabt ... Vielleicht lag es ja hauptsächlich daran, dass wir keine Eltern mehr besaßen und allein klarkommen mussten? Außerdem hatten wir nie einen Grunde gehabt, uns zu streiten ... keiner von uns war jemals ungerecht behandelt worden oder war weniger begabt als der jeweils andere, was ihn irgendwie hätte herunter ziehen können. Auch die Tatsache, dass er sowohl auf Herren, als auch auf Damen stand hatte mich nie wirklich interessiert und ich hatte nie wirklich ein Problem damit gehabt. Wenn sich früh Morgens mal ein Herr aus dem Haus geschlichen hatte, hatte es mich nie gestört, ich hatte es einfach akzeptiert und von vorn herein so hingenommen. Das war eben mein Bruder und er war, wie er war, ihn verändern zu wollen wäre vollkommener Schwachsinn und absolut überflüssig. Zumal er ja wiederum auch mich hinnahm, wie ich war, mit all meinen Macken und Seltsamheiten. Es tat gut nach Hause zu kommen und jemanden zu haben, mit dem man über wirklich alles reden konnte, dem gegenüber man sein Herz ausschütten konnte und ich wusste, dass Lagi stets für mich da sein würde, was auch geschah. Er war nicht nur mein Bruder, er war auch mein allerbester Freund, dem ich bis in den Tod vertraute. Und das beruhte mich Sicherheit auch auf Gegenseitigkeit.

Während ich so meinen Gedanken freien Lauf ließ, massierte er weiter und sprach derweil darüber, wie er reagieren würde, würde mir einmal weh getan werden. Das ließ mich leicht lächeln. Ja, mit Lagi war nicht leicht Kirschenessen, wenn er schlecht gelaunt war, wenn irgendjemand ihm dumm kam oder jemand aus seiner unmittelbaren Umgebung verletzt wurde und das wusste ich. Dennoch war es ungeheuer süß von ihm, das noch einmal zu erwähnen. Erneut drehte ich mich zu ihm und meinte: "Lagi? Du weißt, wie sehr ich das zu schätzen weiß? Aber ich kann mich mit Sicherheit auch selbst bei anderen revanchieren, wenn sie mich verletzt haben. Oder ... wir schließen uns einfach zusammen und machen ihn gemeinsam platt!" Ich hatte ein breites Grinsen aufgesetzt und streckte meinen Daumen in die Höhe, achtete dabei allerdings darauf, dass ich keine allzu ruckartigen Bewegungen zu machen, um Lagis Massage bloß nicht zu unterbrechen. Dass er kein Physiotherapeut werden wollte, hatte ich mir ja bereits gedacht, auch wenn er durchaus Talent dafür hatte und die leute ihm sicher die Bude einrennen würden, wäre er als Masseur erst einmal bekannt. Aber umso besser war es natürlich, dass nur ich in den Genuss seiner Massagen kommen durfte, niemand sonst. Schon gar nicht irgendwelche alten, faltigen Männer, wie er sie nannte, was mich kichern ließ. "Du hast ja Recht! Solange ich dafür nicht bezahlen muss habe ich mich ja auch nicht zu beschweren, dass du allein mich massierst!" Dass er auch seine "Spielgefährten" dabei mit erwähnte, störte mich keinesfalls, wusste ich doch, dass diese immer nur temporär waren, ich jedoch für immer an seiner Seite stehen würde, als seine liebste, kleine Schwester!

Der Song war mittlerweile vorbei und die CD sprang im Track nach vorn, wobei nun ein weitere, eher ruhiger Song zu hören war. 'Holding on and Letting Go' von 'Ross Copperman' war ebenfalls ein unglaublich entspannter und eigentlich sogar ziemlich melancholischer Song, der mich dazu veranlasste, die Augen zu schließen und jede einzelne von Lagis Berührungen auf meiner Haut einwirken zu lassen. Es gab für einen solchen Abend wirklich nichts entspannenderes, als ruhige Musik, ein Glas Rotwein und eine angenehme Massage von meinem Brüderchen. Vor allem nicht nach den Umzugsanstrengungen der vergangenen Tage. "Weißt du eigentlich, was für ein Glück ich habe, dich meine Familie nennen zu dürfen?", murmelte ich mit ruhiger, völlig entspannter Stimme und war versucht, mich einfach nur an ihn anzulehnen und kurzerhand einzuschlafen. Allerdings hätte dann die Massage ein Ende gefunden und das war ein zu negativer Teil, um ihn zu ignorieren.
 03.07.13 18:35
vAnonymous
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Als ich erwähnte, dass ich jeden an die Gurgel gehen würde, der meiner Schwester wehtat, meinte sie, dass sie sich auch sehr gut selbst zur Wehr setzen konnte. Das war mir auch klar, aber sie sollte mir die Freude doch lassen, ich konnte schließlich nicht oft den großen Bruder raushängen lassen, denn meistens hielt man uns beide eh für ein Paar wenn man uns sah. Allerdings musst ich lächeln, als sie vorschlug, dass wir die Kerle dann auch gemeinsam platt machen konnten. "Ist gebongt. Aber dann haben die nicht mehr viel zu lachen", witzelte ich, obwohl für den Kerl der uns beiden begegnete, wenn wir sauer waren, würde das Thema wohl sehr ernst werden.

Nachdem ich ihr eindeutig klar gemacht hatte, dass ich niemals alte Säcke oder ungewaschene Personen massieren würde und von daher nicht als Masseur geeignet war, entgegnete sie, dass es ihr nur Recht wäre, wenn sie meine Massagen allein genießen konnte, solange sie dafür nicht bezahlten musste. Ein breites Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht. "Wer sagt denn das du nicht dafür bezahlen muss?" meinte ich mit leicht fiesem Unterton, setzte dann aber sofort nach, da ich Miran nicht verunsichern wollte. "Vielleicht bin ich ja irgendwann auch mal verspannt, dann musst du dann ran." Ich lächelte leicht und gab mich dann wieder ganz meinem Tun hin.

Mein Schwesterherz schien sich sichtlich zu entspannen und auch zu meiner Entspannung tat die ruhige Musik ihr übriges. Ich versank total in Gedanken, war aber sofort wieder bei der Sache als sie erwähnte, was für ein Glück sie doch habe, dass ich ihre Familie war. "Ich bin auch froh, dass du meine Familie bist, denn falls unsere Eltern wirklich verschwunden bleiben, haben wir nur noch uns." Eine Tatsache und trotzdem beängstigend. Ich unterbrach die Massage kurz, schlang meine Arme um meine Schwester und lehnte meine Stirn an ihre Schulter. "Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben, Miran, ich könnte es nicht ertragen, wenn du auch noch gehen würdest." Es war schon komisch genau das auszusprechen, wo man die ganze Zeit dran gedacht hatte. Außerdem war es nicht meine Art, Gefühle einzugestehen oder eine weiche Seite zu zeigen.

Das tat ich nur gegenüber meiner Schwester, da ich genau wusste, dass sie mich deswegen nie auslachen würde. Auch wenn ich immer die coole Sau raushängen ließ, so hatte selbst ich Gefühle und eine zerbrechliche Seite, schließlich war ich nicht aus Stein. Ich zog Miran noch fester in meine Arme, wohl jedoch unmerklich, denn sonst wäre mir wahrscheinlich aufgefallen, dass es ein wenig übertrieben war.

Während ich mit meiner Stirn auf ihrer Schulter ruhte, stieg mir der Duft ihrer Haut in die Nase und ich erinnerte mich daran, was mir eben bei der Massage aufgefallen war. Appopo Massage, da war doch was. Ich löste mich wieder von Miran und setzte mein Tun von eben fort. "Sag mal, warum ist eigentlich deine Haut so weich? Was machst du anders als andere Frauen?" Jetzt musste ich selbst die Stirn runzeln auf Grund meiner doch für einen Mann sehr untypischen Frage. Schnell versuchte ich mich noch aus der Situation zu retten. "Ich muss ja schließlich wissen, womit ich meine Spielgefährten einschmieren muss, damit sie auch so weiche Haut bekommen. An denen bleibt man ja teilweise mit rauen Händen hängen. Typisch Mann eben, die meinen auch, die brauchen keine Pflege."
 03.07.13 19:43
vAnonymous
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Ich begann zu lachen, als Lagi erwähnte, dass niemand, der uns gegen sich stehen hatte, noch etwas zu lachen hätte. "Tja, für ihn hat sich's 'ne ganze Weile ausgelacht!", entgegnete ich mit schiefen Grinsen, auch wenn mein Bruder dieses Grinsen ja nicht sehen würde. Dafür nahm es mir ein wenig die Müdigkeit, die mich in letzter Zeit zu übermannen drohte. Diese ganze Atmosphäre war so träge und einschläfernd, dass ich immernoch versucht war, mich einfach anzulehnen und zu schlafen. Vielleicht würde ich das in naher - sehr naher - Zukunft ja auch mal machen. Nur Lagis Worte hielten mich noch davon ab. Dass die Massage im Falle meines Einschlafens aufhören würde störte mich im Grunde kaum noch. Nur die Tatsache, dass ich dann verpassen würde, was er noch zu sagen hatte, störte mich soweit, dass ich wenigstens meine Lauscher noch offen ließ, während meine Augen bereits dem Träumen nah waren. Allerdings kamen sie nicht dazu, mich wirklich in den Schlaf zu ziehen, denn nun sprach Lagi kurz über unsere Eltern und ich ließ ein kurzes Seufzen hören. Es war schrecklich daran zu denken, dass sie vielleicht tatsächlich nie wieder auftauchen würden aber bisher hatten wir ja bewiesen, dass wir auch allein sehr gut klar kamen. Dennoch hätte ich mich gern wenigstens für immer von ihnen verabschiedet ... Und nicht mit einem "Auf Wiedersehen". Immerhin hatten wir damals noch geglaubt, sie würden zurück kehren. Es hatte ja niemand ahnen können, dass dies nicht passieren würde.

Ich ließ ein kurzes Grummeln hören, als Lagi die Massage unterbracht, öffnete dann jedoch die Augen, als ich plötzlich seine Arme um meinen Oberkörper spürte und drehte meinen Kopf leicht seitlich. Er hatte sein Kinn auf meine Schulter gelegt und sprach nun weiter, wobei ich derweil mit meinem Rücken seinen ruhigen Herzschlag spüren konnte. Sein Herz schlug nahezu im gleichen Takt, wie meines, was noch beruhigender wirkte, als die Musik allein. Ich ließ ihn gewähren, hatte ich doch absolut kein Problem damit, mich von meinem Bruder umarmen zu lassen. Allgemein verstand ich Leute nicht, die mit ihren Geschwistern so wenig auskamen, dass sie sich nicht einmal gegenseitig umarmen wollten, als würde ihr Gegenüber eine hochgradig ansteckende Krankheit haben. "Keine Sorge, Lagi. Ich hau so schnell nicht ab, du wirst mich noch 'ne ganze Weile an der Backe haben!", entgegnete ich mit ein wenig Humor in der Stimme, auch wenn ich jedes einzelne Worte genau so meinte, wie ich es sagte. Egal, ob ich Lagi irgendwann mit meiner Anwesenheit auf den Keks gehen würde, ich würde solange an seiner Seite stehen, bis es nicht mehr anders ging, als getrennter Wege zu gehen. Doch diesen Gedanken verdrängte ich in die ferne, allerfernste Zukunft und lehnte mich stattdessen an meinen Bruder an, der noch immer nicht weiter massierte, sondern weiter auf meiner Schulter herumlungerte.

Allerdings hielt diese Position nicht lange an, denn so als wäre ihm gerade wieder eingefallen, was er eigentlich hatte tun wollen, beendete er die Umarmung und fuhr mit der Massage fort. Dass er zuvor gemeint hatte, ich müsse mich sicher irgendwann dafür einmal revanchieren, hatte ich gekonnt ignoriert. Ich war mir nicht einmal sicher, ob er sich tatsächlich von mir würde massieren lassen wollen, denn ich hatte das noch nie wirklich gemacht und bezweifelte, dass ich es sonderlich gut konnte. Singen konnte ich perfekt aber massieren? Nun, vielleicht musste ich es einfach nur irgendwann einmal ausprobieren. Kurz schielte ich zu der Uhr, die neben dem Fernseher hing und stellte fest, dass es im Grunde noch immr keine Zeit zum Schlafen war. Das war frustrierend, ich war hundemüde zu einer Zeit, in der ich für gewöhnlich noch stundenlang fern sah, am PC saß oder sonstiges tat. Dabei fiel mir ein, dass ich heute eigentlich noch hatte duschen wollen ... Ob ich das in meinem derzeitigen Zustand noch schaffen würde? Ich bezweifelte es irgendwie. Aber statt weiter darüber nachdenken zu können riss mein Bruder mich aus diesen Gedanken mit der Frage, wie ich es schaffte, dass meine Haut so weich wäre. Verstand ich das richtig, fragte mein Bruder mich gerade ernsthaft nach meiner Body Lotion? Ich ließ ein leises Lachen hören. "Keine Ahnung, wie das Zeug heißt mit dem ich mich nach dem Duschen immer einschmiere aber es steht im Badezimmer direkt auf der Badewanne. Müsste die einzige weiße Flasche sein, die da steht. Wenn es das nicht ist, dann ist meine Haut wohl natürlich weich!", entgegnete ich und hätte im Normalfall mit den Schultern gezuckt, doch wäre das für die Massage weniger von Vorteil gewesen.

Dass er dies nur wissen wollte, um zu erfahren, womit der seine "Spielgefährten" später einzuschmieren hatte, um sie besser massieren zu können, ignorierte ich ebenfalls einfach. Das machte es für mich leichter mit Lagis vielen Liebschaften umzugehen. Je weniger ich darüber Bescheid wusste, desto besser. Es störte mich nicht, was er den lieben langen Tag trieb, solange er den Hauptteil seiner Zeit mir widmete aber so ein wenig Unwissenheit diesbezüglich war manchmal auch ganz schön. Dass Männer aber der Ansicht waren keine Pflege nötig zu haben, ließ mich lächeln. "Tja, da hast du allerdings Recht. In diesem Punkt sind die meisten Kerle gleich."[/b]
 30.07.13 13:11
vAnonymous
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"Das ist auch gut so", kommentierte ich und meinte dies im Bezug auf ihre Aussage, dass ich meine Schwester noch eine Weile an der Backe haben würde. Es tat gut aus ihrem Mund zu hören, dass sie nicht vorhatte auszuziehen und mich alleine zu lassen. Obwohl ich nicht wirklich lange allein sein würde, wenn ich mir so meine Vergangenheit mit meinen Liebschaften ansah, aber es war halt was anderes einen nahezu Fremden bei sich zu haben. Miran war schließlich das letzte Stück Familie, was mir noch geblieben war.

Nachdem ich meine Schwester gefragt hatte, wie sie es schaffte, dass ihre Haut so weich wurde, meinte sie, dass ihre Flasche Bodylotion auf der Badewanne stand. Und falls es diese nicht sei, würde ihre Haut von natur aus so weich sein. Wahrscheinlich guckte ich in diesem Moment ziemlich dämlich aus der Wäsche, denn konnte man so weiche Haut wirklich von Mutter Natur haben? "Beneidenswert", entfuhr es mir, ehe ich lächelte. "Weißt du was ich alles anstellen muss, damit meine Haut so ist wie sie ist? Und sie ist nicht annährend so weich wie deine." Meinte ich das nur, oder war ich nun wirklich ein klitzekleines wenig eifersüchtig?

"He", meinte ich allerdings gespielt beleidigt, als sie meinte, dass die meisten Kerle doch gleich wären wenn es um Körperpflege ging. "Du beleidigst mich gerade in meiner persönlichen Ehre, das gibt Rache." Ohne Vorwarnung stoppte ich die Massage und schubste Miran auf die Couch so, dass sie der Länge nach darauf lag. Dann stürzte ich mich lachend auf sie und fing an sie durchzukitzeln. Natürlich wehrte sie sich und auch ich bekam mein Fett weg. Immer wieder musste ich herzhaft lachen, denn ich liebte es, wenn wir Beide uns kebbelten. Natürlich war das alles nur Spaß und darum auch nicht weiter schlimm, dass wir Sekunden später von der Couch fielen und auf dem Boden landeten, wo wir aber unbeirrt weitermachten.

Irgendwann gewann sie die Oberhand und ich konnte nicht mehr wie lachend "hab Erbarmen mit mir" zu rufen. Als sie dann endlich inne hielt sah ich meine Schwester an. Mir war sicherlich nicht entgangen, dass sie eben noch gegen ihre Müdigkeit gekämpft hatte, doch das dürfte ihr mittlerweile vergangen sein. "Und? Ist Madame nun wieder wach? Ist dein Bruder schon so langweilig, dass du einfach einschläfst?"  
 12.08.13 19:31
vAnonymous
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„Tja, was solltest du auch ohne mich machen? Das wäre ja dein Ende“, entgegnete ich schmunzelnd und zeigte ihm kurzerhand die Zunge. Wir waren eben überaus stark miteinander verbunden, vor allem geistig. Manchmal hatte ich das Gefühl schon zu wissen, dass etwas passiert war, ehe Lagi zuhause aufkreuzte und mit Schrammen bedeckt war. Das musste wahre Blutsverwandtschaft sein, anders war es mir wohl kaum zu beschreiben, dass wir uns tatsächlich so gut vertrugen.  Ich konnte mich an keinen Tag erinnern, an dem wir uns wirklich einmal extrem gestritten hätten. Zum Glück. Ich wüsste noch heute nicht, wie ich damit umgehen sollte. Bisher hatte ich mein Gegenüber dann eben verbal an die Wand gedrängt oder ihm einen Stempel zwischen die Beine gegeben, doch bei Lagi war das wohl kaum so einfach. Nicht zuletzt aufgrund unserer Abstammung – aber das war ja eine andere Geschichte. „Nun, was auch immer du machen musst, es lohnt sich irgendwie nicht so wirklich.“ Ja, ich war heute darauf ausgelegt, ihn zu necken. Nicht, dass das nicht immer der Fall war aber heute hatte ich ganz besonders einen Drang dazu. Was ich allerdings direkt anschließend zurück bekam. Und zwar in Form eines Kitzel-Angriffs. Wenn es etwas gab, womit Lagi mich immer wieder überraschte, dann war es diese kindliche Unbeschwertheit, die er tagtäglich in mein Leben brachte, indem er mit den einfachsten Aktionen ankam. Wie eben das Kitzeln.
Ich brach in lautes Gelächter aus, war kurzfristig nicht in der Lage dazu, mich zur Wehr zu setzen, bis wir von der Couch rutschten und am Boden landeten. Dort schaffte ich es dann, den Spieß umzudrehen und Lagi unter mir zu begraben. Auf ihm sitzend grinste ich ihn siegessicher an, während er um Erbarmen flehte. „Hahaaa!“, rief ich aus und hob die rechte Faust in die Höhe. „Nun gut, ich werde dich noch einmal davon kommen lassen. Aber ein nächstes Mal wird es kein Erbarmen geben.“ Anschließend krabbelte ich von ihm runter und stand auf, ehe ich ihm meine Hand hinhielt, um ihm aufzuhelfen. „Wach … joar geht so.“ Mein Blick ging auf die Uhr. „Das Bett sollten wir aber vielleicht in nächster Zeit dennoch aufsuchen, meinst du nicht?“ Wenn ich so darüber nachdachte klang diese Aussage mächtig zweideutig aber Lagi würde schon verstehen, wie ich das Ganze meinte.
Nachdem ich ihm beim Aufstehen geholfen hatte, ließ ich mich wieder auf dem Sofa nieder – und machte mich darauf breit. Lang ausgestreckt lag ich da und grinste meinen Bruder breit an. „Ich kann aber auch einfach hier liegen bleiben. Die Couch ist auch bequem.“ Und ich musste nicht aufstehen, um mein Zimmer aufzusuchen. Direkt angelte ich mir ein Kissen, umarmte es und schloss dabei die Augen.
 12.02.14 13:21
vAnonymous
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Das ich sie für ihre Art mit der sie mich immerzu neckte, durchkitzelte, war in meinen Augen nur die gerechte Strafe, die sie verdiente. Doch als sie die Oberhand gewann und ich um Erbarmen flehte, endete unser Spiel. Ich stand auf und beobachtete Miran. Sie schien müder zu sein als ich, aber sie hatte völlig Recht, es war wirklich Zeit ins Bett zu wandern. Doch anstatt sie dies tat, warf sie sich auf die Couch und meinte, sie könne ja ebensogut dort schlafen.

Fehlinformation. Denn ich wusste ganz genau, was dann passierte. Sie würde am nächsten Morgen Rückenschmerzen haben und mir den ganzen Tag den Kopf vollheulen. Deswegen schaffte ich hier Abhilfe. Kurz trat ich neben die Couch, schob ungefragt meine Hände unter den Körper meiner Schwester und hielt sie Sekunden später in meinen Armen. "So haben wir nicht gewettet, junge Dame. Wir schlafen wie es sich gehört im Bett", ermahnte ich sie in einem tadelnden Ton. Natürlich lächelte ich dabei, denn wirklich ernst meinte ich das natürlich nicht.

Mit dem Ellbogen betätigte ich den Lichtschalter, während ich durch die Tür in den Flur trat und wenig später die Treppe hochging. Miran war in meinen Augen ein Fliegengewicht und somit machte es mir auch keine Mühe, sie in die obere Etage zu tragen. Kurz wurde ich an meine Kindheit erinnert. Ich hatte Miran als sie klein war oft genug ins Bett gebracht, wenn unsere Eltern mal wieder auf eine ihrer Expeditionen waren. Wir hatten früh gelernt, selbstständig zu sein und da ich der ältere von uns beiden war, übernahm ich automatisch die Aufgaben unserer Eltern.

Oben angekommen, trug ich sie in ihr Zimmer und war erstaunt, wie hübsch sie sich dieses eingerichtet hatte. Ich legte sie auf dem großen King Size Bett ab und beugte ich über sie, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu hauchen. "Schlaf schön. Wenn was ist, mein Zimmer ist direkt Gegenüber." Damit verließ ich den Raum und begab mich in mein Schlafgemach. In Windeseile entledigte ich mich meiner Klamotten und kroch unter die Bettdecke, wo ich auch kurz drauf einschlief.

Doch dieser Ruhezustand hielt nicht lange an, denn mitten in der Nacht wachte ich plötzlich auf. Ich hatte sehr unruhig geschlafen. Mit einer Handbewegung drückte ich eine kleine Taste an meinem Wecker, woraufhin in dem Display das Licht anging. Es waren gerade mal 03:00 Uhr in der früh, eigentlich viel zu früh zum Aufstehen. Also beschloss ich liegen zu bleiben. Nachdem ich mich jedoch etwa eine halbe Stunde von links nach rechts gedreht hatte und nicht mehr einschlafen konnte, stand ich dennoch auf.

Da ich pflegte nur in Shorts zu schlafen, zog ich mir eine Jogginhose und ein Shirt drüber und ging anschließend so leise wie möglich ins Wohnzimmer. Wenn ich schon nicht schlafen konnte, konnte ich mich wenigstens sinnvoll beschäftigen. Ich packte einen Karton mit Ordnern aus und beschloss die Unterlagen meiner Eltern zu sortieren. Wenn wir jetzt schon auf uns gestellt waren, dann mussten wir auch einen Überblick haben.

Im ersten Ordner befanden sich Unterlagen über das Haus am Victoriasee. Da wir dieses verkauft hatten, würde wir diese Schriftstücke nicht mehr benötigen. Ich angelte nach dem zweiten Ordner und begann zu blättern, bis ich auf ein Dokument stieß, welches mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Dass daraufhin ein zweites, für mich ebenso schlimmes Dokument folgte, machte die ganze Sache nicht gerade einfacher.

Hastig stand ich auf. Ich brauchte jetzt erstmal was zu Trinken. Dem Barfach entnahm ich ein Glas und kippte erstmal zwei Whisky auf Ex. Hatte ich damit gerechnet viele Dinge in diesen Unterlagen zu finden, doch das riss mir gerade den Boden unter den Füßen weg. Ich ging ans Fenster und setzte mich auf die breite Fensterbank, um meinen Blick durch die Nacht schweifen zu lassen. Mein Leben hatte sich so gerade eben auf den Kopf gestellt und damit musste ich jetzt erstmal klar kommen.
 19.02.14 11:10
vAnonymous
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Nachdem Lagi die Kitzelattacke beendet hatte, war ich zurück aufs Sofa gekrochen, um die Nacht einfach dort zu verbringen. Tatsächlich schlossen sich meine Augen wie von allein, ehe mein Bruder nach mir griff, mich hochhob und mir noch ein paar Worte zusprach, die ich nur im Halbschlaf mitbekam. Schlaftrunken entgegnete ich: „Das machst du doch nur … weil du selbst noch fernsehen willst, Lagi!“ Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern aber es würde wohl reichen, damit mein Bruder es verstehen konnte. Doch all das half nichts, er trug mich bis nach oben und ließ mich dann in meinem Bett nieder, wo ich mich sofort in die Decken kuschelte. „Gute Nacht, Bruderherz“, entgegnete ich, ehe ich komplett in die Traumwelt versank. Umgezogen hatte ich mich nicht, wieso auch. Schlafen konnte man immer und überall. Vor allem ich. Daher bekam ich auch gar nicht mehr mit, wie Lagi mein Zimmer verließ und sich in sein eigenes begab, nachdem er bei mir das Licht ausgeschaltet hatte.
Meine Nacht verlief ruhig, ich träumte nichts, was nicht in einen hübschen, kuscheligen Traum gehörte und war wahrlich überrascht, als ich am nächsten Morgen erwachte und feststellte, dass es noch gar nicht wirklich Morgen war. Viel eher war es 5 Uhr früh, womit ich noch gut und gern 5 Stunden weiter schlafen konnte, ehe ich mich für gewöhnlich auch nur ansatzweise zu regen begann. Doch nun war ich seltsamer Weise hellwach. Etwas in meiner Magengegend sagte mir, dass ich mich nun auf der Stelle aus dem Bett begeben sollte. Die Decke zur Seite schlagend bemerkte ich dabei, dass ich tatsächlich noch meine Klamotten vom Vortag trug. Kopfschüttelnd streifte ich sie mir vom Leib, huschte zu dem neu eingeräumten Kleiderschrank und kramte ein hübsches Nachthemd hervor, das ich mir sofort überstreifte. Dann warf ich mir noch eine Strickjacke über, holte ein paar Hausschuhe aus einer der noch herumstehenden Kisten und hatschte aus meinem Zimmer heraus.
Im Flur war es dunkel, doch meine dämonischen Augen hatten kein Problem damit, sich hier zurecht zu finden. Somit schlich ich bis zur Treppe, darauf bedacht, Lagi nicht zu wecken und huschte anschließend nach unten. Vielleicht brauchte ich einfach nur ein Glas Wasser und würde dann direkt wieder einschlafen können. In letzter Zeit war es wirklich warm draußen, doch für den Sommer war das natürlich normal. Unten angekommen stellte ich fest, dass ich oben gar nicht so hätte schleichen müssen, denn als ich das Wohnzimmer betrat sah ich eine rothaarige Gestalt auf dem Fensterbrett sitzen und nach draußen starren. Etwas überrascht legte ich den Kopf schief. „Lagi? Du bist wach? Was ist, kannst du nicht schlafen?“ Ich machte ein paar Schritte auf das Fensterbrett zu, erblickte dann das Glas und prüfte die Luft. Der Duft von Whiskey schwirrte mir in die Nase und ich schnaubte kurz. „Hast du getrunken?“ Gut, die Frage war er rhetorisch gemeint, immerhin wusste ich, dass der getrunken hatte. Aber warum? Ich trat an ihn heran, legte ihm eine Hand auf die Schulter und blickte ihn von der Seite her fragend und ein wenig besorgt an. Es kam immerhin nicht jeden Tag vor, dass mein Bruder im halb erleuchteten Wohnzimmer auf dem Fensterbrett saß, nach draußen starrte und davor ein paar Gläser Whiskey getrunken hatte. Von mir aus durfte er trinken, so viel er wollte, Dämonen wurden nicht schnell betrunken aber der Grund dafür interessierte mich dann doch.
Während ich auf eine Reaktion seinerseits wartete, blickte ich mich weiterhin um und bemerkte, dass ein paar Ordner auf dem Wohnzimmertisch herum lagen. Lagi musste wohl angefangen haben, sie zu sortieren. Stand dort vielleicht etwas, das ihn aus der Fassung gebracht hatte? Nun, ich war gespannt es zu erfahren. Wenigstens wusste ich nun, warum mein Bauchgefühl mich dazu gedrängt hatte, nach unten zu gehen. Wir waren eben auch im Geiste wahre Geschwister.
 03.03.14 18:40
vAnonymous
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Ich vermutete, dass ich bereits das fünfte Glas Whisky hinuntergespült hatte und immer noch spulten sich die Zeilen, die ich soeben gelesen hatte, vor meinem inneren Auge ab.

Sehr geehrte Eheleute El Nagil,
wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass einer Adoption der beiden von Ihnen ausgesuchten Babys nicht im Wege steht. Alle nötigen Dokumente liegen bereit, so dass sie die Kinder am (an dieser Stelle war das Datum leider sehr verwischt und nicht mehr lesbar) bei uns abholen können.

Die Pässe der Kinder "Lagi Withmore" und "Miran Kenzy" wurden bereits auf den Familiennamen "El Nagil" geändert.....


War es nicht ein Trauerspiel? Unser ganzes, gottverdammtes Leben war eine Lüge. Alles an was wir glaubten, war nicht so wie es schien. Unsere Eltern waren nicht unsere leiblichen Eltern, Miran war noch nicht mal meine Schwester. Allerdings fragte ich mich schon, woher dann diese tiefe Verbundenheit zu ihr kam.

Ich goss mir ein neues Glas des braunen, alkoholischen Getränke ein und führte es zu meinen Lippen, als Miran in der Wohnzimmertür stand und mich beobachtete. Ich hätte weder hinsehen müssen, noch hätte sie etwas sagen brauchen und trotzdem hätte ich gemerkt, dass sie dort stand. Sie fragte mich, ob ich nicht schlafen konnte, doch ich reagierte nicht darauf. Vielmehr spielte sich in meinem Kopf ein Szenario ab, wie ich es ihr beibringen sollte, dass ich nicht ihr Bruder sondern ein völlig Fremder für sie war.

Wir hatten uns nach dem Verschwinden unserer Eltern.. pardon Erziehern geschworen, dass wir uns nie alleine lassen würden. War das jetzt durch dieses Dokument alles hinfällig? Ich wollte Miran nicht verlieren, sie war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Der einzige Mensch der all meine Sorgen, meine Ängste und meine Schwächen kannte und diese auch noch akzeptierte.

Auch auf ihre zweite Frage, ob ich getrunken hätte, reagierte ich nicht. War das gerade nicht offensichtlich? Ich überlegte noch immer, wie ich ihr das Beibringen sollte, wenn es mir selbst schon den Boden unter den Füßen wegzog. Ich zuckte zusammen, als Miran mir die Hand auf die Schulter legte. Während ich noch immer überlegte, was ich nun tun sollte, griff ich mit meiner freien Hand nach ihrer und streichelte liebevoll darüber. War es klug ihr alles zu sagen? Oder sollte ich sie einfach unwissend lassen und sie ihr Leben leben lassen und einfach weiter für sie da sein. Doch Letzteres war mehr als unfair und wenn sie es irgendwann rausbekommen würde, würde sie mich wahrscheinlich köpfen oder noch schlimmer, nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Ich musste es ihr sagen, auch wenn ich ihr damit wehtat.

Wortlos zeigte ich auf das entsprechende Dokument, welches offen auf dem Tisch lag. Miran war nicht blöd, also schaltete sie sofort und ging auf den Esszimmertisch zu, auf welchem die Dokumente wild verstreut lagen. Sie griff nach dem richtigen Blatt Papier und ich sah aus dem Augenwinkel, wie ihre Pupillen über die Zeilen flogen. Als ich bemerkte wie ihre Augen sich weiteten, ging ich davon aus, dass sie zu verstehen begann, was dort eigentlich stand. Ich streckte ihr das volle Glas entgegen. "Whisky?"  

 05.03.14 0:13
vAnonymous
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Für einige Momente glaubte ich, mein Bruder hätte mich gar nicht gehört, da er weder darauf reagierte, dass ich an ihn heran getreten war, noch darauf, dass ich zu ihm gesprochen hatte. Doch dann ergriff seine Hand die meine und strich darüber. Was zum Teufel beschäftigte ihn so sehr, dass er nicht sprach? Sonst fiel Lagi doch sonst auch immer irgendein dummer Spruch ein. Also wieso gerade jetzt nicht? „Lagi …?“, begann ich, brach jedoch ab, als seine andere Hand in die Richtung des Wohnzimmertisches deutete, wo ich zuvor ebenfalls hingeblickt hatte. Also hatte sein Schweigen wirklich etwas mit den dort liegenden Papieren zu tun? Offensichtlich wollte er, dass ich mir ansah, was ihn so schockiert hatte, weswegen ich meine Hand aus seiner löste und ruhigen Schrittes zu dem Tisch trat. Dann ergriff ich das Papier, welches ganz oben lag – ein Brief. Der Absender sagte mir nichts, doch er war auf jeden Fall an unsere Eltern gerichtet und so überflog ich die Zeilen aufmerksam. Der Anfang war gefüllt mit irgendwelchem förmlichen Kram, der nicht weiter wichtig war. Erst das eigentliche Schreiben war interessant und doch brauchte ich drei Anläufe um zu verinnerlichen, was genau dort geschrieben stand. Adoption … Lagi Withmore … Miran Kenzy … das waren nicht unsere Namen … wieso standen wir mit diesen Nachnamen dort? Und was hatte es mit dieser Adoption auf sich?
Meine Augen weiteten sich, als ich verstand, was Lagi so aus der Fassung gebracht hatte. Mit der freien Hand schlug ich mir vor der Mund und merkte, wie meine Beine zu beben begannen. Ich ließ den Zettel auf den Tisch zurück sinken und strich mir dann langsam durch mein feuerrotes Haar, ehe ich zu Lagi aufblickte. Dieser hielt mir ein Glas mit durchsichtiger Flüssigkeit entgegen und bot mir damit einen Schluck des Whiskys an, den er zuvor getrunken hatte. Langsam lief ich zu ihm zurück und nahm das Glas mit einem Nicken an. Im Angesicht der Tatsache, dass die Welt um mich herum sich sowieso gerade drehte, konnte ich genauso gut einen Schluck davon trinken. Betrunken machte es mich sowieso nicht. Somit kippte ich das Glas nach hinten und reichte es dann wieder Lagi, ehe ich mich neben ihm auf das Fensterbrett nieder ließ und nach draußen starrte. „Kenzy is’n scheiß Name …“, murmelte ich mit versuchter Fassung und merkte kaum, wie mir die Tränen in die Augen traten. Das war nun wirklich das letzte, was ich erwartet hatte – unsere „Eltern“ hatten uns unser Leben lang verschwiegen, dass weder Lagi, noch ich ihre leiblichen Kinder waren. Hatten sie jemals vorgehabt, uns davon zu berichten? Es war ja nun nicht so, dass wir nicht damit hätten umgehen können. Oder? Meine Augen mussten Bände sprechen, als ich den Blick vom Fenster abwandte und stattdessen meinen Bruder ansah.
„Meinst du Mum und Dad ... sie ... hatten vor … es uns irgendwann zu sagen?“ Ich fragte mich, was das für die Beziehung zwischen mir und Lagi zu bedeuten hatte. Wir waren nicht einmal annähernd wirklich verwandt, maximal auf dem Papier und was bedeutete das schon, doch konnte nicht auch Wasser manchmal dicker sein, als Blut, wenn man es darauf anlegte? Aber woher stammte dann diese innere Verbundenheit zwischen ihm und mir? Was hatte es wirklich damit auf sich? So viele Fragen, die mir Kopfschmerzen bereiteten und mich mehr denn je dazu drängen wollten, das Glas Wasser wirklich holen zu gehen, wegen welchem ich ursprünglich nach unten gekommen war. Noch immer rannen mir unbemerkt Tränen die Wangen hinab, und das obwohl ich nicht einmal traurig war. Viel eher … nun, was war es überhaupt? Ich war … verwirrt, überrascht und allem voran … enttäuscht. Und das nicht einmal vorrangig von der Tatsache, dass Lagi und ich nicht wirklich Geschwister waren sondern viel eher deswegen, weil wir es wohl nie erfahren hätten, hätte Lagi diesen Brief nicht gefunden.
 10.03.14 14:16
vAnonymous
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Ich beobachtete Miran aus dem Augenwinkel als sie das Dokument in die Hand nahm und zu lesen begonnen hatte. Scheinbar mit jeder Zeile, die sie überflog weiteten sich ihre Augen mehr. Sie schien zunächst irritiert, zumindest glaubte ich das in ihrem Blick zu erkennen, aber als sie sich schließlich die Hand vor den Mund schlug, wusste ich, dass sie es verstanden hatte, was da auf dem Papier geschrieben stand.

Da ich glaubte, dass sie auf den Schock auch einen Whisky vertragen konnte, hielt ich ihr das Glas entgegen. Sie legte das Dokument zurück und kam langsam auf mich zu. Auch wenn ich noch immer aus dem Fenster sah, konnte ich dies gut aus dem Augenwinkel erkennen. Sie nahm das Glas und kippte den Whisky hinunter, bevor sie sich ebenfalls auf das Fensterbrett setzte.

Einen kurzen Moment war es so still, dass wir unseren eigenen Atem hören konnten und ich hatte das Gefühl, dass eben diese Stille mich zu erdrücken drohte. Miran brach das Schweigen und murmelte, dass Kenzy ein scheiß Name wäre. Ich versuchte mich zu einem Lächeln durchzuringen, wobei ich sie noch immer nicht ansah. "Meinst du Withmore ist besser", gab ich leise zurück und schaffte es dann das erste Mal Miran wirklich anzusehen.

Unsere Blicke trafen sich und die Tränen in ihren Augen blieben mir natürlich nicht verborgen. War sie enttäuscht, wirklich traurig oder einfach nur sauer? Miran weinte normalerweise eher selten, was mir noch deutlicher machte, wie sehr sie die Sache mitnahm. Sie fragte mich, ob ich glaubte, ob unsere Eltern uns je von der Tatsache erzählt hätten, dass wir beide adoptiert waren.

Keine Miene verziehend, aber innerlich geschockt, beobachtete ich noch immer die Tränen, die über ihre Wagen liefen. Nie hatte ich Miran so gesehen. Sie war immer stark gewesen und sie jetzt so verletzlich zu sehen, tat mir im Herzen weh. War ich nicht immer der große Bruder gewesen, der sie getröstet hatte, wenn sie traurig war? Ich drehte mich um und glitt vom Fensterbrett hinunter. Nun würde noch einmal eben dieser große Bruder sein.

Der Abstand zwischen uns war schnell überbrückt. Ich stand vor Miran, die noch immer auf der Fensterbank saß und sah sie an. Wir befanden uns so fast auf Augenhöhe, was aber daran lag, dass ich ein Stück größer war als sie. Sachte nahm ich ihr Gesicht in meine Hände und strich mit den Daumen die Tränen beiseite. Ich wollte sie nicht traurig sehen.

Nachdem ich sie noch einen Moment eindringlich angesehen hatte, legte ich meine Arme um ihren Oberkörper und zog sie an mich heran. Jetzt beantwortete ich auch endlich ihre Frage, die sie mir vor einer gefühlten Ewigkeit gestellt hatte. "Ich weiß nicht, ob die Beiden jemals vorhatten uns aufzuklären. Dennoch haben sie uns immer gut behandelt und uns aufgezogen wie ihre eigenen Kinder, obwohl wir nicht ihr eigen Fleisch und Blut sind."

Mit einer Hand strich ich Miran über den Rücken und hoffte, dass dies eine beruhigende Wirkung auf sie hatte. Über ihren Kopf hinweg, der an meiner Brust ruhte, sah ich aus dem Fenster hinaus und versuchte die richtigen Worte zu finden, um ihr meine Gefühle klar zu machen. "Zwischen uns wird sich nichts ändern. Auch wenn du nicht meine Schwester bist, werde ich dich immer lieb haben, hörst du?" Um meinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen, verstärkte ich die Umarmung etwas. Ich fragte mich, wer hier bei wem Halt suchte. Sie bei mir oder ich bei ihr? Doch ich durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Ich war mein ganzes bisheriges Leben für sie da gewesen und das würde ich jetzt auch nicht ändern.
 

 12.03.14 23:13
vAnonymous
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Ich rang mir ein bitteres Lachen ab, als er mit wenig Begeisterung seinen ehemaligen Nachnamen aussprach und schüttelte dann knapp den Kopf. „Es ist ungewohnt …“, entgegnete ich mit schwacher Stimme und unterdrückte einen schweren Seufzer. Etwas verärgert über mich selbst wischte ich mir einmal mit beiden Händen über die Augen, schaffte es jedoch nur, die ersten Tränen wegzuwischen, um den nächsten Platz zu machen, die kamen. Ich war keine Heulsuse, Tränen standen mir nicht und doch konnte ich sie einfach nicht zurück halten. Es war nicht so, dass ich großartig weinte … kein Schluchzer verließ meinen Rachen, aber der Frust und die Enttäuschung trieben die Tränen an.
Ich bemerkte kaum, wie Lagi neben mir vom Fensterbrett rutschte und erst als er ganz nah bei mir stand wandte ich mich an ihn. Unsere Blicke trafen sich und ich fühlte mich sichtlich unwohl. Er sollte mich nicht so sehen, ich hasste es zu weinen. Das hatte ich schon immer getan und stets war es Lagi gewesen, der mir die Tränen weggewischt und mich getröstet hatte. Und so sollte es auch dieses Mal wieder kommen. Er nahm meinen Kopf in seine großen Hände, wischte die Tränen weg und sah mich aus seinen großen, orangeroten Augen liebevoll an. Mir war klar, dass dieses dämliche Blatt Papier nichts an dem ändern konnte, was zwischen mir und Lagi bestand. Wir waren mehr als nur Geschwister, wir waren Seelenverwandte mochte ich behaupten und nur, weil wir soeben erfahren hatten, dass unsere Eltern nicht unsere leiblichen Eltern und wir nicht einmal ansatzweise verwandt waren bedeutete das nicht, dass wir den Kontakt zueinander nun abrupt abzubrechen hatten.
Lagi zog mich an sich, sodass mein Kopf nun an seinem Hals lehnte und ich konnte den Tränen freien Lauf lassen, ohne dass er es sah. Noch immer war es keine Trauer, die meinen Körper dazu veranlasste und eigentlich verstand ich nicht ganz, was der Grund für die Tränen war. Vielleicht ja auch die Erleichterung, die sich in mir breitmachte, als mein Bruder sprach. Er hatte Recht. Unsere Eltern waren stets gut zu uns gewesen, wir hatten ihn so viel zu verdanken und selbst wenn sie es uns nie verraten hätten, so hätten wir sie bis zum Ende hin bedingungslos geliebt. Und das bedeutete doch wohl ganz eindeutig, dass sie alles richtig gemacht hatten. Langsam beruhigte ich mich wieder und nickte in seinen Hals hinein. „Sie haben uns von ganzem Herzen geliebt und wir taten es ihnen gleich. Selbst wenn wir nicht wirklich von ihnen abstammen, so sind sie doch unsere Eltern gewesen und haben uns vor einem vielleicht sehr einsamen Leben bewahrt“, murmelte ich und presste mich eine Weile schweigend an ihn, ehe ich mich aus der Umarmung wandte, um ihn erneut anzusehen. Ein Lächeln, nein ein Grinsen zierte meine Lippen, als ich ihm in die Augen blickte und nickte. „Auch ich werde dich immer lieben, Lagi. Auch wenn uns kein Blut verbindet, so sind wir doch miteinander verbunden.“
Ein weiteres Mal drückte ich mich an ihn, lehnte meinen Kopf an seine Brust und atmete ein paar Mal tief durch. Meine Kopfschmerzen hatten sich zumindest annähernd verflüchtigt und auch die Tränen hatte ich unter Kontrolle bekommen, wischte ich diese doch mittlerweile an Lagis Hemd ab.
 08.05.14 17:06
vAnonymous
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Ich konnte Mirans Tränen spüren, die auf die Haut an meinem Hals tropften. Sie war kein Mensch, der oft weinte, ganz im Gegenteil. Sie war immer stark und desto mehr traf es mich, sie nun so am Boden zu sehen. Meine Worte schienen sie ein wenig zu beruhigen. Auch sie war auf dem Standpunkt, dass unsere Eltern ... pardon Adoptiveltern uns immer gut behandelt hatten und natürlich hatten wir sie gern, so wie sie uns auch gern hatten.

Eigentlich war ich auch nicht wirklich wütend darüber, dass sie uns verschwiegen haben, dass wir adoptiert waren, nur war für uns diese Situation, die sich nun so ergeben hatte, ein wenig blöd für uns. Wir wurden förmlich ins kalte Wasser geworfen, waren immer davon ausgegangen, dass wir Geschwister waren und wie sollten wir uns nun dem anderen Gegenüber verhalten? Natürlich nahm ich mir fest vor, dass sich nichts ändern würde zwischen uns, doch war das wirklich machbar?

Ich wurde hellhörig als sie meinte, dass unsere Eltern uns vielleicht aber auch vor einem einsamen Leben bewahrt hätten. Sie hatte vollkommen Recht. "Ja, das stimmt. Ohne dich wäre ich wirklich verdammt einsam. Das was du mir gibst, kann mir niemand anders geben. Schon garnicht die ganzen Kerle, die ab und an in meinem Bett landen." Nach außen hin mochte es vielleicht den Anschein haben, dass ich nicht einsam sein konnte, so wie die Leute bei mir ein und aus gingen. Doch oftmals hatte mich gerade Nachts die Einsamkeit übermannt, ein Thema über das ich mit niemandem sprach.

Kurz runzelte ich die Stirn, als Miran sich aus meiner Umarmung befreite. Ich überlegte für einen Moment wirklich, ob ich etwas falsch gemacht hatte, aber als sie mich ansah und ich gleichzeitig diese liebevollen Worte von ihr hörte, wurde mir ganz warm ums Herz. Und genau das war es, was mir fehlte und das fand ich momentan halt nur bei meiner Schwester. Ich würde sie wahrscheinlich immer als eben diese bezeichnen, auch wenn kein Blut uns verband.

Ein weiteres Mal genoss ich die Umarmung und die damit verbundene Wärme. Ihre Tränen waren mittlerweile versiegt, das war zumindest mal ein kleiner Erfolg. "Wir sollten versuchen, noch ein wenig Schlaf zu finden. Um den ganzen Mist hier können wir uns Morgen kümmern und dann können wir auch einen Schlachtplan entwickeln, wie es nun weitergehen soll. Oder was meinst du?"

Kurz dachte ich an unsere Kindheit zurück, wo Miran oft zu mir ins Bett gekrochen war, weil wir einfach nicht schlafen wollten und so besser quatschen konnten, ohne dass unsere Eltern etwas mitbekamen. Fast immer waren wir dabei irgendwann Arm in Arm eingeschlafen. Dieses Gefühl von Geborgenheit und Wärme, danach sehnte ich mich insgeheim, doch waren wir mittlerweile zu alt dafür. Was sollte man so von uns denken, wir waren schließlich keine Kinder mehr. Außerdem hätte ich auch nicht gewusst, wie ich Miran sagen sollte, dass ich diese Momente vermisste.

Ich hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich von ihr löste. Nur einen Schritt trat ich zurück, ehe ich ihr meine Hand hinstreckte. "Kommst du?"
 

 21.05.14 22:47
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