Zenvas Kontaktdaten

Tag: 17. April
Uhrzeit: 21:44 Uhr
Ort: Auf dem Rückweg von Jaydens Apartment in Richtung Academy

Vorsichtig zog sie ihr Smartphone aus ihrer Jackentasche. Auch, wenn es bereits sehr viel wärmer wurde, nachts war es immer noch ein wenig frisch.
Flink entsperrte sie den Code und öffnete den Chat mit Jayden. Im Laufe des doch recht kurzen Abends hatte sie sich sein Handy stibitzt und sich einen seiner Kontakte zugeschickt um die Nachricht gleich darauf wieder zu löschen. Sie wusste, dass der Lehrer engen Kontakt zu einem sehr guten Arzt pflegte. Dieser würde ihr also wohl hoffentlich ein richtiges Ergebnis bieten können!
Nun wählte sie die Nummer des Arztes und hielt sich das tutende Gerät ans Ohr, während sie weiter die Straßen entlang schlenderte und darauf wartete, dass jemand abhob.

17. April | Dr. Zenvas Büro | Abend | mit Jane Yuelá McCassy
"Ich kann Ihnen also empfehlen, dass sie sich in Zukunft von scharfen Gewürzen fernhalten sollten", sagte der Engel gerade zu einem älteren Ehepaar, von denen die Frau im Gesicht einen Ausschlag bekommen hatte, als mit einem Mal sein Handy klingelte. Etwas verwundert, doch wie immer stets professionell stand er auf und verabschiedete die Patienten, dann schloss er hinter ihnen die Tür.
Er sah auf sein Handy. Unbekannte Nummer.
"Guten Abend, hier Zenva. Was gibt es?", fragte er und erwartete eine bekannte Stimme zu hören, da er seine Nummer nur an wirklich gute Bekannte und Freunde weitergab. Er fragte sich, warum die Nummer dann nicht in sein Handy eingespeichert gewesen war.

Während sie wartete und dem Freizeichen lauschte lief sie weiter die Straße hinauf. Die Häuser wurden langsam weniger. Bald würde ein Waldstück beginnen und dahinter wäre bereits die Academy. Der Weg war also nicht besonders weit. Sie hoffte allerdings auch, dass das Telefonat recht schnell von Statten ging.
Dann hob endlich jemand ab. Der Doktor klang in diesem Moment nicht ganz so Professionell, wie sie erwartet hatte. Aber dies war auch seine Private Nummer fiel ihr ein. Sie hatte nicht in seine Praxis angerufen, da sie nicht erwartete ihn dort um diese Uhrzeit noch zu erreichen. "Guten Abend, Dr. Zenva", erwiderte sie. "Hier ist Miss McCassy. Ich brauche so bald wie möglich einen Termin für einen Schwangerschaftstest bei ihnen. Es ist dringend!", sie gab ihrer Stimme einen dringlichen Klang in der Hoffnung ihn so zu überzeugen.

Als eine ihm vollkommen unbekannte Stimme zu ihm sprach versteifte er sich sofort und hielt mitten in der Geste inne. Zwischen seinen Brauen bildete sich die altbekannte Falte die dort nur auftauchte, wenn es ernst wurde. "Miss, dies ist meine private Nummer, wie um alles in der Welt haben Sie die bekommen?", sagte er mit für seine Verhältnisse doch recht energischem Ton, während er seiner Sekretärin händeringend zu verstehen gab, dass da wohl etwas mit den Telefonnummern schiefgegangen sein musste. Die junge Frau sank sofort fünf Etagen tiefer in ihren Stuhl, ihr Blick sprach Panik vor dem aufbrausenden Arzt und Schuldgefühle aus.
Als er dann die Bitte von Miss McCassy hörte wurde er wirklich etwas ungehalten. "Hören sie, ich weiß nicht wie Sie an diese Nummer gelangt sind, aber unter normalen Umständen betrachtet sollten sie in meinem Büro anrufen und dort hätte meine Sekretärin Ihnen bereits von vornherein gesagt, dass das kein Grund ist sich einen Termin bei mir zu besorgen." Seine fachausdrückliche Aussprache betonte seine Worte. "Ich habe besseres zu tun als zu überprüfen ob Ihr Schwangerschaftstest die richtige Farbe hat, gehen Sie zu ihrem Frauenarzt", sagte er aufgebracht und war bereits dabei wieder aufzulegen.

Sie brauchte einen Termin! Bald! Sie musste Gewissheit darüber erhalten sonst drehte sie durch! Oder noch schlimmer: Es würde zu spät sein zu einer Abtreibung! Und da war sie sich zu 100 Prozent sicher: Wenn sie Schwanger war, würde sie das tun! Es würde dafür sorgen, dass alles heraus kam, wenn sie das Baby behielt! Das konnte sie Jayden nicht antun... er würde davon niemals etwas erfahren.
Der Arzt jedoch schien ein wenig wütend zu sein, dass sie ihn auf seinem Handy anrief. Gut okay...aber es war ein Notfall! Checkte er es denn nicht? "Ich habe meine quellen!", antwortete sie also nur, bevor sie seinem weiteren Ausbruch lauschte. Okay... sonderlich nett schien der ja nicht zu sein. Aber er war der einzige hier dem sie glauben Schenken würde! Ein wenig gereizt war sie trotzdem. So würde sie sich nicht abspeisen lassen! Der Kerl war scheinbar ein wenig zu überzeugt von sich selbst! "Zu meinem Frauenarzt müsste ich um die halbe Welt fliegen! Das schaffe ich nicht okay? Hier traue ich denen nicht ganz über den Weg. Sind sie nicht Arzt für innere Medizin? Soweit ich weiß befindet sich meine Gebärmutter in mir drinnen!", sie wurde ein wenig sauer, blieb aber ruhig. Sie wusste, dass es nicht angebracht war jetzt hier herum zu schreien. "Außerdem handelt es sich um keinen normalen Fall, verstehen sie?"

Als die einzige Erklärung eine private Quellenangabe war fuhr sich der Arzt erst verständnislos durch das pinke Haar, dann blieb er mit verschränkten Armen und ausdruckslosem, finsterem Gesicht stehen. "Sie sagen mir jetzt woher Sie diese Nummer haben oder Sie können sich ihren Termin jetzt schon abschreiben." Zenva war absolut nicht der Typ mit dem man freundlich darüber reden konnte. Ausdiskutieren schon gar nicht.
Als er sich dann als nächstes ihre Rede über einen weit entfernten Frauenarzt anhören musste - seine Verständnislosigkeit artete inzwischen zu dem Gefühl von blutenden Ohren aus, wie konnte nur so viel rebellische Unwissenheit existieren? Es gab bei weitem genügend qualifizierte Frauenärzte in direkter Umgebung - und dann auch noch die Sorge von Vertrauensschwierigkeiten wollte er einfach nichts anderes mehr als auflegen. Sie war unprofesionell, aufmüpfig, erlaubte sich viel zu viel und verlangte nach all diesen unsinnigen Begründungen tatsächlich einen Termin bei ihm.
Menschen waren einfach unmöglich und er betete, dass sie als Kind auf den Kopf gefallen und nicht wirklich einen so niedrigen IQ-Wert hatte, wie es gerade den Anschein machte. Sein vor Ungehaltenheit kochender Blick lag während dieses Gesprächs auf seiner Sekretärin, die sich inzwischen schon fühlte als wäre sie von diesen quarzfarbenen Augen verbrannt worden. "Wie alt sind Sie?", fragte er und fasste sich an die Stirn, weil sie sich in seinen Augen aufführte wie ein Kleinkind. Den Unterschied zwischen der Gynäkologie und der Inneren Medizin zu erklären setzte er gar nicht erst an, alles was er dafür ernten würde wäre Unverständnis und noch mehr nervende Überzeugungsversuche.
Gerade als er ungehalten auflegen wollte ertönte aus dem Hörer, dass es kein normaler Fall sei. Das war das einzige was ihn am Auflegen hinderte. Einen Moment sammelte er sich, bevor er begleitet von einem melancholischen Seufzer wieder ans Telefon ging. "Welcher Art?"

Dieser Arzt machte sie beinahe Wahnsinnig. So langsam fragte sie sich auch warum sie ausgerechnet ihn angerufen hatte... diesen eingebildeten Sack! Wie konnte Jayden bloß mit solch einer Person befreundet sein? Sie verstand es einfach nicht.  
Aber sie war dummerweise auf einen Termin bei ihm angewiesen! Keiner der örtlichen Gynäkologen war auf magische Fälle spezialisiert! Er war der bekannteste Doktor für eben solche Fälle! Und auch noch der beste! Er war optimal!
Gut... vielleicht hätte einer von den anderen Ärzten Ahnung davon... aber sie war mit allen, die sie bisher bei normalen Untersuchungen ausprobiert hatte nicht klar gekommen. Doch irgendwie klingelte bereits seit geraumer Zeit immer wieder etwas in ihrem Kopf. Seit sie diese Stimme hörte. Aber was war es nur?
Verdammt erpresste sie der Kerl grade?! Wenn der nicht aufpasste würde sie seinen Ruf gaaanz schnell zerstören... wofür hatte ihr Vater denn so viel...
Ihr Vater! Natürlich! Aber... wie? Sie hatte diese Stimme bereits gehört. Seine Stimme! Damals, als sie noch in Phoenix gelebt hatte. Er war vorbei gekommen um ihren Vater irgendwo zu ab zu holen. Vermutlich irgendein Geschäftsessen oder ähnliches. Da hatte sie die Stimme gehört. Elias, hatte ihr Vater ihn jedoch genannt. Kein wunder also, dass sie nicht gleich darauf gekommen war... Also gut, sollte er ihr doch drohen! Er würde nicht Jayden als Schuldigen sehen!
"Wie sie meinen. Ich habe ihre Nummer über meinen Vater bekommen! James McCassy! Sie dürften ihn kennen. Eigentlich sollte er davon nichts erfahren, ich währe ihnen also sehr dankbar ihn dabei heraus zu halten!"
Sie merkte, dass er sie nicht für voll nahm. Nichts hasste sie mehr, als so etwas!! Trotzdem blieb sie ruhig und gab ihm mehr oder weniger bereitwillig Auskunft. "Knapp 20!", antwortete sie auf seine Frage bezüglich ihres Alters, bevor sie weiter redete. Sie merkte sofort, dass sie eine Aufmerksamkeit erregte, als sie den letzten Punkt aussprach. Er schien zu merken, dass es ihn doch betraf. Gut!
"Ich weiß nicht was es werden würde, wissen sie? Eine Mischung aus Drache, Dämon und Mensch! Ich habe keine Ahnung wie das enden könnte!" Sie hatte bewusst nur einen Drachen genannt. Davon gab es einige in Cadysa. Es konnte sich um einen X-Beliebigen handeln... Ein MAGMAdrache jedoch hätte sie wohl auffliegen lassen.

Als sie ihm erzählte sie habe ihre Nummer von einem gewissen James McCassy, hatte der Arzt damit den Grund warum ihm der Name so bekannt vorgekommen war. Er erinnerte sich mit dem Namen an einen hochgewachsenen Geschäftsmann, der ebenso sehr in seinen Beruf verstrickt war wie der Arzt selbst. Nur logisch, dass die Stimme an seinem Handy dann vermutlich seine Tochter war - die ganz offenkundig nichts von dem guten Benehmen ihres werten Vaters geerbt hatte.
Als sie sagte sie wäre 20 widerlegte das seine Theorie, dass sie entsprechend ihres unmöglichen Verhaltens ein Kleinkind war - was zugegebenermaßen vielleicht etwas weit hergeholt gewesen sein mochte, aber bei den Menschen konnte man ja nie wissen -, doch dann sobald er die Information von einem außergewöhnlichen Fall hatte wurde er hellhörig. Denn ganz offenbar hatte er es hier überhaupt nicht mit einem Menschen zu tun, was diese penetrante Dame tatsächlich in sein Arbeitsfeld schob. "Ausnahmsweise", lenkte er widerwillig ein als er von ihr hörte, dass sie keine Ahnung hatte was es werden würde. Das so ein junges Ding überhaupt schwanger war und dann auch noch mit einer solchen Mischung von Wesen machte ihn stutzig, in seiner ärztlichen Professionalität sagte er dazu aber natürlich nichts. "So einen Fall kann ich als Spezialist nicht ablehnen. Dennoch", sagte er und seine Stimme wurde erneut kalt, "rufen Sie mich nicht noch einmal privat an! Ich gebe ihnen einen Termin für den 22. April um 14 Uhr, das ist in 5 Tagen. Falls Sie das nächste Mal etwas von mir wollen dann wenden Sie sich bitte anstandsgemäß an das Krankenhaus." Er war es wirklich leid so etwas überhaupt irgendjemandem noch extra sagen zu müssen, da es doch eigentlich selbstverständlich war. Er hoffte, dass sie sich in Persona und bei ihrem Termin besser benehmen würde. "Auf Wiederhören", sagte er dann nur noch und legte auf. Damit hatte er dann wohl einen sehr jungen und dem Anschein nach ungewünschten Schwangerschaftsfall am Hals, der sich ihm auch noch aufgedrängt hatte.

Ih Vater kannte ihn! Er kannte ihren Vater! Wie konnte es sein, dass hier ine Bekanntschaft aus ihrer Vergangenheit wieder in ihr Leben trat? So weit weg von dort? Sie war auf der anderen Seite der Erdkugel in einer nicht allzu bekannten Stadt! Wie konnte es sein, dass sie hier, grade hier also jemanden aus Phoenix traf? Und eine noch größere Frage: Kannte Jayden vielleicht auch ihren Vater? Oder noch schlimmer: Ihr Vater Jayden? Wie war das alles so vertrakt geworden? Es war ja schon schlimm genug, dasss sie zu einem Freund ihres Freundes gehen würde wegen dem möglichen Kind ihres Freundes. Dieser Freund war dummerweise auch noch ein Bekannter ihres Dads, dr gar nichts von all dem weiß und niemand sollte etwas von der Beziehung der beiden erfahren. Manomanoman! Sie musste aufpassen!
Immerhin hatte sie den Arzt jetzt soweit, dass er beret war ihr einen Termin zu geben. Der 20. April also... hoffentlich kam das gewünschte Ergebnis heraus....
"Vielen Dank!", bedankte sie sich höflich obwohl sie ihm immernoch am liebsten den hochnäsigen Hals umdrehen würde um ihn von seinem hohen Ross herunter zu holen.
"Und ja ich melde mich im Krankenhaus, bis dann!" Sie verdrehte die Augen. Ja sie hatte verstanden, dass sie ihn Privat nicht anrufen sollte! Meine Güte! Dann legte sie ebenfalls auf und betrat das Gelände der Akademy.

Zitternd saß die Pädagogin in der hintersten Ecke ihres Kleiderschranks. Ihre Augen hielt sie fest geschlossen, damit sie keinen einzigen Lichtblitz sehen musste, der vielleicht durch die Fenster ihrer Wohnung in diese eindringen konnte. Ihre Wangen waren Tränen überströmt und gerötet, während sie ihr Handy an ihr Ohr hielt und bei jedem Donner zusammen zuckte. Sie hoffte, dass ihre Stimme nicht wegbrechen würde, wenn endlich der Freizeichenton aufhören würde zu piepen. Und tatsächlich, als der Ton endlich verstummte und sie hörte wie Zenva das Gespräch annahm, musste sie einen Augenblick erleichtert aufatmen. Allerdings nur so lange, bis es erneut draußen donnerte und ihre Stimme wegbrach. „Ze..Zenva..“ Ihre Stimme war nur leise, brüchig von ihrer Angst und zitternd durch die Panik, die ihr tief im Körper saß. Sie konnte sich kaum darauf konzentrieren etwas zu sagen. Aber sie musste etwas sagen, denn ansonsten „K..Kannst du bitt-“ Doch ihr Satz wurde von dem lauter werdenden Donner unterbrochen, woraufhin sie vor Schreck das Handy auf ihre Beine fallen ließ und ihre Stimme durch den Schrank hallte.

Freitag, 4. Juni | Dr. Zenvas Büro | 21:36 Uhr | mit Touko Murasame
Zenva schloss gerade seine Bürotür hinter sich ab, als er eine Stimme im abgedunkelten Krankenhausflur hörte. "Doktor!" Es war seine Sekretärin.
Der Arzt war irritiert, bewahrte jedoch eine ruhige Miene. "Was machen Sie noch hier? Sie haben Feierabend, machen sie sich auf den Heimweg." Auf ihrem Gesicht erschien ein dankbares Lächeln, das von dem Arzt wie gewohnt nicht erwidert wurde, doch das hinderte sie nicht daran ihm ihren Dank trotzdem zu zeigen. Ihre Schritte und ihre Atmung wurden langsamer, als sie das Ende des Flurs und somit auch den Engel erreichte. "Ich war gerade dabei zusammen zu packen. Ihr Handy", sagte sie und reichte ihm das klingelnde Mobiltelefon.
Der Engel gab sich innerlich stumm schweigend einen Denkzettel, denn er hatte das Handy vermutlich auf einer der Stationen liegen gelassen, wohlmöglich nach oder während der Abendvisite. Er atmete hörbar aus, als er das Gerät wortlos nickend entgegen nahm. "Bis morgen. Seien Sie pünktlich", riet er ihr und nachdem sie genickt hatte, entfernte sie sich wieder von ihm.
Als er sah, wer ihn zu dieser späten Stunde anrief, entspannte sich seine Haltung und seine Schultern lösten sich aus ihrer Starre. Er legte das Handy an sein Ohr und-
Seine Augen weiteten sich, als er ein lautes Poltern hörte und Toukos zitternde Stimme an sein Ohr drang. Wenige Sekunden blieb er wie angewurzelt stehen, bevor er hektisch den Kopf herum warf. "Touko, was ist los?", fragte er mit aufgebrachter Stimme und als er hörte, wie schnell und stockend ihre Atmung ging, wurde ihm klar das sie weinte.
Sie fing einen Satz an, doch ein Klappern unterbrach das Gespräch und ein weiteres Grollen ertönte von anderen Ende. "Touk-" Ein weiteres Donnern unterbrach ihn. "Touko! Hörst du mich?" Seine Stimme war erhoben und er verschwendete keine weitere Zeit, als seine Füße ihn wie von allein mit schnellen Schritten den Gang hinunter trugen, in die entgegen gesetzte Richtung seiner Sekretärin, die sich zum Schluss noch einmal fragend nach dem fortrauschenden weißen Kittel des Chefarztes umsah. Touko, heb ab.

Verzweifelt hielt sich die Pädagogin die Ohren zu, als von draußen ein erneuter Donner durch ihre Wohnung hallte. Nachdem Zenva das Telefonat angenommen hatte, hatte sie vor Schreck das Telefon fallen gelassen, dass Problem war nur.. das sie aus Angst ihre Augen nicht öffnen wollte. Sie wollte ihre Hände nicht von ihren Ohren nehmen, doch wenn sie das nicht tat, würde sie Zenva nicht darum bitten können zu ihr zu kommen. Sie konnte schlecht ihr Handy in dem dunklen Schrank wieder finden, wenn sie weder ihre Hände noch ihre Augen dafür nutzen konnte.
Die brünette schaffte es nur langsam ihre Augen zu öffnen, wobei ihre Sicht verschwommen war und sie nur das ausmachen konnte, was auch von ihrem Handydisplay erleuchtet wurde. Zitternd nahm sie ihre Hände von ihren Ohren, ehe sie ihre Finger nach dem Handy ausstreckte und es wieder an ihr Ohr hielt. Dass alles – diese ganze Situation – war ein einziger Alptraum für die junge Frau, die sich wünschte dass sie auch einfach wie bei einem Traum aus diesem aufwachen könnte. „T..Tut mir...L..eid...,“ brach sie irgendwie mit zitternder Stimme hervor. Als sie das Licht eines Blitzes durch ihre Schranktür sehen konnte, wurde ihr Griff um das Handy stärker. Sie durfte es nicht noch einmal fallen lassen. Sie wollte doch nur nicht mehr alleine sein. Sie wollte, dass er zu ihr kam.
„K..K..a..nnnst du... zu mir...kommen?,“ fragte sie leise, während ein erneutes Zittern ihren Körper erfasste. Sie legte ihre Stirn auf ihre Knie, die sie dicht an ihren Körper gezogen hatte. Und als sie erneut sprach, war ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Ein angsterfülltes, leises Flehen. „Ich habe Angst..“
Doch als wäre ihre Angst alleine nicht genug, hörte sie plötzlich ein lautes Knallen draußen, woraufhin sie den Kopf erschrocken hob und gegen die geschlossene Schranktür starrte. Das war kein Donner gewesen.. war etwa.. sie nahm das Handy von ihrem Ohr und starrte auf das leuchtende Display. Kein Empfang. Einer der Blitze musste draußen irgendwo eingeschlagen sein.. oh nein.. hoffentlich hatte Zenva ihre Bitte.. ihr Fehlen noch gehört.. Ansonsten würde das hier eine lange Nacht werden. Verzweifelt legten sich ihre Arme wieder um ihre Beine, während sie den Kopf sinken ließ. Zwischen den einzelnen Donnern, klang ihre angsterfüllte Stimme durch die leere, dunkle Wohnung.

Zenva hatte keine Zeit mehr für seine Sekretärin übrig, die ihm einen Blick hinterher warf als hätte sie etwas Wichtiges vergessen. Sie hob ihre Hand und sah ihm noch hinterher, jedoch sah auch sie sehr schnell ein, dass ihre Chancen schlecht standen den plötzlich aufgebrachten Arzt noch einmal aufzuhalten. Als sie hörte, wie er den Namen 'Touko' erwähnte, senkte sie die Hand. Immerhin hatte sie gute Neuigkeiten für ihn, das konnte auch warten bis seine Laune sich wieder gebessert hatte. Sie beschloss, ihn später noch anzurufen.
Die Schuhe des pinkhaarigen Arztes flogen über den sterilen, weißen Boden des Krankenhausflurs, während die Adern an seiner Hand hervortraten und er abwechselnd auf das Display sah und es sich wieder ans Ohr hielt. "Touko!", rief er frustriert, nicht dazu in der Lage zu ihr durchzukommen. Vom anderen Ende war alles was er hörte dumpfes Grollen und Geräusche, die entweder zum Wetter gehörten oder zu einer groben, rücksichtslos einrichtenden Umzugsfirma.
Als der Arzt die großen, gläsernen Eingangstüren des Krankenhauses erreichte rutschte sein wütender Ausdruck von seinem Gesicht und er ließ verblüfft das Handy sinken. Es war definitiv das Wetter. Draußen schien gerade die Welt unterzugehen. Ein klammes Gefühl setzte sich in seine Brust, als er das Handy wieder an sein Ohr zurück holte. Und dieses Mal hörte er Toukos verängstigte Stimme.
"Touko, hörst- Oh Gott sei Dank", stieß er seinen angehaltenen Atem aus, als eine leise Entschuldigung von ihr zu ihm durchdrang. Er wollte die Verbindung nicht damit aufs Spiel setzen, ihr diese Entschuldigung jetzt auszureden, auch wenn er das gern getan hätte. Er zimmerte seinen Arm gegen die Tür und ging zielstrebig in den strömenden Regen hinaus. Innerhalb von wenigen Sekunden waren seine Haare komplett durchtränkt und sein Kittel klebte ihm an den Schultern, doch er hielt das Handy eisern an sein Ohr. Er zischte leise, als ein Blitz alles über ihm erhellte und schickte ein paar bittende Gedanken an seinen Herrn, dass er dafür sorgte das es Touko gut ging. "Krr...K-Kann..krr..t du z... krr.. ko...mme.." "Was? Touko!", schrie er gegen den Donner an, der über seinem Kopf den Himmel aufwühlte und erreichte imselben Moment sein Auto, als sein Handy ein Piepen von sich gab.
Schockiert sah er auf das Display, wobei ein großer Tropfen Regenwasser seine Nase herunter kullerte und auf dem Handy landete: Der Anruf war beendet worden. "Verdammt", knurrte er und hielt sich einen Arm über den Kopf, während er aufschloss und die Wagentür öffnete. Zu ihr zu fliegen stand außer Frage, auch wenn er das in einem solchen Moment gern ohne zu zögern getan hätte, doch der Himmel war rabenschwarz und wurde von Blitzen durchkämmt. "Halte durch, Touko", sagte er leise sobald er die Tür zugezogen hatte und startete den Motor.

Freitag Morgen, 24. Juni | Zenva's Wohnung | 11:51 Uhr | mit Dr. Zenva
Seufzend ließ sie sich einfach zurück auf das Bett fallen, während sie die Nachricht von Zenva ansah. Sollte sie ihm einfach schreiben? Oder ihn doch anrufen? Er würde sicherlich nicht davon begeistert sein, dass Touko verschlafen hatte. Und dass sie heute gar nicht mehr zur Arbeit erscheinen musste, weil der Kinderarzt ihre Patienten und ihre Schicht übernommen hatte. Vielleicht wäre eine Nachricht erst mal besser, dachte sie sich, während sie sich erneut vom Bett erhob und das Handy für einen Moment einfach am Aufladekabel hängen ließ. Knopf für Knopf öffnete sie das Hemd, in welchem sie die letzte Nacht geschlafen hatte. Nur um es schließlich durch jenes zu tauschen, dass Zenva ihr am frühen Morgen raus gelegt hatte.
Ihre Schritte führten sie kurz darauf in die Küche, wo sie den Schlüssel ihres geliebten Engels sah. Und mit einem leisen Seufzen lehnte sie sich an die Küchentheke, ehe sie erneut Zenva´s Nachricht öffnete und ihm schließlich antwortete.

Guten Morgen Zenva!
Bist du dir sicher, dass es eine gute Idee war mir ein zweites Hemd anzuvertrauen?
Ich weiß noch nicht ob du es wieder bekommst – aber danke!
Unbemerkt hatte sich ein Lächeln auf die Lippen der Pädagogin geschlichen. Eines, dass sie erst bemerkte, als sie darum rang Zenva zu schreiben, dass sie verschlafen hatte. Und das sie wahrscheinlich auf ihn warten müsste – denn immerhin konnte sie nicht einfach in die Klinik gehen und ihm seinen Schlüssel wieder bringen. Das würde nur noch mehr Ärger verursachen.
Wir können uns leider nicht in der Mittagspause treffen. Aber dafür sehen wir uns ganz sicher heute Abend..
Ich habe nämlich verschlafen und der Kinderarzt hat meine Schicht übernommen. Und da dein Schlüssel hier ist und ich ihn dir nicht vorbei bringen kann... werde ich wohl hier auf dich warten müssen.

So schnell wie Touko auf absenden gedrückt hatte – andernfalls hätte sie es sich nämlich nochmal anders überlegt – hatte sie es wohl noch nie zuvor in ihrem Leben getan. Ihren Lippen entwich ein Seufzen, ehe sie das Handy zur Seite legte und sich daran machte, zumindest etwas zu Frühstücken.