Aus den gleichen verwitterten Schieferplatten wie die anliegenden Überreste der Stadtmauer, trotzt das Stadtarchiv seid nun mehr als einem halben Jahrtausend den stürmischen Aufwind des nahen Meeres und den unbarmherzigen Fortlauf der Zeit. Das schlichte dunkelgraue Gebäude zählt zu den mit Abstand ältesten Bauten der Stadt und verdankt seinen Namen den gravierten Türsturz über den schweren Eichenholzeingang. Die erste Strophe des „Black Book of Carmarthen“ ist kaum mehr zu entziffern, doch die, die der walisischen Sprache mächtig sind, erahnen noch die ersten Zeilen des „Ymddiddan Myrddin a Thaliesin“ (etwa: „Merlin und Taliesin reden“) auf den betagten Stein. Ob nun der Barde Taliesin dieses Haus jemals tatsächlich betreten haben mag bleibt ein Rätsel.
Auch nach mehreren tragischen Nervenzusammenbrüchen überzeugter Denkmalschützer blieb allerdings nur die Außenfassade in seinen Urzustand erhalten und eben erwähnte Lebensform vergoss bittere Tränen über ihre zerstörten idealistischen Träume. Die Begrüßung im Gebäude besteht daher aus einen großen Raum voller zusammengewürfelter Industrieregale, angefüllt mit Dokumenten und unterworfen von dem Zwang etwa fünfzig unbekannten und längst wieder abgeschafften Ordnungssysteme. Der Geruch von alten Papier hängt in der Luft, jener unvergleichliche Geruch von morschen und zugleich sterilen Holz und schlägt damit die Ersten oberflächlicheren Eindringlinge schon mal in die Flucht.
Erst hinter zwei Regalen findet sich ein Tresen, meist besetzt von einen Auszubilden des Rathauses, der sich seit etwa einem Jahr fragt, was seine tägliche Aufgabe mit der Stadtverwaltung zu tun haben könnte. Nur mit den zugehörigen Berechtigungen ist der Mann namens Derwen dazu berechtigt Einlass in die einzelnen Räume zugeben oder sogar eines der Papiere auszuleihen. Da dies eher selten vorkommt, hat sich der junge Mann relativ schnell mit seinem Schicksal abgefunden, denn so kann er die meiste Zeit auf einen kleinen Minifernseher verschiedene Sportereignisse verfolgen und es kommt nicht selten vor, dass seine begeisterte oder frustrierte Stimme durch die verlassenen Säle hallt, wenn er die flimmernden Bilder der Athleten belehrt.
Im Keller werden Aktenordner zu schweren Büchern und Manuskripten, Manche verschlossen hinter einer der sechs schweren Türen und selbst wenn es keine Trittsteine gibt, die einen raffinierten, automatisierten Pfeilhagel auslösen oder die Gefahr besteht von einer riesigen Felsmurmel niedergerollt zu werden ist da dieses wohlige Kribbeln eines Abenteuers. Denn wer mag schon ahnen was sich in den alten Gewölben alles versteckt?
