Mensa

Hoffnungsvoll spitze Jaik die Ohren. Seine Mimik fror irgendwo zwischen freudiger Erwartung und Verwirrung ein. Das war...etwas? Nicht das was Jaik sich wünschte, der immer noch die unkomplizierte Lösung favorisierte. Aber es konnte zumindest vorübergehend funktionieren. „Positiv“ Er bemühte sich um ein Lächeln, Jason bemühte sich immerhin auch um eine Lösung. „Du bist schließlich der Experte.“ Jason hatte sicherlich viel mehr Gedanken darüber gemacht wie eine Beziehung ablaufen sollte. Jaik wusste schließlich auch besser über die Versorgungssysteme der Internationalen Raumstation als er. Mit der derzeitigen Lösung musste Jaik sich zumindest nicht vor dem Resultat fürchten wenn er sich doch einmal verplappern sollte.
Leider sah Jason immer noch gar nicht glücklich aus. Ganz zu schweigen davon was er gerade mit seiner Frisur anstellte. Jaik strich Jasons Hand beiseite um sich selbst um die Haare in seinem Gesicht zu kümmern. Sorgsam zupfte er Strähne um Strähne beiseite und betrachtete konzentriert das Ergebnis ehe er wieder von vorne anfing. Es war immer gut etwas zu tun zu haben wenn man über Emotionen sprach. „Gibt es eigentlich auch irgendwelche Dinge die du gerne in einer amourösen Partnerschaft machen wolltest? Du musst doch irgendwelche Wünsche gehabt haben.“Sie hatten nie direkt darüber geredet. Jason hatte zwar ein paar Mal erwähnt das es genau das war was sie hatten, aber mit so einer unspezifischen Aussage konnte Jaik nicht arbeiten. Das sie ihre gegenseitige Präsenz genießen wollten hatten sie schon mehrfach geklärt, aber da musste doch noch mehr sein. „Vielleicht sollten wir mal anfangen diese Liste anzugehen, bevor wir nur Tabus klären.“

Jaik war mit dem Vorschlag einverstanden, auch wenn sich seine Freude stark in Grenzen hielt. Bei seiner Anmerkung, dass Jason der Experte wäre, lächelte dieser verlegen und kratzte sich am Hinterkopf. Er wollte schon entgegnen, dass er eigentlich genauso ein blutiger Anfänger war wie Jaik und dass das sogar einer der Gründe war, weshalb er sich bei ihm wohl fühlte, da übernahm Jaik plötzlich die Aufgabe sich um Jasons Frisur zu kümmern, die er wohl beim ganzen Hin und Her immer schlimmer zerwuschelt hatte. Jason errötete leicht und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als Jaik ihm nun so nahe kam, dass Jason das ungewöhnliche Gold seiner Augen besonders eindrücklich mustern konnte.
Fast hätte Jason seinem Partner einen weiteren Kuss gestohlen, da erhob dieser wieder seine Stimme und fragte Jason, wovon Jason im Zusammenhang mit einer amourösen Beziehung bisher so geträumt hatte. Natürlich hatte er Wünsche gehabt, sogar sehr viele, nur waren sie mit jedem Misserfolg und jedem weitern Jahr als Single immer weniger geworden. Allerdings waren diese Zeiten nun vorbei und seine vor Aufregung brennende Hoffnung auf eine Liebesbeziehung mit Jaik holte all die alten Ideen wieder herauf.
"Hm, naja so ein paar Standarddinge, würde ich sagen.", begann Jason zu überlegen und lächelte verlegen, "Zusammen Eis essen gehen, romantisch essen gehen, Händchen haltend durch den Park gehen und sich im Rosengarten heimlich küssen, vielleicht irgendwo einen besonderen Ort finden und da die Initialen in einem Herz hinterlassen... Stundenlang miteinander quatschen, einen ganzen Abend nur aneinander gekuschelt auf dem Sofa sitzen und Filme schauen, zusammen die Sterne anschauen, das haben wir sogar schon gemacht."
Jason lachte leicht.
"Oder einfach ein ganzes Wochenende verpennen oder ver..."
Jason hielt mitten im Satz inne und sein Lächeln verschwand wie auf Knopfdruck. Dafür stieg nun die Schamesröte in seinem Kopf auf und schüchtern senkte sich sein Blick. Über das Thema hatten sie bisher noch gar nicht so wirklich geredet. Ja, sie hatten abgemacht schön langsam zu machen und sich nicht zu hetzen, aber Jason war sich noch nicht einmal hundertprozentig sicher, ob Jaik überhaupt das gleiche gemeint hatte wie er. Bisher hatten sie sich beide nicht getraut das Kind beim Namen zu nennen und das würde wohl auch noch eine Weile so bleiben, außer einer von ihnen beiden würde spontan den Mut dazu finden. Jason würde es jedenfalls nicht sein, so viel stand für ihn fest. Als Jaik dann auch noch vorschlug erst einmal Jasons Liste abzuarbeiten, riss dieser erschrocken die Augen auf und starrte Jaik angsterfüllt an. Wobei...
Jasons Blick senkte sich wieder und wurde daraufhin sehr nachdenklich. Vielleicht wäre es wirklich eine gute Möglichkeit. Mit den ganzen Dingen oben auf der Liste könnten sie ihre Beziehung vertiefen und dann vielleicht... Jason schüttelte abwehrend den Kopf. Nein, allein der Gedanke daran, dass das das Ziel ihrer Liste werden könnte, war ihm so peinlich, dass er wieder ganz rot wurde im Gesicht. Vielleicht ließ sich aber ein wenig tricksen...
"O-Okay.", stimmte er schließlich zu und zwang sich dazu seinen Blick wieder zu Jaik zu heben.

Jaik bekam den Schrecken der durch Jasons Züge huschte überhaupt nicht mit, denn seine Vorschläge lüfteten ein Rätsel das ihn länger quälte. „Ach, dafür gibt es das Blumenlabyrinth! Ich hatte schon vermutet das es gebaut wurde weil sich dort eine Raumfalte befindet. Die Maße sind nämlich...“ Er brach abrupt ab und grinste. Warum sollt er Jason von dieser Kuriosität erzählen wenn er es ihm bei der Gelegenheit vielleicht sogar zeigen konnte. „Ich will nicht zu viel verraten, das verschieben wir auf heute Abend!“ ,versprach er aufgeregt.
Das Schöne an Jasons Liste war das sich viele Punkte an einem Abend arbeiten ließ. Das war effektiv. Die Gesichtsröte seines Freundes wertete er dabei als positives Zeichen. An dem Tag an dem sie beschlossen hatten ihre Freundschaft durch ein Upgrade zu retten war er auch oft rot geworden und er hatte viel gelacht. Nun war Jaik guter Dinge das sich das heute Abend wiederholen ließ. Es war nur fraglich wo er auf die Schnelle einen Steinmeißel herbekommen sollte. Viel zeit zur Vorbereitung blieb ihm nicht. Im Notfall musste er eben kreativ werden.
Seine Finger glitten an Jasons warmen Wangen herunter und halfen ihm dabei seinen auf den Boden gefallenen Blick wieder aufzusammeln. „Also dann. Ich organisiere einen Schlagbohrer und hol' dich nachher ab. Wann passt es dir?“
Wenn sie zusammen arbeiteten schafften sie es vielleicht das seltsame Phänomen der Romantik zu entschlüsseln. Ja, vielleicht gelang es ihnen dabei sogar den Sinn hinter diesen schrulligen Aktivitäten in Erfahrung zu bringen. Lohnen würde es sich schon wenn er es schaffte Jason zum Lachen zu bringen, das liebte er nämlich fast so sehr wie neue Dinge zu lernen. Jaik war nun nicht mehr ohnmächtig. Er hatte einen Plan. Das war sehr viel schöner als sich weiterhin mit gesenkten Häuptern Verschleierungstaktiken zu überlegen.

Zuerst blinzelte Jason Jaik überrascht an, als dieser anfing seltsame Dinge über das Blumenlabyrinth zu offenbaren und kurz darauf starrte Jason ihn perplex an, als Jaik ihn sofort beim Wort nahm und den Abend zu einem Date umwandeln wollte. Noch überraschender war jedoch seine Äußerung bezüglich eines ungewöhnlichen Werkzeugs. Zumindest ungewöhnlich, wenn man zu einem Date wollte.
"O-Okay...", stammelte Jason und bekam seine Überraschung immer noch nicht so recht in den Griff, "Also ähm... ich könnte um fünf Uhr los, habe bis 16 Uhr Uni und dann dusch ich nochmal schnell, also fünf Uhr circa."
Jasons geweitete Augen beruhigten sich langsam wieder, wurden dann jedoch misstrauisch.
"Wozu ein Schlagbohrer? Wir werden doch heute abend nicht zu Vandalisten oder etwa doch?", fragte Jason vorsichtig nach.

„Ausgezeichnet, das heißt wir fahren während des Sonnenuntergangs.“ ,freute Jaik sich über die genannte Uhrzeit. Er hatte vorher zuvor nur noch eine Vorlesung. Das hieß er konnte noch ein paar Besorgungen erledigen. Sein Ehrgeiz war wieder geweckt. Er würde Jason einen so verflucht romantischen Abend bieten, das Steven dagegen ein für alle Mal einpacken konnte. Und dann wäre Jason endlich überzeugt das er für diesen ganzen Beziehungskram durchaus geeignet war. Die Zweifel die sich nun deutlich in Jasons Zügen fanden würden dann endlich verblassen und sie konnten endlich aufhören Theater für ein sehr undankbares Publikum zu spielen. Sie würden endlich offen zueinander stehen können. Ohne Sicherungsseile und Fallschirm.
„Nein, nein, keine Sorge. Zumindest ist es kein Vandalismus im illegalen Sinne.“ ,versprach Jaik, rahmte Jasons Gesicht mit seinen Händen ein und setzte einen Kuss auf sein süßes, rotes Näschen. „Vertrau' mir einfach! Und zieh' dir am besten etwas Warmes an.“ Er war nicht so verzweifelt das er riskieren würde das Jason aufgrund einer Krankheit nicht zu dieser ominösen Lerngruppe gehen konnte. Nein, er schlug Steven auf ehrliche Art und Weise. Dafür mitten ins Gesicht. „Du musst mir nur sagen was du essen willst. Den Rest übernehme ich.“

Jaik war mit der Uhrzeit mehr als zufrieden und Jason lachte sogar leicht, als Jaik hinzufügte, dass sie damit genau bei Sonnenuntergang fahren würden. Dann hoben sich seine Augenbrauen jedoch wieder etwas vor Skepsis, als Jaik versuchte ihn wegen des Schlagbohrers zu beruhigen. Für Jason fühlte es sich wie ein ständiges Hin und Her an, denn als Jaik jetzt sein Gesicht in seine Hände nahm und ihm einen Kuss auf die Nasenspitze gab, war er zwischen Überraschung und Freude hin und her gerissen. Auch den Hinweis etwas Warmes anzuziehen, nahm Jason schweigend nickend entgegen. Dann richtete sich Jaik direkt an Jason und wollte von ihm wissen, was er essen wollte und Jason löste sich langsam aus seiner Starre.
"Ähm... ich weiß nicht. Das, was du am besten kochen kannst?", antwortete Jason etwas unsicher und bekam dann doch tatsächlich wieder ein halbwegs sicheres Lächeln hin.

„Ich dachte du willst romantisch essen gehen. Werden meine einseitigen Kochkünste nicht langsam langweilig?“ ,grinste Jaik amüsiert. Schnell überprüfte er ob er nach einem Abstecher im Baumarkt noch Zeit zum Kochen hatte. Es würde knapp werden, aber es war machbar. Das reichte dem jungen Piloten.
Nachdenklich schnalzte Jaik mit der Zunge und musterte Jasons Gesichtszüge. Das Lächeln gefiel ihm schon etwas besser, aber da ging noch mehr. Er hätte jetzt gerne noch ein richtiges bevor er ihn erst einmal gehen ließ und er hatte eine Ahnung wie er das bewerkstelligen konnte. Es war vielleicht ein bisschen albern, aber seine Erfahrung hatte nun einmal gezeigt das es funktionierte. Zumindest solange er oberhalb seines Halses blieb. Er berührte Jasons Wange mit seinen Lippen und wartete gespannt auf das Ergebnis. Vorsorglich platzierte er eine Hand an Jasons Seite, sollte dieser Versuch immer noch nicht das gewünschte Ergebnis liefern.

"Oh...", entfuhr es Jason, als Jaik daraufhin meinte, dass Jason doch eigentlich romantisch essen gehen wollte.
Das hatte er ja ganz vergessen. Aber vielleicht konnten sie beides kombinieren. Zudem war Jason chronisch pleite und daher wäre es vielleicht wirklich besser eine preiswerte Alternative zu finden. Jason überlegte kurz und hob dann wieder den Blick. Offenbar genau im richtigen Moment, denn auf einmal war ihm Jaik ganz nahe und hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange, während er eine Hand an Jasons Hals legte. Mit vor Überraschung geweiteten Augen und vor Scham geröteten Wangen schaute Jason seinen Partner perplex an. Er wagte es kaum zu atmen, so nah war Jaik ihm. Es ließ ihn unkonzentriert werden und sein Herz höher schlagen.
"Wir ähm... können auch romantisch essen, wenn wir bei dir sind.", murmelte Jason und schluckte, "F-fehlen doch nur ein paar Kerzen und fertig, oder?"

„So einfach ist das?“ Jaik runzelte ungläubig seine Stirn. Hieß das also wenn er ein paar Kerzen angemacht hätte, hätten sie schon einige romantische Dinner gehabt? Konnte so ein kleiner Faktor ohne offensichtlichen Nutzen wirklich so einen Unterschied machen? Schließlich waren seine Deckenlampen im tadellosen Zustand. Ein paar Kerzen könnten seine Wohnung nie so effektiv beleuchten. War es vielleicht der Instinkt der frühen Menschen der ein kontrolliertes Feuer mit Sicherheit verband? Interessant das Jason solche Instinkte überhaupt hatte. Es war wohl noch einiges von dem Gehirn seines Wirts übrig. Für Jaik war das natürlich jetzt ziemlich praktisch. Warum auf Kerzen zurück greifen, wenn er auch den Kern dieses Effekts nutzen konnte? „Das kann ich optimieren!“ ,versprach er voller Zuversicht und freute sich darüber das Romantik sich scheinbar doch pragmatisch angehen ließ. Dann konnte er Jason vielleicht doch das geben was er verdiente.
Auch Jasons Lächeln, das langsam wieder verschwand, ließ sich noch optimieren. Er sah aus als würde er innerlich mit etwas kämpfen. Jaiks Mittagspause näherte sich dem Ende und nach allem was passiert war, wollte er ihn nicht in so einem Zustand verlassen. Einen kurzen Moment musterte Jaik seinen Freund wieder nachdenklich. Seine rechte Hand wanderte langsam zu seiner Hüfte. Ein diebisches Grinsen sprang aus der Deckung. Er packte Jason fest mit seinem freien Arm damit er gar nicht erst versuchte zu fliehen. Jaiks rechte Hand schlich sich unter dem Saum des Shirts durch. Es war ein bisschen hinterhältig, das gab er zu. Aber Jason sah aus als könnte er die Glückshormone die Jaik ihm mit Kitzeln versuchte aufzudrängen gut gebrauchen.

Jason blinzelte etwas perplex, als Jaik sich darüber wunderte, dass es wohl wirklich recht einfach war ein romantisches Dinner zu geben. Mit einem Nicken bestätigte Jason Jaiks Annahme und zuckte dann leicht lächelnd die Schultern. Romantik herzustellen war wirklich nicht so schwer und Jaik tat es manchmal völlig unbewusst und das bedeutete Jason deutlich mehr, als wenn er immer nach romantischem normativem Plan vorgegangen wäre. Romantik hatte zum Ziel die Zuneigung zum anderen auszudrücken und dazu musste man nicht immer nur aus dem kleinen Pool der bekannten Romantik schöpfen. Zumindest war Jason dieser Meinung. Für ihn war Jaik in perfektem Maße romantisch, aber natürlich sprach nichts dagegen ihm etwas Inspiration zu liefern.
Das hatte er mit der kleinen Bemerkung wohl auch erreicht, denn nach einem kurzen, ungläubigen Stirnrunzeln, schoss ein für Jaik so typischer Satz aus seinem Mund, dass Jason einfach lachen musste. Er liebte diese Zuversicht und diesen Tatendrang am Piloten. Das war eines der Dinge, in die er sich zuerst verliebt hatte. Wobei immer noch im Raum stand, ob es wirklich wahre Liebe zwischen ihnen war. Für Jaik offensichtlich schon und das zeigte sich vor allem in Momenten wie diesen, wenn er Jason so nah kam, dass dieser kaum wagte zu atmen. Er blickte Jason mit solcher Entschlossenheit und Freude an, dass man ihm zweifelsohne Liebe attestiert hätte.
Plötzlich grinste Jaik breit und keine Sekunde später zog er Jason eng an sich heran, um dann seine rechte Hand unter Jasons Shirt wandern zu lassen. Der angehende Mediziner sog scharf die Luft durch die Zähne ein und hielt dann den Atem an, während seine Augen sich erst erschrocken weiteten und dann zusammen mit dem Rest seines Gesichts pure Erregung ausdrückten. Allerdings blieb es nicht lange dabei, denn statt zärtlich über Jasons Oberkörper zu streichen, ging Jaik dazu über seinen Freund ordentlich durch zu kitzeln.
"Nein, nein, aufhören!", jammerte Jason lachend und versuchte sich aus Jaiks Griff zu winden, was ihm leider nicht wirklich gelang.

„Das ist leider nicht möglich. Ich muss sicher stellen das die Dopamine bis heute Abend reichen.“ Jasons Bitte ihn zu verschonen bewirkte das Gegenteil. Jaik war viel zu epich darauf auszuprobieren wie weit es sich noch steigern ließ. Umso verzweifelter die Fluchtversuche des Glühwürmchens wurden, umso fester wurde Jaiks Griff. Ich war ihm kräftemäßig weit überlegen. Das spürte er nun auch unter seinen Fingerspitzen. Jasons Körper war viel fragiler und sanfter als seiner. Er spürte hin und wieder eine Rippe, doch der Rest war weich. Selbst seine nun angespannten Muskeln waren kaum zu merken. Als Jaik langsam dem Forscherdrang nachgab wurde auch seine Hand langsamer. Er senkte den Blick und beobachtete seine Finger die unter Jasons Shirt auf und ab wanderten. Erst als er den Kopf mit leicht geöffneten Lippen wieder hob um zu Jasons Gesichtsausdruck zu überprüfen realisierte er wo ihn seine Neugierde hin getrieben hatte. Das gehörte aber nicht zum Plan! Seine roten Wangen verrieten das Lächeln das vertuschen sollte das er keine Ahnung wie er sich aus dieser Situation heraus winden sollte. Wie verhielt man sich lässig in so einer Situation? Eine Umarmung schloss man häufig mit einem Schulterklopfen ab. Das hatte er beobachtet. Das war das was Leute mit Sozialkompetenzen machten. Lässig klopfte er auf Jasons Hüfte und nahm seine freche Hand wieder in seinen Gewahrsam. Er wagte einen Blick über die Schulter in Richtung Mensa. Dann überprüfte er anhand des Fensters den Sonnenstand. Selbst wenn er die Nahrungsaufnahme auf heute Abend verschob musste er sich langsam beeilen.  „Ich...ähm muss langsam los.“

Jaik ließ sich selbst durch Jasons Bitten nicht erweichen und kitzelte ihn weiterhin. Jason versuchte weiterhin zumindest ein bisschen von Jaiks kitzelnden Händen weg zu kommen, doch das war durch seinen starken Griff vollkommen unmöglich. Langsam wurden Jasons Lacher immer quietschender und seine Verteidigungsversuche immer lascher. Dann veränderte sich aber plötzlich etwas.
Auf einmal flitzten Jaiks Finger nicht mehr unkontrollierbar über Jasons Oberkörper, sondern strichen sanft über seine Haut. Überrascht hörte Jason auf zu lachen und spitzte vorsichtig zu Jaik hinüber. Er dachte schon es wäre eine Finte, um gleich noch wilder los zu kitzeln, doch in Jaiks Gesichtsausdruck lag nicht einmal ein Funke von Tücke. Stattdessen wirkte sein Blick ruhig und sein leichtes Lächeln zusammen mit seinen roten Wangen verriet Jason, dass die Kitzelattacke plötzlich zu etwas ganz anderem geworden war. Etwas, das nun auch Jason die Röte ins Gesicht trieb. Sein vom Kitzeln eben wild schlagendes Herz setzte einen kurzen Augenblick aus, um dann in einem neuen, aber ebenso schnellen Rhythmus zu schlagen.
Jason wollte schon den Mund öffnen und etwas sagen, doch dann löste sich Jaik plötzlich wieder von ihm und tat so, als wäre da nicht eben etwas besonderes zwischen ihnen passiert. Zumindest was den letzten Teil anging. Etwas verwirrt blickte Jason seinen Freund mit gerunzelter Stirn an. Verstand er da etwas falsch oder hatte Jaik gerade einen Moment lang etwas zugelassen, das er nun peinlich berührt vertuschen wollte, indem er Jason auf die fortgeschrittene Zeit hinwies? Ein Teil von Jason wollte Jaiks Hand packen, sie wieder unter sein Shirt gleiten lassen und ihn auffordern ruhig weiter zu machen, doch ein anderer Teil sagte ihm, dass es vielleicht etwas zu forsch wäre und dass Jaik im Moment offensichtlich nicht darüber reden wollte.
"Ja, naja wir sehen uns später ja sowieso wieder.", kooperierte Jason und lächelte, allerdings nur leicht.
Diese Erkenntnis von eben ließ ihn nicht los und brachte sein Gehirn dazu sehr angestrengt darüber nachzudenken. Irgendwie verstand er Jaiks Scheu und Zurückhaltung in dieser Sache, aber dann war da noch etwas. Etwas, das ihn eben gepackt hatte, so wie es Jason das letzte Mal gepackt hatte, als sie zusammen waren. Diese Gedanken brachten einen alten Zweifel auf, den er sich im Moment jedoch nicht traute auszusprechen.

Unwillig blickte Jaik zu Jason, den er noch immer fest im Arm hielt. Allerdings nicht zu lange, er konnte schließlich nicht schon wieder seine Selbstbeherrschung verlieren und riskieren das Jason sich mit einem negativen Gefühl von ihm verabschiedete. Immerhin kehrte er gleich wieder zu Steven und seiner zweischneidigen Zunge zurück. Zurück in die Öffentlichkeit zu den anderen Verrückten. Raus aus ihrer sicheren, kleinen Parallelwelt.
„Hmm...ja.“ ,brummte Jaik und lockerte seine Umarmung ein wenig. Besser er machte sich gleich schnell aus dem Staub bevor er mitbekam was Jason sich für Lügen ausdachte um zu vertuschen weswegen sie so lange weg gewesen waren.
„Oh Moment!“ Seine Mine schnellte sich schlagartig auf als ihm einfiel das es eine Möglichkeit gab Jasons Gedanken zumindest für kurze Zeit zu beschäftigen. Er hatte etwas vorbereitet, zwar mit einer anderen Intention aber das schmälerte die Wirkung nicht. Jaik griff in seine Tasche um Kopernikus hervor zu holen. Mit größter Vorsicht blätterte er durch die brüchigen, vergilbten Seiten bis er schließlich zu dem Notizzettel gelangte den sein alter Freund für ihn verwahrt hatte. Grinsend zog er das kleine Papierstück hervor und faltete es einmal. Der scheue Blick den er nach oben warf als er die Nachricht in Jasons Hosentasche platzierte verriet das es sich um eine wichtige Nachricht handelte. 9x - 7i > 3 (3x - 7u) stand dort in geschwungenen Ziffern. Hatte er die Wahl bevorzugte er Mathematik als Sprache. Alle anderen Sprachen konnten schnell falsch verstanden werden. Worte waren instabile Konstrukte. Zahlen hingegen war immun gegen Fehlinterpretationen. Es gab feste, logische Regeln und einen sicheren Weg wie Gleichungen aufgeschlüsselt werden mussten. Außerdem war die Botschaft die sich hinter dieser kleinen Ungleichung versteckte viel leichter mit Zahlen als mit Buchstaben auszusprechen.
„Bis später!“ ,verabschiedete Jaik sich mit einem Lächeln und einem Salut.

Jaik schien sehr wenig begeistert davon sich von Jason trennen zu müssen und Jason ging es dabei nicht groß anders. Trotzdem war er nicht sehr traurig, denn sie würden sich ja sehr bald wieder sehen und dann wären sie auch wirklich vollkommen ungestört. Zudem hatte Jaik ihm ein Date versprochen und dieser Gedanke ließ Jasons Herz vor Freude hüpfen. Das war sein erstes richtiges Date überhaupt, selbst mit Jaik. Alles davor war ja rein freundschaftlich gewesen.
Etwas überrascht hob sich Jasons Blick wieder, als sein Freund plötzlich doch nochmal kehrt machte und ihm ein kleines Zettelchen in die Hosentasche schob, dass er zuvor aus einem Buch von Kopernikus gezogen hatte. Eine leichte Verwirrung war in Jasons Gesichtsausdruck zu sehen, der aber zu Neugierde wurde, als Jaik sich lächelnd verabschiedete. Kaum war Jaik um die Ecke gebogen, fischte Jason das kleine Zettelchen aus seiner Hosentasche hervor und musterte das darauf Geschriebene. 9x - 7i > 3 (3x - 7u)? Jasons Stirn runzelte sich. Einen Moment lang blieb er noch stehen und überlegte. Er war ein guter Mathematiker, doch es war schon etwas her, seit er Ungleichungen berechnet hatte, weswegen er ein wenig darüber nachdenken musste.
War das ein Spiel oder ging es gar nicht um die Zahlen? Jason drehte das Blatt in seinen Händen, aber es blieb eine simple Ungleichung, also begann er sich langsam Schritt für Schritt zu lösen. Derweil machte er sich schon einmal auf den Weg Richtung Hörsaal, den Blick immer noch auf das Zettelchen in seiner Hand gesenkt. Im Hörsaal angekommen, setzte er sich und zückte seinen Notizblock, um die Rechnung für alle Fälle ausführlich auf Papier zu lösen. Schwer war es nicht gerade, doch das Ergebnis war nicht mehr als ein Ergebnis. Es überraschte Jason jetzt nicht. Er grübelte noch über die drei kleinen Endziffern nach, als die Vorlesung schon längst im Gange war. Erst als er sich zu seiner Tasche bückte, um einen roten Stift heraus zu holen und unter seinem Tisch eine hingeschmierte Notiz las, ging ihm ein Licht auf.